Die Phoenix-Chroniken: Glut (German Edition)
möglichen Bedeutungen von Kommen schwirrten mir durch den Kopf, genau wie er es beabsichtigt hatte. Er küsste meine Kehle, knabberte an meinem Schlüsselbein, dann saugte er an meinem Hals, wo der Puls klopfte.
Ich wusste gar nicht mehr, worüber wir überhaupt gesprochen hatten. Der Dampf war so undurchdringlich, dass ich die Umgebung kaum wahrnahm. Wir schienen uns in dem wirbeligen Nebel zu verlieren, es gab nur noch uns zwei.
Verzweifelt versuchte ich bei Sinnen zu bleiben, erhaschte den gesunden Verstand noch gerade am Rockschoß, bevor er zu entgleiten drohte, hob den Kopf und konnte noch sagen: „Träume sind nicht die Wirklichkeit.“
„Wenn sie Erinnerungen sind, dann schon.“
Ich sollte glauben, dass ich schon als Teenager mit ihm geschlafen hatte, dass er mich irgendwie verführt hatte und ich mich nur noch in meinen Träumen daran erinnern konnte. Aber ich wusste, dass das nicht stimmte. Das erste Mal habe ich mit Jimmy geschlafen. Blut lügt nicht.
Saywer versuchte mich wegzustoßen. Ihm passte es nicht, dass ich mitangesehen hatte, wie sie ihn berührt und was sie ihm angetan hatte. Er wollte mein Mitleid nicht. Aber mich wollte er. Das spürte ich ebenso deutlich wie seine Hitze, entgegen allen Beteuerungen, ihm sei so kalt.
Ich verspürte den unwiderstehlichen Drang nach Zärtlichkeit, ich wollte ihm zeigen, dass Sex nicht bedeutungslos sein musste. Was zwischen uns nun geschah, konnte ich offenbar ebenso wenig aufhalten wie den Jüngsten Tag.
Ich blickte ihm in die Augen. „Du versuchst mich wegzustoßen.“
Er sah unverwandt zurück. „Und – gelingt es?“
„Nein“, sagte ich und küsste ihn.
20
I ch rechnete damit, dass er mich buchstäblich wegschubsen würde und ich mit ihm ringen müsste. Überraschenderweise küsste mich Saywer aber zurück.
Beinahe verzweifelt suchten seine Lippen mich, griffen seine Hände nach mir. In der Vergangenheit hat er es immer ganz ruhig angehen lassen, nie hatte er es übereilt. Auch wenn er es zum Besten der Welt tat, eines musste man Saywer lassen, ein Fick mit ihm lohnte sich jedes Mal.
Er schmeckte würzig und süß zugleich. Ich leckte ihm über die Zähne, seine Finger schlossen sich fest um meinen Arm, ein kurzes Drücken – und er ließ mich wieder los. Aus Angst, er könnte gleich davonfliegen, umarmte ich ihn fest, und als sich meine linke Hand auf seinen rechten Bizeps legte, flimmerte es vor meinen Augen.
„Mach die Augen auf“, flüsterte er.
Ich tat wie mir geheißen und sah einen Wolfskopf. Dröhnend erklang ein tiefes Brummen, und es dauerte einen Augenblick, bis ich bemerkte, dass der Ton von mir kam. Wenn ich durch den Dampf hinweg mein Gesicht im Spiegel sehen könnte, würden meine Augen bestimmt den Wolf in mir spiegeln.
Ich riss die Hand weg. Wenn wir zusammen schliefen und ich dabei seine Tätowierungen berührte, wirbelten seine Tierwesen durch mich hindurch. Zwar verwandelte ich mich nicht in die einzelnen Tiere, doch ich spürte sie, roch sie, und sie waren mir ebenso vertraut wie Saywer selbst.
„Willst du dich verwandeln?“, raunte er.
Ich machte mich steif. Eines Tages, so hatte er gesagt, würde ich mich als Wolf mit ihm paaren. Dazu war ich noch nicht bereit, würde ich wohl auch nie sein. Ein Wolf zu sein war nicht so sehr ein Teil von mir, wie es ein Teil von ihm war.
Der Ausdruck auf seinem Gesicht – undurchdringliche Wolfsaugen, amüsierter Zug um den menschlichen Mund – verriet mir, dass er alles daransetzte, mich abzuschrecken.
„Auf keinen Fall“, antwortete ich. Sein Mund verzog sich zu einem dünnen Strich.
„Phoenix“, knurrte er.
Mit der Hand umschloss ich seinen Penis – und der Raum wurde sogleich von dem tödlichen Rasseln einer Klapperschlange erfüllt. Ich stellte mich ganz auf ihn ein, auf die Situation hier, auf uns! Und der Drang, meine Zunge herausschnellen zu lassen, verging, auch wenn ich das unbändige Verlangen hatte, ihn mit der Zunge zu verwöhnen.
Das Rasseln wurde so laut, dass es das Rauschen des Wassers übertönte. Ich berührte seinen Oberschenkel, ließ meinen Finger über die Abbildung des Tigerkopfes gleiten und spürte das lange Steppengras an meinem pelzigen Körper.
Mit den Zähnen bearbeitete ich ihn, allerdings nicht zu fest, sondern gerade genug, um ihm einen sanften Fluch zu entlocken. Ich sah zur Decke. Die Leuchtstoffröhren brannten nur noch trübe vor sich hin, der Dampf umspielte uns wie Nebel bei Sonnenuntergang. Eigentlich hätte ich
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