Die Phoenix Chroniken: Fluch (German Edition)
jemals einen schwarzen Kojoten zu Gesicht bekommen.« Sie ging ins Haus zurück und schloss die Tür. Als ich mich zum Gehen wandte, murmelte ich: »Aber ich werde es.«
Ich fuhr so nah an den Berg heran, wie es mit dem Impala überhaupt möglich war, dann packte ich Wasser, Müsli, Cracker und eine Jacke in einen Rucksack. Ich überprüfte mein Handy, obwohl ich bezweifelte, dass ich dort oben Empfang haben würde. Trotzdem sollte man es immer dabeihaben, wenn es in die Berge geht.
Ich fand etwas merkwürdig, dass niemand angerufen hatte – weder Jimmy, noch Summer, noch Megan oder Luther. Andererseits waren drei von ihnen vollauf beschäftigt, nämlich mit dem Baby aus …
Ich hielt inne. Gerade hatte ich aus der Hölle denken wollen, aber das war einfach zu gut möglich, als dass ich Witze darüber machen sollte. Ganz hinten in meinem Bewusstsein lauerte der Verdacht, dass Faith die Tochter der letzten Anführerin der Dunkelheit sein konnte. Nach allem, was ich wusste, konnte sie auch ihre Nachfolgerin werden. Oder sogar etwas noch Schlimmeres.
Ich stieg den Hang hinauf, der den einen Schenkel des hufeisenförmigen Bergkamms bildete. Die Rotkiefern spendeten willkommenen Schatten, während die Sonne immer höher an den Himmel kletterte. Einige Male musste ich schnell nach einem Ast greifen, um nicht auszurutschen oder sogar abzustürzen.
Oben angelangt blickte ich in den gähnenden Abgrund, dann richtete ich meinen Blick auf den Gipfel. Ich hatte zwar absolut keine Lust, dort hinaufzuklettern, aber ich würde alles tun, was nötig war, um diesen verfluchten Fellläufer zu finden.
Wenn er in der Nähe war – falls es ihn überhaupt gab – , müsste er wissen, dass ich hier war. Ich hatte nicht das Gefühl, dass mir jemand oder etwas folgte, doch das hieß noch lange nicht, dass da auch nichts war.
»Du bist doch ein Zauberer«, sagte ich zu mir. »Dann zauber doch mal was.«
Zu schade, dass ich nicht wusste, wie. Sawyer fehlte mir aus mehr als nur einem Grund. Er hatte mir so viel beigebracht, aber ich hatte auch noch so viel zu lernen.
Das meiste von dem jedoch, was ich über Magie wusste, hatte damit zu tun, dass ich mich der Kraft in mir öffnen musste. Ich musste mich auf das konzentrieren, was ich wollte, und daran glauben, dass es geschehen würde. Was gar nicht so einfach war, wie es klang.
Ich schloss die Augen, ließ meinen Geist zur Ruhe kommen und konzentrierte mich in seinem Zentrum auf das Bild eines Kojoten – eines schwarzen Kojoten – und dann … ich kann es nur so beschreiben, dass ich meinen Geist ausdehnte, meinen Wunsch in die Welt hinaussandte und schließlich versuchte, diesen Wunsch wieder zu mir zurückzuholen.
Nichts geschah.
»Manchmal braucht man eben einen Zauber«, sagte ich. »Krötenaugen, eine geopferte Ziege.« Ich erschauerte. Manchmal steckte in einer Ziege keine Ziege, sondern ein Mensch. Ich hatte sowohl Menschen als auch Ziegen schon für die Magie sterben sehen. Beides hatte mir nicht besonders gefallen.
Da ich allein war und weder eine Ziege noch ein einziges Krötenauge in Sicht war, setzte ich mich auf einen hohen, flachen Felsen, leerte eine halbe Flasche Wasser in einem Zug und fragte mich, was zum Teufel ich jetzt tun sollte. Als ich die Flasche wieder absetzte, starrte mich aus ein paar Metern Entfernung ein schwarzer Kojote an.
Obwohl ich auf genau diese Erscheinung gehofft hatte, fühlte ich mich bei diesem Anblick doch unwohl. Ich war zwar keine Navajo, jedenfalls nicht von der Blutlinie her, aber ich war ein Fellläufer, was die Magie betraf. Ich hatte gelernt, dass der Kojote sowohl ein schlechtes Omen als auch ein Symbol für schwarze Magie war. Trotzdem brauchte ich seine Hilfe.
»Sani?«, fragte ich.
Der Kojote hechelte.
Wie der Motelangestellte gesagt hatte, war er groß. Womöglich war er auch wirklich zum Teil ein Wolf, aber wahrscheinlicher schien mir, dass er einfach teilweise ein Mensch war.
»Kannst du dich verwandeln? Ich habe kein Kojoten…«, ich suchte nach einem Wort, um zu erklären, was ich brauchte – eine Tätowierung, einen Umhang, etwas, das den Funken der Verwandlung entfachte. Dass ich überhaupt in Erwägung zog, mich in einen Kojoten zu verwandeln, zeigte nur, wie verzweifelt ich war. Sawyer zufolge tat man so etwas einfach nicht.
Das Tier neigte den Kopf so weit zur rechten Seite, dass er ihn fast verkehrt herum hielt. Ich seufzte. Wenn ich ein Wolf war – oder sonst was – , konnte ich
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