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Die Phoenix-Chroniken: Glut (German Edition)

Die Phoenix-Chroniken: Glut (German Edition)

Titel: Die Phoenix-Chroniken: Glut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lori Handeland
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zu folgen. Ich trottete hinter ihr her, den Flur entlang bis zur sonnendurchfluteten Küche, wo sie durch die riesigen Fensterscheiben die im Garten spielenden Kinder beobachtete.
    Vier zählte ich. Die geringe Zahl und die Abwesenheit eines Kinderwagens hellte meine Stimmung etwas auf. Als ich sie das letzte Mal besucht hatte, war das Haus fast übergequollen vor Kindern, die ich nicht hatte retten können; ein winziges Bündel hatte unentwegt geschrien.
    Was würde ich nicht alles tun, um diese Erinnerung aus meinem Kopf zu verbannen.
    „Setz dich mal hin“, befahl Ruthie. „Die Lage ist kritisch.“
    „Dass ich jetzt tot bin, bringt unsere Pläne etwas durcheinander. Das bringt die apokalyptische Zeitbombe wieder zum Ticken.“
    „Du bist nicht tot“, sagte sie.
    „Die Frau aus Rauch …“, sagte ich zögernd und setzte mich dann. „Weißt du über sie Bescheid?“
    Ruthie warf mir einen ihrer typischen Ruthie-Blicke zu. Sie hatte schon immer alles gewusst, selbst bevor sie gestorben war und …
    Ganz sicher war ich mir nicht, was sie jetzt geworden war. Auf jeden Fall war sie tot mächtiger als lebendig. Ihr den Garaus zu machen war der erste Fehler des Stregas gewesen.
    „Sie hat mich mit meinem eigenen Messer erstochen.“ Ich machte ein abfälliges Geräusch. Wie lahm war das eigentlich? „Zweimal in die Brust.“
    Als ich an mir herunterblickte, war ich richtig froh, dass die Waffe verschwunden war und ich nicht mehr aussah wie ein Schaschlik. Meinem gebrochenen Handgelenk schien es auch gut zu gehen. Zur Sicherheit schlackerte ich es ein paar Mal hin und her.
    Natürlich erschien hier niemand mit seinen tödlichen Verletzungen, das wäre zu schlimm für die Kinder, ganz zu schweigen von dem Ekelfaktor.
    „Du bist nicht tot“, wiederholte Ruthie.
    „Aber …“
    „Zweimal auf die gleiche Weise tötet man einen Dhampir.“
    „Eben. Ich …“ Gerade noch hielt ich mich zurück, denn wie ich an dieses Talent gekommen war, wollte ich lieber nicht zum Besten geben.
    Aber Ruthie wusste es. Selbst wenn ich nicht von meinen seltsamen Talenten sprach, meine Verschwiegenheit brachte sie auch nicht zum Verschwinden.
    „Jeder tut, was er kann, um zu überleben, zu kämpfen und zu siegen“, sagte sie. „Du hast diese Gabe bekommen, damit du sie auch benutzt, Kindchen.“
    Das Gleiche hatte Summer auch gesagt. Haha.
    „Nur wegen deiner Empathie bist du noch am Leben.“ Auf meinen verständnislosen Blick hin sprach sie weiter. „Du bist mehr als nur ein Dhampir, Lizbeth. Du bist auch ein Fellläufer.“
    Ich zog eine Braue hoch. „Und wie schaltet man die aus?“
    Sie erwiderte meine Frage, indem sie ihrerseits eine Braue hochzog. „Das behalte ich mal lieber für mich.“
    „Aber …“
    „Ich kenn dich doch, bei Saywer siehst du rot. Wenn du gewusst hättest, wie man ihn umbringt, hättest du es längst getan. Zehn Mal hättest du’s getan.“
    Stimmt. Niemand brachte mich so in Rage wie Saywer, und niemand jagte mir mehr Angst ein – seine Mutter ausgenommen.
    „Wir brauchen ihn“, sagte Ruthie. „Du brauchst ihn.“
    Auch wenn ich es mir nicht eingestehen wollte, sie hatte recht. Trotzdem …
    „Und wie soll ich verhindern, dass mein Fellläufer-Ich den Löffel abgibt, wenn ich gar nicht weiß, wie das funktioniert?“
    „Das passiert schon nicht, Kindchen. Fellläufer sind kaum totzukriegen. Sonst hätte Saywer sein Leben schon längst ausgehaucht.“
    Ich war nicht die Einzige, die ihm nach dem Leben trachtete. Manchmal fragte ich mich, ob es auch jemanden gab, dem daran gelegen war, dass er nicht starb. Außer Ruthie.
    „Mir gefällt es trotzdem nicht.“
    „Und mir ist das trotzdem egal.“
    „Stimmt es, was Summer mir erzählt hat?“, fragte ich. „Der Jüngste Tag ist ausgesetzt?“
    „Scheint so. Die Dämonen morden zwar weiter, aber …“ Sie breitete ihre knorrigen Hände aus. „Nicht so wie sonst.“
    „Also haben wir Zeit, uns neu zu formieren.“
    „Weiß nicht“, murmelte Ruthie. „Das Böse schwebt noch in der Luft … wie ein nahender Wirbelsturm. Diese sirrende Stille, kurz bevor sich der Himmel grün färbt und der Sturm losbrechen will.“
    Verdammt. Genauso hatte es sich in Barnaby’s Gap angefühlt.
    „Es ist seltsam“, fuhr sie fort. „Beinahe, als hätte sich nichts geändert. Als würde sich der Jüngste Tag immer noch zusammenbrauen.“ Sie schüttelte den Kopf, als wollte sie damit die Gedanken loswerden. „Ich bin nur eine alte Frau, die schon

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