Die Phoenix-Chroniken: Glut (German Edition)
nicht wieder auf.
Ich trommelte mit den Fäusten dagegen. Rief laut. Dann verstummte ich und lauschte nur. Es war, als wäre ich ganz allein im Haus. Was auch immer sie dort unten im Keller trieben, sie waren dabei sehr leise. Genauso gut hätten sie auch gar nicht mehr dort sein können.
Ich lungerte noch ein wenig herum, versuchte es erneut an der Tür, kam aber nicht weit. Wenn man bedenkt, dass ich Jimmys überlegene körperliche Kräfte besaß, hätte ich eigentlich in der Lage sein sollen, die Tür aus den Angeln zu reißen. Und dass es mir nicht gelang, ließ mich vermuten, dass der Eingang irgendwie verstärkt worden war, höchstwahrscheinlich mittels Magie. Das bedeutete, ich würde nicht hindurchgelangen, es sei denn, ich trieb eine andere Hexe auf. Dazu war ich aber nicht in der Stimmung.
Den Gesetzen meiner Fähigkeiten zufolge müsste ich als Empathin eigentlich Saywers Zauberkünste beherrschen, wenn er denn damit geboren wurde. Dass es nicht so war, belegte, dass er sich die Hexenkunst entweder angeeignet oder sie sich ebenso genommen hatte wie seine Mutter. Diesen Punkt hatte er immer etwas im Unklaren gelassen.
Ziellos streifte ich durchs Haus, es war dunkel und staubig – das Haus einer alten Tante, wo es scharenweise Katzen geben könnte. Aber ich sah keine einzige. Vielleicht waren sie unsichtbar. So wie der Hund.
Ungewöhnlich war nur das Kinderzimmer, auf das ich stieß.
Dabei sah es völlig unbenutzt aus. Hatte Carla einmal ein Kind verloren? Oder vielleicht erwartete sie auch ein Enkelkind. Hoffentlich erschreckte sie den armen Wurm nicht zu Tode.
Mehr und mehr bekam ich das Gefühl, hier schutzlos zu sein. Mein gesamtes Waffenarsenal lag im Impala. Außerdem stellte ich mit einem Blick auf mein Handy fest, dass ich noch immer keinen Empfang hatte. Was, wenn Summer nun angerufen hatte, während ich meine Zeit im Bermuda-Dreieck vertrödelte?
Ich konnte hier doch nicht länger abhängen. Unbedingt musste sie wissen, dass der Jüngste Tag schon vor der Tür stand, während wir die ganze Zeit davon ausgegangen waren, dass er ausgesetzt war.
Die Sonne ging schon unter, als ich auf die Veranda hinaustrat. Sobald die Riegel hinter mir einrasteten, bereute ich es, aber nun war es zu spät. Die Haustür war genauso undurchdringlich wie zuvor die Kellertür.
Im Glanz der Abenddämmerung begann die Dauerzielscheibe auf meinem Rücken zu brennen. Forschend suchte ich die wirbelnden Schatten ab, aber ich sah niemanden, hörte auch nichts.
Wenn ein weiterer Nephilim ausgesandt worden wäre, mich zu töten, wenn die Frau aus Rauch zurückgekommen wäre, so wäre ich gewarnt worden. Denn wenn es nicht Asche war, war das Amulett gewiss ein Klumpen geschmolzenen Metalls.
In dieser Nachbarschaft könnte mich natürlich auch jemand einfach nur beobachten, um mich auszurauben, vielleicht zu vergewaltigen oder umzubringen – oder alles zusammen. Bedauerlicherweise wäre mir dieses Szenario lieber, aber nur weil ich mit menschlichen Monstern problemlos fertig wurde. Lediglich die Leichen müsste ich irgendwie loswerden, damit mir niemand dumme Fragen stellte.
Aber war das nicht immer der Haken an der Sache?
Carla hatte mir geraten, nicht im Auto zu warten, sondern ins Hotel zu gehen. Ich konnte nur hoffen, dass Saywer ihre Behandlung überlebte und mich wie versprochen finden würde.
Ich kontrollierte mein Handy, das wieder besten Empfang, aber leider keine Anrufe in Abwesenheit anzeigte.
„Verdammt.“ Summer hatte mich nicht zurückgerufen. Was sollte das nur? Heute Morgen war sie Jimmy nachgegangen. Sie musste doch wissen, dass ich darauf wartete zu hören, wie es gelaufen war. Es sei denn …
Diesen Gedanken stoppte ich sofort. Lieber dachte ich nicht darüber nach, was Summer davon abgehalten haben mochte, sich bei mir zu melden. Allem, was eine Fee und einen Dhampir ausschalten konnte, wollte ich lieber nicht begegnen, würde ich aber bestimmt noch. Demnächst.
In der Nähe des Flughafens musste es Hotels geben, also folgte ich den Schildern, suchte mir eines aus, nahm ein Zimmer und rief Summer an. Sie meldete sich nicht. Immer noch nicht.
Ich war zu angespannt, um zu schlafen, zu essen, zu lesen oder den Fernseher einzuschalten, wo es nur so von Nachrichten über das wachsende Chaos wimmelte. Mir blieb nichts anderes, als im Zimmer auf- und abzulaufen.
Ich musste einfach Gewissheit haben, also nahm ich das Telefon wieder in die Hand. Da fiel mir ein, dass ich ja auch noch über andere
Weitere Kostenlose Bücher