Die Phoenix-Chroniken: Glut (German Edition)
Verbindungen verfügte.
„Berühr etwas, das er berührt hat“, flüsterte ich.
Ich sank auf das Bett hinunter, legte mich zurück und strich mir mit der Hand über den Bauch, die Brüste, die Lippen.
Nichts.
Beim letzten Mal hatte es mich erregt, mich scharf gemacht, lustvoll hatte das Blut in meinen Adern gepocht. Jetzt war ich zu durcheinander, um etwas anderes außer Angst zu spüren.
Ich atmete tief ein und aus. Zwang mich zur Entspannung – und dabei bewegte ich mich gedanklich zurück.
Als Kinder hatten Jimmy und ich uns oft in den Haaren gelegen. Es hatte Eifersüchteleien um Ruthies Zuneigung gegeben, Zankereien, wer über die Kleinen das Sagen hatte. Wir knufften uns und spielten einander Streiche. Einmal hatte mir Jimmy eine Schlange ins Bett gelegt, ich hatte ihm die Nase blutig geschlagen und ein paar Zähne gelockert. Aber nie hatte er gewaltsam Hand an mich gelegt, und bei Jimmy kam das einer Heiligsprechung gleich. Dann hatte es aber eine Zeit gegeben, da wir spürten, dass zwischen uns mehr war als nur Rivalität.
In der Hitze eines Sommertages, als die Berührung seiner Hand, seiner Lippen mir die Luft zum Atmen raubte, wussten wir, dass wir in Teufels Küche kämen, wenn wir entdeckt würden. Aber wir taten es trotzdem.
Versteckten uns in Schränken, um uns heimlich zu küssen. Mitten in der Nacht schlichen wir uns aus dem Haus. Das Mondlicht ergoss sich über uns, während wir zusammen im Gras lagen. Er war so schön – die Haut glatt und dunkel, das Haar weich und zottig, jede Gefühlsregung stand ihm ins Gesicht geschrieben.
Angebetet hatte er mich. Ich war mir sicher, dass er für mich gemordet hätte.
Einen Moment lang hörte ich eine andere Stimme, sah meine Tränen und die blauen Flecken, Jimmys Gesicht, und ich drängte diese Bilder beiseite.
„Jimmy“, murmelte ich. „Wo bist du jetzt?“
Ich brauchte eine liebevolle Erinnerung. Nicht, dass es keine gegeben hätte. Auch wenn er mich niemals geliebt hatte, was ich mittlerweile glaubte, hatte meine Liebe zu ihm damals doch für uns beide gereicht.
Einmal sind wir oben im Flur zufällig aufeinandergestoßen, er war gerade auf dem Weg nach unten, um Ruthie zu helfen, die Einkäufe aus dem großen Transporter zu tragen, unserem ehemals einzigen fahrbaren Untersatz. Ich wollte meine Schuhe holen, um ebenfalls zu helfen. Alle anderen Kinder waren schon draußen. Durchs Fenster konnten wir ihre Stimmen hören.
Es war Herbstanfang. Die Schule hatte gerade wieder begonnen, es herrschte immer noch eine schwüle Hitze. Ich trug Shorts und ein weißes Trägerhemd.
Wir blickten uns um, überquerten den Flur und pressten unsere Münder aufeinander, auch noch als seine Hand meinen Schenkel streifte, sanft unter den Stoff fuhr, höher glitt und meine kaum verhüllten Rundungen liebkoste.
Wie immer, wenn er mich berührte, schlug mein Herz so schnell, dass meine Haut glühend heiß und empfindlich wurde – und jede Berührung im ganzen Körper widerhallte.
Er hob mich hoch, ich schlang meine Beine um seine Hüften und spürte seine Erektion. Zwischen uns war nichts als dünne Nylonshorts und Unterwäsche. Ich konnte seine Hitze fühlen, sein Pulsieren. Als ich Luft holte, um aufzuschreien, presste er seinen Mund fest auf meinen und trank meinen Schrei, während wir gleichzeitig erschauderten. Dann presste er seine Stirn gegen meine, sein dunkler Haarschopf streifte meine Wange, und mein Herz schlug vor Liebe einen Purzelbaum, während sich sein Geruch für immer in meine Haut brannte.
„Lizzy“, flüsterte er. „Ich …“
Dann hatte Ruthie uns gerufen, und wir ließen voneinander ab, brachten uns in Ordnung und rannten nach unten. Was auch immer er mir damals hatte sagen wollen, ging genauso verloren wie auch wir selbst … kurze Zeit später.
Aber ich würde es bis an mein Lebensende nicht vergessen, wie ich mich in jenem Moment gefühlt hatte, als er mich in den Armen hielt und meinen Namen mit solcher Sehnsucht sprach, dass mir die Tränen in die Augen stiegen und die Brust schmerzte. Damals hatte ich geglaubt, er wäre der einzige Mann, den ich jemals wirklich lieben würde.
Jetzt und hier, in einem gemieteten Bett, in einem gemieteten Zimmer in Detroit, legte ich die Hand auf meinen Brustkorb, dort wo mein Herz saß, wo Jimmy mich an jenem Tag berührt hatte, indem er bloß meinen Namen nannte. Und ich stürzte aus meinen Erinnerungen direkt in eine Vision.
New Mexico. Eine andere Landschaft als in Saywers Reservat.
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