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Die Phoenix-Chroniken: Glut (German Edition)

Die Phoenix-Chroniken: Glut (German Edition)

Titel: Die Phoenix-Chroniken: Glut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lori Handeland
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Hölle und dem Ende der Welt.
    Ich hustete, würgte, Tränen rannen mir die Wangen herab. Dann griff ich nach meinem Messer, zum Glück hatte ich wenigstens daran gedacht, es mir wieder umzuschnallen, doch noch bevor ich es aus der Scheide ziehen konnte, hatte sie mich am Handgelenk gepackt.
    Wo ihre Hand mich berührte, zischte es, aber nicht vor Hitze, sondern vor Kälte. Der Schmerz, das Brennen und Kitzeln fühlte sich ungefähr so an, wie wenn man völlig verfroren ist und das Blut wieder langsam in die Glieder fließt.
    Mit einem Knacks brach sie mir das Handgelenk. Es klang, als träte jemand mit seinen Stiefeln im tiefen Winterwald auf einen Zweig.
    Als ich den Mund öffnete, um zu schreien, riss sie das Messer aus meinem Gurt und tötete mich.

 
    11
    E in Stoß mitten ins Herz, dann noch einer in die gleiche Stelle. Die Frau aus Rauch wusste offensichtlich, was ich war. Hatte ich denn gar keine Geheimnisse mehr?
    Ein schreckliches Gurgeln sprudelte über meine Lippen, und sie lachte in einer grotesken Mischung aus Freude und Bosheit. In der Nähe erklang ein Heulen – ein trauriges Wehgeschrei voller Schmerz und Zorn.
    Die Naye’i warf einen Blick über die Schulter und fletschte ihre perlweißen Zähne. Sie drehte sich, wurde wieder zu Rauch, stieg wirbelnd auf und verschwand in der Nacht.
    Ich fiel zu Boden, das Messer steckte mir immer noch in der Brust. Als mir allmählich alles vor den Augen verschwamm, hörte ich es von weitem knurren, und unter den dumpfen Schlägen der Schlacht schien die Erde zu erzittern.
    Um mich herum wurde es dunkel, und die Welt erlosch wie eine Flamme im Regen.
    Zu Hause bei Ruthie wachte ich auf. Das war nicht weiter verwunderlich. Nicht nur, weil ich dort immer hinging, wenn ich Probleme hatte, sondern – Ruthie nahm auch diejenigen in ihrem privaten Fegefeuer auf, die zu früh gestorben waren. Eigentlich war Ruthies himmlische Bude immer voll, genauso wie zu Lebzeiten auf Erden.
    Ruthie hatte im Süden von Milwaukee ein Heim geleitet. Als sie ihre Pforten für herumstreunende Kinder und hin und wieder auch für Hunde geöffnet hatte, war sie die einzige Afroamerikanerin im Umkreis von dreißig Meilen gewesen. Aber das hatte sie nie gekümmert und merkwürdigerweise auch sonst niemanden.
    Ein weißer Palisadenzaun zierte das Grundstück, ich trat durchs Tor und spazierte den gepflegten Gartenweg entlang bis zu dem weißen, von Bäumen umgebenen Haus, wo ich klingelte. Von drinnen ertönte fröhliches Getriller und Kinderlachen. Die Tür öffnete sich – und da war sie: die einzige Mutter, die ich je hatte.
    Sie sah ganz genau so aus wie an dem Tag, als sie gestorben war – ohne die Blutspritzer, die herausgerissene Kehle und verschiedene Bissspuren.
    „Lizbeth“, sagte Ruthie und schloss mich in die Arme. Trotz ihrer knorrigen Ellenbogen und Knie und ihres dürren Körpers waren Ruthies Umarmungen immer die allerbesten.
    Mit zwölf Jahren bin ich zu ihr gekommen, frisch aus einer anderen Pflegefamilie, die mich nicht mehr hatte haben wollen. Selbst damals wirkte sie schon uralt, ihr runzeliges Gesicht hatte einen kräftigen Kaffeeton, nichts entging ihren dunklen durchdringenden Augen, auch nicht solche Dinge, die man schon ein Leben lang zu verbergen suchte.
    Für Ruthie spielte es keine Rolle, wer man war, wo man herkam oder was man getan hatte. Wen sie einmal aufgenommen hatte, den gab sie niemals auf. Für uns verlassene Kinder war solch ein Versprechen mehr wert als schnödes Geld, dafür hätten wir unsere Seele gegeben. Angenommen zu sein und zu wissen: Ganz gleich, was auch geschieht, Ruthie würde einen für immer lieben …
    Alles hätten wir für sie getan.
    Ich hatte immer noch Schwierigkeiten zu akzeptieren, dass Ruthie mit Absicht nach Kindern mit besonderen Begabungen gesucht hatte, um sie für die Föderation zu rekrutieren. Schon klar, sie hatte keine andere Wahl – wir sprechen hier vom Ende der Welt! Und trotzdem wäre es schön gewesen, nicht wegen meiner übersinnlichen Fähigkeiten, sondern um meiner selbst willen ausgewählt worden zu sein.
    Da ich jedoch meistens wegen meiner übersinnlichen Fähigkeiten aus den Pflegefamilien geflogen war, war es auch mal ganz nett, wegen und nicht trotz dieser Begabung erwählt worden zu sein.
    Ich zog mich zurück, und Ruthie ließ mich gehen. Sie berührte meine Wange … und Sorge trübte ihren Blick.
    „Ich bin tot, oder?“
    Seufzend drehte sie sich um, ließ die Tür offen stehen, als Einladung, ihr

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