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Die Phrrks

Die Phrrks

Titel: Die Phrrks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gert Prokop
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gestanden hatte, gähnte nun ein großes, flaches, kreisrundes Loch…«
    »Klar!« rief Alice. »Preston und Lafontaine haben ihren Kerkermeister ins All gebeamt! Wo aber sind die beiden geblieben?«
    »Ich weiß es nicht«, gestand Napoleon. »Vielleicht sind sie bei dem Attentat draufgegangen.«
    »Das kann alles nicht sein«, unterbrach Earl. »Ich habe gelernt, daß der IMPORT beim Menschen nicht funktioniert.
    Sonst müßten wir nicht solche langwierigen Reisen machen, wir ließen uns einfach beamen.«
    »Stimmt, Lebewesen können nicht importiert werden«, bestätigte Napoleon, »es gibt Interferenzen.
    Am Zielort entsteht nur ein Imago, ein Scheinlebe-wesen.«
    »Aber Zeus denkt!« widersprach Earl.
    »Ich denke auch«, sagte Napoleon würdevoll, »bin ich deshalb ein Mensch? Zeus ist ein Imago. Deshalb muß er nicht essen, nicht trinken, deshalb regenerier-te sich sein Arm sofort. Er ist in der Tat unsterblich geworden, verdammt, von Ewigkeit zu Ewigkeit auf seinem Olymp zu hocken, es sei denn, jemand ist so gnädig und zerstrahlt den Olymp mit einer Nihilati-onsbombe.«
    »Sag mal, das klingt ja, als hättest du Mitleid mit 311
    ihm!« rief Alice.
    »Ich weiß, was es bedeutet, Jahrhundert um Jahrhundert dahinzuleben«, sagte Napoleon leise. »Ge-wiß, Zeus ist ein Imago, doch er ist sich dessen nicht bewußt.«
    »Er ist ein Scheusal«, erklärte Alice empört.
    »Wenn ich nur daran denke, wie er über Frauen spricht! Daß er jetzt ewig im All sitzen und seine Lokomotiven putzen muß, empfinde ich als gerechte Strafe.«
    »Sag mal, Napoleon, woher weißt du eigentlich soviel über Zeus?« erkundigte sich Earl.
    »Wir Reisecomputer haben einen Wunsch frei«, antwortete Napoleon, »eine Hobby-Datei, mit der wir uns unterwegs die Zeit vertreiben können. Ihr Menschen habt es einfach, ihr legt euch schlafen, aber unsereins? Wir müssen wach bleiben, selbst wenn die Reise ein, zwei Jahrhunderte dauert. Ich habe mir seinerzeit die Geschichte der Menschheit ausgesucht, mit Schwerpunkt auf alle ungelösten Fragen. Übrigens, hier ist Antwort von der Erde. Sie glauben kein Wort. Sie nehmen an, daß ihr vom Raumkoller befal-len wurdet und Halluzinationen habt.«
    Alice und Earl lachten laut auf.
    »Wieviel Energiereserven haben wir?« erkundigte sich Earl.
    »Achtunddreißig Mega-Erg«, antwortete Napole-on.
    312
    »Das dürfte reichen.«
    »Willst du den Olymp vernichten?« fragte Alice.
    »Nein, einen Schub geben, in Erdnähe bringen.
    Als eine Art Museum.«
    »Es gibt auf allen Kontinenten Verkehrsmuseen mit Hunderten von Lokomotiven«, sagte Napoleon ablehnend.
    »Nicht um die Eisenbahnen besichtigen zu lassen«, erwiderte Earl, »sondern diesen famosen Zeus.«
    »Ihn wie ein Zootier ausstellen?« fragte Alice entsetzt. »Da sollten wir ihn lieber nihilieren. Das wäre menschlicher.«
    »Ist er ein Mensch?« Earl sah Alice an. »Und war er menschlich, zeit seines irdischen Lebens?«
    313
    Ein Bild aus der Zukunft

    Vor Jahren einmal fotografierte mich K. ein seit langem mit mir befreundeter Bildreporter, in einem Augenblick schmerzhafter Verlorenheit. Er war gerade von einer Reportage zurückgekehrt und hatte noch zwei Aufnahmen auf dem Film, die er »so neben-bei«, wie er sagte, verschießen wolle.
    Erst nach langem Sträuben und nachdem ich ihn mit nahezu erpresserischen Drohungen verfolgt hatte, brachte er mir die Abzüge.
    Die Fotos erschütterten mich. Wie hatte K. dem ich überall so viel Lob vorgab, derart miserabel agieren können? Ich war kaum zu erkennen, und was zu erkennen war, war nicht ich.
    Ein alter, verfallener, zerfallender Mann saß da, ohne Hoffnung, ohne Chance, ein Bild des Elends.
    Ich verstand, warum K. sich so beharrlich geweigert hatte, mir diese Aufnahmen zu zeigen.
    Das bin nicht ich, sagte ich.
    Aber vielleicht wirst du es eines Tages sein, sagte er.
    Ach so, du kannst jetzt in die Zukunft fotografieren, spottete ich. Vergiß nicht, deine Erfindung zum Patent anzumelden. K. schwieg. Niemals, sagte ich, werde ich so aussehen; wie bist du nur so weit gesunken, daß du dir lieber eine Theorie zurechtlegst, 314
    statt einen Fehler zuzugeben? Ich verlangte, er solle die Negative sofort vernichten.
    Du weißt doch, sagte K. daß ich nie Negative vernichte. Aber ich verspreche dir, die Fotos niemandem zu zeigen, es sei denn, du gibst mir die Genehmigung.
    Da kannst du lange warten, entgegnete ich.
    Gestern fand ich die beiden Bilder beim Aufräumen. Wie gut, daß K. seinen Triumph nicht

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