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Die Pilatus-Verschwörung (German Edition)

Die Pilatus-Verschwörung (German Edition)

Titel: Die Pilatus-Verschwörung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf D. Sabel
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sich Herodes mit ihm abgeben.« Ich hielt dies für einen geschickten Schachzug, wusste ich doch, dass sich Herodes ebenfalls in Jerusalem aufhielt. Mochte der die Angelegenheit entscheiden, ich hatte dann immer noch Gelegenheit einzugreifen. Und während die Priester und die Volksmenge in lautes Murren und Klagen ausbrachen, stand ich auf und rief: »So er aus Nazareth in Galiläa kommt, untersteht er der Gerichtsbarkeit seines Fürsten, man wird ihn dorthin überstellen.«
    Mit dieser Maßnahme hoffte ich auf doppelten Erfolg. Zum einen hatte sich das Verhältnis zwischen Herodes und mir in letzter Zeit nicht zum Besten entwickelt. Schuld an diesem Zerwürfnis war unter anderem ein kleiner Zwischenfall, bei dem einige aufständische Galiäer auf meine Veranlassung zu Tode gekommen waren, was mir der Vierfürst verübelte, da sie doch seiner Gerichtsbarkeit unterstanden. Bei seinen immer noch guten Kontakten nach Rom aber glaubte ich, mir ein Zerwürfnis nicht leisten zu sollen. Schickte ich nun den Jesus von Nazareth, auch Galiläer, zu ihm, so erkannte ich die Gerichtsbarkeit dieses eitlen Mannes vor aller Augen an. Zum anderen fühlte ich mich in meiner Rolle als Richter über den Wanderprediger nun wirklich unwohl. Zu deutlich standen mir Claudias Worte vor Augen. Aber auch ein Blick in die Augen dieses Mannes hatte mich von seiner Unschuld bereits überzeugt.
    Froh also, die Sache erst einmal vom Hals zu haben, gab ich meinen Männern einen Wink. Sie nahmen den Gefangenen in ihre Mitte –fast machte es den Eindruck, als schützten sie ihn vor der aufgebrachten Menge – und brachten ihn weg.
    »Ich werde mitgehen, Präfekt.«
    Das war keine Frage, die Cornelius stellte, sondern eine Feststellung, und ich erteilte ihm gerne die Erlaubnis.
    Hatte ich gehofft, die Menge vor meinem Palast würde sich jetzt zerstreuen, sah ich mich getäuscht. Sie ließen sich schwatzend nieder und harrten der weiteren Ereignisse. Ich aber ging hinein, um mich etwas auszuruhen, und legte mich für einige Minuten auf eine Liege. Die Kopfschmerzen waren unerträglich geworden. Eine Dienerin legte mir einen kühlenden Minzeumschlag auf die heiße Stirn, andere brachten Wein, Gebäck und Obst. Auf meinen Wunsch ließ man mich allein. Ich weiß nicht, wie lang ich so lag, aber langsam entspannte ich mich, der Schmerz ließ nach, und ich begann die Welt wieder mit anderen Augen zu sehen. Es schien mir wie ein Albtraum gewesen zu sein, der vielleicht schon seinen Abschluss gefunden hatte. Erleichtert stand ich auf, ging auf die rückwärtige Terrasse, lobte mich selbst für meine Klugheit – und stieß auf Claudia, die mich mit fieberglänzenden Augen anstarrte. Ihre blütenweiße Tunika, ihr wachsbleiches Gesicht, die zitternden Hände – sie glich eher einem Gespenst als dem geliebten Weib früherer Tage.
    »Wie konntest du ihn dem Herodes überlassen? Hast du vergessen, was er dem Täufer angetan hat?«
    Ich biss herzhaft in einen Apfel, nahm einen gehörigen Schluck Wein und erwiderte in aller Ruhe: »Sorge dich nicht, Geliebte, er wird es nicht wagen, ihn zum Tode zu verurteilen. Er wird gewiss ...«
    In diesem Augenblick schwoll der Lärm von der Vorderseite des Hauses gehörig an, und ich sah irritiert zu Claudia. Zugleich hastete ein Legionär heran und salutierte flüchtig. »Verzeih, edler Präfekt, man bringt gerade den Gefangenen von Herodes zurück. Deine Anwesenheit ist wieder erforderlich.«
    Innerlich belegte ich den Fürsten, der mir das Problem zurückschickte, mit einem üblen Schimpfwort, aber ich hatte begriffen, dass ich mich auf diese Weise nicht des Problems entledigen konnte. Und während Claudia wortlos verschwand, begab ich mich wieder zu meinem Richterstuhl, das Leben und die ungerechten Götter verfluchend.Aber ich würde auch diese Aufgabe meistern – und ohne, wie Claudia sich ausdrückte, das Blut eines Gerechten zu vergießen.
    So dachte ich Narr jedenfalls!

XXXXVI.
     
    Im Besprechungsraum des Kölner Polizeipräsidiums herrschte unerträgliche Hitze. Dennoch waren alle Fenster geschlossen, weil niemand wusste, wo die Schlüssel für die Schlösser waren. Irgendwie funktionierte die Heizung nicht richtig. Entweder war es zu kalt, und die Beamten legten sich frostschaudernd die Schals um, oder es war wie jetzt zu heiß, und es herrschte tropische Hitze. Die Beamten der Mordkommission hatten ihre Jacketts abgelegt und schwitzten dennoch. Lediglich Kriminalhauptkommissar Müller hatte seine Jacke noch an

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