Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Phoenix-Chroniken: Glut (German Edition)

Die Phoenix-Chroniken: Glut (German Edition)

Titel: Die Phoenix-Chroniken: Glut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lori Handeland
Vom Netzwerk:
dafür wirst du mir niemals vergeben, oder?“
    „Willst du denn, dass ich dir vergebe?“
    Eine Minute lang dachte er darüber nach, dann schüttelte er den Kopf. „Ich habe nur getan, was getan werden musste.“ Er blickte in den strahlenden Himmel. „Genau wie du. Wir sind uns ähnlicher, als du denkst.“
    „Wir sind uns überhaupt nicht ähnlich.“
    Er gab keine Antwort … was schon Antwort genug war. Saywer hielt an seinen Überzeugungen fest. Ob ich nun einer Meinung mit ihm war oder nicht, das interessierte ihn nicht. Wenn ich es mir genau überlegte, war er mir in dieser Hinsicht sogar verdammt ähnlich.
    „Woher wusstest du, dass er hier war?“, wiederholte ich.
    Mit dem Finger tippte er sich an die Schläfe.
    „Stimmen?“
    Er schüttelte den Kopf.
    „Also was?“
    „Wie der Junge schon gesagt hat, es ist ein Summen. Bienen. Fliegen. Man spürt die Energie auf der Haut.“
    „Du spürst Dämonenjäger?“
    „Und Seher.“
    „Aber er hat die Nephilim gespürt.“ Ungläubig runzelte ich die Stirn. „Wie kann das sein?“
    „Bis zu einem gewissen Grad besitzen alle Dämonenjäger diese Fähigkeit. Sie erkennen das Böse, fühlen es, spüren es, manche können es sogar riechen. Aber ohne ihren Seher wissen sie nicht, um was genau es sich handelt. Dieser siebte Sinn bedeutet weniger Fehler.“
    „Möge die Macht mit ihnen sein“, murmelte ich.
    Verständnislos sah mich Saywer an. „Was?“
    Anspielungen auf Popkultur waren bei ihm vergeblich, keine Ahnung, warum ich mir überhaupt noch die Mühe machte.
    Wahrscheinlich konnte es manchmal wirklich verwirrend sein: Dämonen in einer Menschenmenge – welcher ist es jetzt? Man glaubt sie zu erkennen, aber vielleicht täuscht man sich auch. Doch wenn man sie fühlen, spüren und riechen kann, dann kann man auch ganz ohne jeden Skrupel morden. Bei mir funktionierte das zumindest.
    „Theoretisch“ – ich beugte mich hinunter, um mein Messer aufzusammeln und es zurück in den Hüftgurt zu stecken – „könnte der Dämonenjäger einfach ein Silbermesser in den Nephilim bohren und abwarten, ob er in Flammen aufgeht.“
    „Und wenn nicht, dann ist der Jäger tot. Da wartet man doch lieber auf die Informationen vom Seher und macht gleich Nägel mit Köpfen. Die Föderation wurde so aufgebaut, dass sie erfolgreich arbeitet, und zwar schon seit Ewigkeiten.“
    „Wenn sie so erfolgreich wäre, wären die anderen doch längst tot.“
    „Das werden sie auch eines Tages sein“, sagte er.
    „Glaubst du das wirklich?“
    „Nein.“
    Warum gab ich mich überhaupt noch mit Saywer ab?
    Luther erschien mit einem Rucksack, der ebenso ramponiert war wie seine Schuhe. Ganz deutlich erinnerte ich mich daran, wie ich selbst mit einem ähnlichen Paket, in das ich all meine Habseligkeiten gestopft hatte, auf Ruthies Matte stand.
    Über die möglichen rechtlichen Konsequenzen, ein Mündel des Staates – und womöglich nicht einmal dieses Staates, sondern Gott weiß welchen – mitzunehmen, machte ich mir keine Gedanken. Vielleicht würde jemand nach Luther suchen, und vielleicht würde ihn auch niemand suchen. Verschwanden Problemkinder, so schrieb man sie traurigerweise immer sofort ab.
    Für mich gehörte Luther bereits zur Föderation, und insofern fühlte ich mich für ihn verantwortlich. Um die Behörden würde ich mich kümmern, wenn wir die Erde vor der einfallenden Dämonenhorde gerettet hätten. Sollte es mit der Rettung allerdings nichts werden, gäbe es wohl auch niemanden mehr, der sich noch um Luther sorgte, was wohl der gegenwärtigen Situation entsprach.
    „Gibt es jemanden, der dich vermissen könnte?“, fragte ich ihn zur Sicherheit.
    Luther verdrehte bloß die Augen.
    „Wie kommt es denn“, fragte Saywer, während er uns zum Impala zurückführte, „dass du ausgerechnet in dieser Stadt, in dieser Straße und in diesem Haus gelandet bist?“
    „Hab mich einfach treiben lassen, weißt du?“
    Jimmy und ich hatten uns auch herumgetrieben, und da waren wir noch bedeutend jünger gewesen als Luther. In den Augen des Jungen sah ich etwas, das mich sehr an meine erste Begegnung mit Sanducci erinnerte: die große Klappe, hinter der er seine Angst verbarg, die Bedürftigkeit, die hinter seiner Maske hervorlugte.
    „Schien mir ein guter Ort zum Warten zu sein.“
    „Worauf denn?“, fragte Saywer.
    Luther zuckte die Achseln, das Spiel seiner Schulterblätter unter dem verschlissenen Hemd glich einem Löwen, dessen Knochen sich beim

Weitere Kostenlose Bücher