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Die Phoenix-Chroniken: Glut (German Edition)

Die Phoenix-Chroniken: Glut (German Edition)

Titel: Die Phoenix-Chroniken: Glut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lori Handeland
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psychischen Störungen hatte.
    Wenn man bedenkt, was ich gerade mit angesehen hatte, lag Saywers Störung eher darin, keine Störung zu haben.
    „Was hast du gemacht?“, fragte ich.
    Er blickte mich über die Schulter hinweg an; einen Augenblick lang wirkte sein Gesicht völlig gequält, und ich hielt die Luft an. Würde er mir von seiner Vergangenheit erzählen? Könnte ich überhaupt damit umgehen? Dann hatte er sich wieder im Griff, und sein Gesicht nahm den üblichen gleichgültigen Ausdruck an.
    „Ich habe einen Schutzzauber errichtet. Er wird sie ein paar Stunden aufhalten, vielleicht sogar für den Rest der Nacht.“
    „Warum zauberst du diesen Schutz nicht wieder und wieder? Hältst sie damit für immer fern?“
    „Sie ist zu stark. Hat sie diesen Schutz erst einmal durchbrochen, wirkt er anschließend nicht mehr. Und es gibt nicht besonders viele, die überhaupt bei ihr wirken.“
    „Du musst sie aufsparen.“
    Er nickte.
    Gerade öffnete ich den Mund, um zu fragen, warum denn ausgerechnet heute Nacht … schloss ihn dann aber wieder. Warum nicht heute Nacht? Ich konnte ganz gut mal eine Pause vertragen – von dieser Frau, die ständig auftauchte, um mich umzubringen.
    Saywer wandte sich nun um, und fasziniert starrte ich auf eine winzige Flasche, die er an einem Lederriemen um den Hals trug.
    Ich griff danach und hielt sie zwischen Zeigefinger und Daumen. Darin befand sich ein wenig rotbraune Erde.
    Saywer stand ganz reglos da, er schien kaum zu atmen. Ich hob den Blick und sah ihm direkt in die Augen. „Was hat Carla getan?“, fragte ich.
    Er sah kurz zur Seite, dann wieder zu mir, zuckte die Achseln. „Gezaubert. Solange ich diesen Talisman hier trage, kann ich überall als Mensch herumlaufen.“
    „Und wenn du ihn nicht trägst?“
    „Wau wau.“
    „Sehr witzig.“
    „Finde ich auch.“
    Trotzdem lächelte er nicht. Das tat er nur ganz selten. Nach dem Tag heute konnte ich auch gut verstehen, warum.
    „Talisman“, murmelte ich. „Kein Amulett?“
    „Ein Amulett birgt Schutz, ein Talisman aber bringt Glück.“
    „Deine Mutter …“
    „Nenn sie nicht so.“ Obwohl er die Stimme nicht erhob, zuckte ich bei der Heftigkeit seiner Worte zusammen.
    „Alles klar“, räumte ich ein, auch wenn die Dinge eben lagen, wie sie lagen, und die Naye’i war nun einmal seine Mutter. „Die Frau aus Rauch trug ein Amulett.“
    „Um sie vor ihren Feinden zu beschützen, indem es sie vor deren forschenden Blicken verbarg.“
    „Und das hier?“ Ich hob die winzige Flasche ein wenig höher.
    „Ein Talisman, der bringt mir …“ Anmutig breitete er seine Hände aus. „Mich.“
    Ich nickte, ließ den Talisman zurück an seine Brust gleiten. Mit den Fingerspitzen berührte ich seine Brust, und er erzitterte. Dann trat er einen Schritt zurück.
    „Geht es dir gut?“ So hatte er sich noch nie gebärdet, beinahe war es so, als könnte er meine Nähe nicht ertragen.
    „Bestens“, sagte er und drängte sich an mir vorbei. „Ohne Fell ist es aber zu kalt für mich.“
    Wir hatten Sommer, draußen waren es mindestens 26 Grad, aber ich machte mir erst gar nicht die Mühe, darauf hinzuweisen. Ihm war keineswegs kalt, wir wussten es beide.
    „Ich dusch mal“, sagte er und verschwand im Badezimmer.
    Solange er eine Pelzkugel war, erübrigten sich gewisse Dinge, aber jetzt … war es vielleicht nicht gerade die beste Idee, mit ihm zusammen in einem Raum zu sein. Nicht, dass die Sache mit der Pelzkugel uns unbedingt vom Sex abgebracht hatte – zumindest nicht gedanklich.
    Ziellos streifte ich im Zimmer umher, unschlüssig, was ich mit mir anfangen sollte. Ich griff nach der Fernbedienung, doch sobald ich eingeschaltet hatte, schaltete ich auch schon wieder aus. Ich brauchte Ruhe. Musste nachdenken.
    Ich saß auf dem Bett und wollte mir unsere Lage noch einmal durch den Kopf gehen lassen, doch immer drängte sich mir das Bild von der Frau aus Rauch auf, wie sie mit der Fingerkuppe über Saywers Brust fuhr. Ob ich das wohl jemals aus dem Kopf bekommen würde? Wie schaffte er es nur?
    Rums!
    Ein dumpfer Schlag ließ den Raum erzittern. Ich schaute zur Tür, aber die hing noch in den Angeln, dann zur Decke, aber auch dort gab es keine Anzeichen eines riesigen Schuppenmonsters, das womöglich die Dachziegel pellte, um hineinzuklettern.
    Rums!
    Wieder das gleiche Geräusch. Es kam aus dem Badezimmer.
    Ich durchquerte das Zimmer, drehte am Knauf und marschierte direkt hinein.
    Das Wasser lief noch, alles war

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