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Die Phoenix-Chroniken: Glut (German Edition)

Die Phoenix-Chroniken: Glut (German Edition)

Titel: Die Phoenix-Chroniken: Glut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lori Handeland
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versucht, das Buch von Samyaza zu finden?“, fragte ich.
    „Nein.“
    „Warum nicht?“
    „Niemand hat es bis jetzt gesehen. Wir wissen nicht mal, wie es aussieht oder ob es wirklich existiert.“
    Ich hatte das Gefühl, dass es existierte. Ein sehr, sehr dummes Gefühl.
    „Wäre es nicht besser, wir bekämen es in die Hände, um es zu vernichten?“
    „Besser, es bleibt versteckt. Wenn wir es finden, wird es womöglich noch gestohlen. Oder der, der es findet, benutzt es, um …“
    „Glaubst du etwa, einer von uns würde versuchen, die Weltherrschaft an sich zu reißen?“
    „Lizbeth“, sagte Ruthie. „Selbst Christus war versucht.“
    Zwischen uns herrschte Stille. Wo sie recht hatte, hatte sie recht.
    „Ärgere dich nicht“, sagte sie schließlich. „Jagd auf das Ding zu machen bringt nichts. Niemand weiß, wo das Buch von Samyaza ist. Keine Legende, kein Gerücht, keine Spur.“
    Soweit es uns bekannt war. Aber bei einer solchen Waffe mussten die Nephilim doch wenigstens eine leise Ahnung von dem Verbleib haben. Ich konnte mir kaum vorstellen, dass sie nicht danach suchten.
    „Die Benandanti hat noch mehr Informationen, die dir helfen können.“
    Beim Geräusch eines Basketballs, der aufs Pflaster prallte, blickte ich wieder zu den Kindern. Statt des Grashügels befand sich dort nun ein kompletter Asphaltplatz mit zwei Körben.
    „Hätte sie mir das nicht schon gestern sagen können?“
    „Du hast sie nicht gefragt, Kindchen.“ Ruthie stand auf und ging ins Sonnenlicht.
    „Sie was gefragt?“
    „Wie man die Frau aus Rauch tötet.“
    Überrascht blinzelte ich. „Ist das dein Ernst?“ Ruthie nickte. „Warum sagst du es mir nicht?“
    „Ich weiß es nicht.“
    „Und warum hast du mir nicht gleich, als du mich zu ihr geschickt hast, gesagt, ich soll sie danach fragen?“
    „Es gibt Regeln“, sagte Ruthie mit zusammengepressten Lippen. Im Augenblick schien sie selbst nicht allzu glücklich darüber zu sein. „Du musst bestimmte Dinge tun. Deinen Weg gehen. Andere werden dir folgen. Alles geschieht zu seiner Zeit.“
    Nicht zum ersten Mal hatten wir diese Diskussion. Da gerade Hunderte von Menschen von Werwölfen gerissen wurden und ich keine Chance gehabt hatte, das zu verhindern, war ich von diesen Regeln auch nicht gerade begeistert.
    Ruthie drehte sich um und legte mir eine Hand auf jede Schulter. Ihre knochendürren Finger fühlten sich wie Vogelkrallen an. „Du wirst sehr tapfer sein müssen, Lizbeth.“
    Ich zog die Brauen hoch. „War ich denn bislang ein Hasenfuß?“
    „Hör zu“, sagte sie kurz angebunden und verstärkte ihren Griff. „Du wirst Dinge tun müssen, die du nicht tun willst, Menschen wehtun, denen du gar nicht wehtun möchtest.“
    So schnell, wie sie sich mir zugewandt hatte, drehte sie sich wieder weg, ließ die Hände zur Seite fallen und ballte die Fäuste.
    Das Haus, die Kinder und Ruthie verblassten immer mehr. Doch ich hätte schwören können, dass, bevor sie ganz verschwand, ich Ruthie hatte sagen hören: „Ich habe es getan.“
    Ich erwachte im Hotelzimmer. Durch die Ritzen der zugezogenen Vorhänge drang das Sonnenlicht herein und malte Muster auf den Boden. Saywer war verschwunden.
    Das riss mich im Nu aus dem Bett. Ich zog die Jalousie zurück. Der Impala stand immer noch da, wo ich ihn abgestellt hatte, von Saywer aber keine Spur.
    Fluchend hopste ich auf einem Bein und versuchte das andere in die Jeans zu bekommen, verfing mich mit dem Fuß im Innenfutter und fiel beinahe auf die Nase. Ich schloss gerade den Reißverschluss, als es an der Tür rüttelte. Noch bevor Saywer hereinkommen konnte, hatte ich meine Pistole in der Hand. Mit seinen ruhigen grauen Augen blickte er von der Waffe, die auf seine Brust gerichtet war, zu mir herüber.
    „Was erwartest du denn?“, murmelte ich.
    Er trug eines meiner dreckigen T-Shirts, ein blasslila Teil, auf das ich nie besonders scharf gewesen war. Der Stoff spannte um seine Brust und seine Bizepse. Es überraschte mich, dass es nicht – wie beim Unglaublichen Hulk – aus allen Nähten geplatzt war.
    Zusammen mit den roten Shorts und meinen Turnschuhen – die ihm offenbar zu klein waren – sah er wie ein Penner aus. Die Plastiktüten, mit denen er jonglierte, vervollständigten das Bild nur.
    „Du bist einkaufen gegangen?“ Ich war fassungslos.
    „Dafür bin ich bekannt.“
    Ich hatte gedacht, da er doch in der Nähe der Berge lebte, wagte er sich bestimmt kaum mal bis in eine der umliegenden Städte.

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