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Die Phoenix-Chroniken: Glut (German Edition)

Die Phoenix-Chroniken: Glut (German Edition)

Titel: Die Phoenix-Chroniken: Glut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lori Handeland
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wurde erst wichtig, wenn es fast schon zu spät war.
    „Die verschiedenen Propheten haben dem Bösen verschiedene Namen gegeben.“ Ruthie hielt inne, legte den Kopf schief, bis die Sonnenstrahlen einen Heiligenschein um ihre ergrauten Locken bildeten. „Ich glaube, bei Johannes heißt er der Böse . Matthäus, Markus und Lukas nennen ihn Beelzebub , Prinz der Dämonen. Im zweiten Korintherbrief nennt Paulus ihn Beliar oder unwürdig.“
    Trotz Ruthies tadelnder Worte konnte ich mir nur schwerlich vorstellen, dass ich mich bei einer Predigt ausgeklinkt hatte, in der es um die verschiedenen Namen von Satan ging. Zweifellos hätte ein Laie mit dieser Info nicht viel anfangen können.
    „Ich verstehe immer noch nicht, was es bringen soll, alle Welt mit den verschiedenen Namen zu verwirren.“
    „Zu viele Namen sind besser als gar keiner. Wer bist du? Keiner weiß es. Niemanden kümmert es.“
    „Die Leute kümmert es.“ Viel zu sehr.
    Manchmal kam es mir so vor, als sei die Moderne viel mehr an Satan und all seinen Inkarnationen als an Gott interessiert. Aus genau diesem Grund steckten wir wahrscheinlich in der Klemme. Obwohl ich in Sachen Jüngster Tag bislang mit Unkenntnis geglänzt hatte, glaubte ich mich zu erinnern, dass der Endzeit eine Phase des Werteverfalls vorausging.
    „Satan wegen einer Eigenschaft einen Namen zu geben wird ihn spalten“, sagte Ruthie. „Er ist Stückwerk, kein komplettes Wesen. Ohne einen wahren Namen aber: keine wahre Identität. Dadurch ist er bezwingbar.“
    „Glaubst du das?“
    Wir blickten uns an, und in ihren Augen las ich ehrlichste Überzeugung.
    Mit einem tiefen Atemzug lehnte ich mich an die Hauswand zurück. Ich wünschte, ich hätte Ruthies Vertrauen. Aber das konnte ich ihr schlecht sagen, sonst würde sie mir noch den Kopf abschlagen – und der gefiel mir dort, wo er war, ganz gut.
    Schon immer hatte Ruthie sehr bildhafte Methoden, uns einzuschüchtern. Zusammen mit dem zuvor erwähnten Kopfabschlagen gab es vermöbeln , verdreschen , windelweich prügeln , die Hucke vollhauen , verkloppen, bis einem Hören und Sehen vergeht , und mein besonderer Liebling war: das Fell über die Ohren ziehen .
    In Wahrheit hatte sie aber nie Hand an uns gelegt, außer in einer liebevollen Geste. Die Drohung allein reichte aus. Meistens jedenfalls.
    „Was lachst du, Kindchen?“, fragte Ruthie.
    Wenn ich an Ruthies Strafandrohungen für unser ungezogenes Verhalten dachte, wurde mir klar, wie sehr ich die Welt retten wollte. Es lohnte sich diese Welt zu retten. Ruthie hätte gerettet werden müssen. Zu dumm, dass ich erst nach ihrem Tod erfahren habe, dass sie Hilfe gebraucht hätte.
    „Einfach nur so“, sagte ich. Überrascht zog sie eine Augenbraue in die Höhe. Von all ihren Kindern war ich wohl das letzte, das einfach nur so lachen würde. Hieß natürlich nicht, dass ich mich nicht ändern könnte. Habe ich aber nicht getan.
    „Wenn Satan in Tartarus festhängt“, setzte ich meinen Gedanken fort, „und zwar seit dem Fall der Engel“ – weiß der Geier, wann das gewesen sein mag – „wie kommt es dann, dass die Apostel und Propheten von seinen Taten geplauscht haben, lange nach seiner Verbannung?“
    „Nur weil er eingesperrt ist, heißt das noch nicht, dass er keinen Ärger machen kann. Dafür sind die Nephilim da. Täusch dich mal nicht, der hatte von Anfang an die Fäden in der Hand.“
    „Und Besessensein?“ Ich setzte mich wieder auf. „Teufelsaustreibung und so’n Zeug? Gibt es das?“
    „Natürlich.“
    „Also muss ich mir nicht nur um die wirklichen Dämonen auf der Erde Sorgen machen …“
    „Halbdämonen“, verbesserte sie mich. „Erst wenn einer von ihnen die Tore von Tartarus öffnet.“
    „Gut.“ Ich rieb mir die Stirn. „Im Moment muss ich mich also nur um die Dämonen auf der Erde und die von Dämonen Besessenen sorgen.“
    „Mach dir um die Besessenen mal nicht so viel Gedanken.“
    „Warum nicht?“ Im Kino hatte ich Der Exorzist gesehen. Ich wusste nicht, ob ich diese Sorge loslassen konnte.
    „Wenn heute jemand anfängt, in fremden Zungen zu plappern, Erbsensuppe zu spucken und sich über Dämonen auszulassen, die in seinem Kopf herumspuken, was glaubst du, was dann passiert?“
    „Der kriegt Pillen und einen kostenlosen Aufenthalt in der Klapsmühle.“
    „Darauf kannst du Gift nehmen“, stimmte mir Ruthie zu.
    Mit anderen Worten: Die von den Dämonen Besessenen waren eingekerkert. Aber bestimmt nicht alle.
    „Hast du schon mal

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