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Die Phoenix-Chroniken: Glut (German Edition)

Die Phoenix-Chroniken: Glut (German Edition)

Titel: Die Phoenix-Chroniken: Glut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lori Handeland
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einmal hatte sich der Junge mein Messer geschnappt. So, wie er sich in meine Nähe zurückgezogen hatte, als bedürfte er meines Schutzes, als würde er klein beigeben, hatte ich diese Reaktion nicht erwartet. Und mit offenem Mund stand ich da – wie ein Idiot.
    Schnell wie eine Katze bewegte sich der Junge – woher bloß? –, und bestimmt hätte er das Messer auch in Saywers Bauch versenkt. Nur dass Saywer so schnell war wie … vieles.
    Noch bevor der Junge zustechen konnte, hatte Saywer seine Handgelenke gepackt und fest zugedrückt. Das Messer fiel zu Boden, das spitze Ende steckte in der Erde, so wie Luther es in Saywer hatte hineinstecken wollen.
    „Du bist mir vielleicht einer“, sagte Luther mit gesenkter Stimme, der Löwe schlummerte nur knapp unter der Oberfläche. „Einer, der anders ist.“
    Ich verkrampfte mich. Woher wusste er das? Zugegeben, Saywer sah nicht gerade wie ein gewöhnlicher Sterblicher aus, aber wie eine Unperson wirkte er nun auch wieder nicht. Plötzlich begriff ich, warum Saywer uns hergeführt hatte.
    „Seher?“, murmelte ich.
    Saywer schüttelte den Kopf.
    Dämonenjäger.
    Was mich auf die ursprüngliche Frage zurückführte.
    „Warum glaubst du, dass er anders ist?“, fragte ich.
    Die beiden rangelten, der Junge versuchte loszukommen, wobei Saywer es mit minimalem Kraftaufwand verhinderte. Luther zeigte mir seine Zähne und schwieg.
    Saywer drehte ihm den Arm auf den Rücken und sagte: „Antworte ihr.“
    „He!“, protestierte ich. „Du musst doch nicht gleich grob werden.“
    „Wenn er nur wollte, könnte er freikommen.“ Der Kopf des Jungen tauchte auf, die Verwirrung stand ihm ins Gesicht geschrieben.
    Langsam bekam ich den Eindruck, dass Luther gar nicht wusste, was er überhaupt war. Wie angsteinflößend das wohl sein musste?
    „Warum glaubst du, dass ich anders bin?“, wiederholte Saywer.
    „Ich spür das eben, Mann. Okay?“ Luthers Stimme klang angestrengt. Je heftiger er sich zu befreien versuchte, desto fester packte ihn Saywer am Handgelenk. „Mein ganzes Leben lang habe ich das schon.“
    „Was spürst du denn genau?“
    Jetzt musste Saywer den Griff gelockert haben, denn Luthers Stimme wirkte beinahe wieder ganz normal. Die Wut war natürlich noch zu hören, aber der Schmerz schien verschwunden.
    „Ich geh an jemandem vorbei und dann ist da so ein Summen, wie Bienen oder Fliegen, nur dass da keine sind. Manchmal starren sie mich an, und ihre Augen …“ Er schauderte. „Als wenn mich ein Dämon ansieht.“
    Über uns senkte sich eine Stille. Luther seufzte. „Ich weiß, ich bin verrückt.“ Traurig ließ er die Schultern hängen. „Das haben immer alle gesagt.“
    Saywer ließ ihn los. „Sie hatten immer unrecht.“
    Der arme Junge. Hier hatte Ruthie ihre Finger im Spiel. Jetzt verstand ich, warum ich diese Reise machen musste – nach Detroit, nach Indiana – und auch, warum ich Saywer mitnehmen sollte.
    „Du kommst mit uns“, sagte Saywer.
    „Für wie blöd hältst du mich eigentlich?“ Der Junge grinste höhnisch.
    Wie das Tier, das er war, ging er Saywer an die Kehle. Und wie das Tier, das er war, spürte Saywer den Angriff und wich ruckartig zurück. Dabei verfingen sich Luthers Finger in Saywers Lederhalsband mit dem Talisman, der mit Erde gefüllt war, und rissen es entzwei.
    Auf einmal wurde es so hell, dass ich die Augen schließen musste, und als ich sie wieder öffnete, war Saywer ein Wolf.

 
    24
    L uther starrte Saywer an; Saywer starrte zurück, dann fletschte er die Zähne.
    „Alter“, sagte Luther. „Respekt.“
    Saywer schloss das Maul um seine spitzen, scharfen Zähne.
    „Was ist er?“, fragte Luther.
    „Ein Fellläufer.“
    „Ein Werwolf?“
    „Nicht direkt.“
    Rasch erklärte ich ihm, dass Saywer mehr war als nur ein Werwolf, mehr als bloß ein Hexenmeister.
    „Was bist du?“, fragte er.
    „Hellseherin.“ Die Sache mit dem Sex und der Empathie, der Geisterstimme und auch die psychometrischen Fähigkeiten behielt ich erst einmal für mich. „Wir nennen es Seherin. Ich sehe – höre – , was sie sind.“
    „Was sind sie denn? Dämonen?“
    „Halb Dämon, halb Mensch.“
    In seine Augen trat ein verträumter Blick. „Sie wirken überhaupt nicht menschlich.“
    In der Hinsicht hatte er recht.
    Ich nahm Luther den Talisman aus der Hand. Überrascht blinzelte er mich an, als hätte er gar nicht bemerkt, dass er ihn festhielt. „Sorry“, sagte er.
    Ich band Saywer das Ding um den Hals und trat einen

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