Die Pilatus-Verschwörung (German Edition)
hinzuhalten.
»Du kriegst dein Geld, mach dir keine Gedanken. Wir haben hier alles im Griff. Und jetzt noch einen schönen Urlaub, und grüß mir die Simone!«
Erleichtert legte er auf und griff nach einer Zigarette. Das wäre erst einmal geschafft! Jetzt ein paar Brötchen holen und dann ein gutes Frühstück.
Das Schicksal aber hielt weitere Überraschungen für ihn bereit. Als er vom Brötchenkauf zurückkam, fiel sein Blick auf den Zeitungskiosk am Chlodwigsplatz. In riesigen Lettern verkündete der »Express«: Mordserie in Köln – es geht um die geheimnisvollen Schriftrollen aus der Römerzeit. Liegt ein Fluch auf den uralten Schriften? Schon mindestens drei Tote! Polizei tappt noch im Dunklen. Mehr auf Seite 24!
Und auch die »Bild-Zeitung« war der Sache auf die Spur gekommen: Mysteriöser Schriftenfund in Kölner Kirche! Gibt es einen Zusammenhang mit dem Doppelmord in Rodenkirchen? Was steht in den Schriften? Welche Rolle spielt der Vatikan, der sich wie üblich in Schweigen hüllt? Bild ist auf der Spur!
Hellinger schnappte sich beide Zeitungen, warf dem verdutzten Mann zwei Euro zu, zog den Schal fester um den Hals und setzte sich auf die nächste Bank. Hastig überflog er den »Express«-Artikel.
»Natürlich Lejeune, der Schurke«, kam es aus gepressten Lippen. Der findige Journalist hatte entgegen seinem Versprechen nicht nur alles verwertet, was er erfahren hatte, er hatte auch den richtigen Zusammenhang mit dem Mord in Rodenkirchen hergestellt, den er aus dem Polizeibericht kannte. Das Ganze war in reißerischem Stil geschrieben und erinnerte mehr an einen Krimi als an sachliche Berichterstattung.
»... wie aus Polizeikreisen zu erfahren ist, war das ermordete Paar in Rodenkirchen offenbar kurzzeitig im Besitz der ominösen Rollen gewesen. Aber wer hat sie jetzt? Steckt gar der Vatikan dahinter? Was sagt der Kölner Erzbischof zu diesen Vorfällen, die ihren Ausgangspunkt in einer Kirche seiner Diözese genommen haben? Und welche Rolle spielen Frank H., Conny B. und der pensionierte Lehrer, die immer in der Nähe sind, wenn es Tote gibt? Haben sie wichtige archäologische Dokumente zum Schaden für die Wissenschaft unterschlagen? Die Polizei hat sie laufen lassen – jedenfalls für den Augenblick ...«
Unter dem Bericht eine große Aufnahme der Kirche St. Pantaleon und ein Bild von Hellinger, bei dem lediglich ein schwarzer Augenbalken ein völliges Erkennen verhinderte.
Hellinger ballte zornig die Hand. Maßlos übertrieben! Sie waren nie wirklich verdächtigt worden! Dieser Lejeune war ein gewissenloses Schwein. Offenbar wäre er bereit, seine Mutter ans Messer zu liefern, wenn ihn das weiterbrächte. Sein Gesicht wurde noch blasser, als er weiterlas:
»... wie Express erfuhr, haben die Denkmalspfleger der Stadt Köln über das Ordnungsamt eine Verfügung erwirkt, die das Betreten der Baustelle in St. Pantaleon ab sofort verbietet. Jetzt wird dort zum ersten Mal archäologisch geforscht. Die Zeit der Dilettanten und Grabräuber ist vorbei.«
Das trieb ihm die Zornesröte ins Gesicht. Dilettant! Grabräuber! Was musste er sich noch alles sagen lassen. Verdammte Journaille!
Bei genauerer Betrachtung hätte ihm allerdings der Gedanke kommen können, dass genau diese Formulierung auf ihn zutraf. Aber für solche Betrachtungsweisen war er im Augenblick wenig zugänglich. Er rollte die Zeitung zusammen und eilte zornbebend die wenigen Schritte nach Hause. Die Brötchen ließ er auf der Bank liegen ...
***
Schon am frühen Morgen, noch vor der Frühmesse, hatte man dem verdutzten Pfarrer Diefenstein eine Verfügung unter die Nase gehalten, nach der das Betreten der Krypta verboten war. Ein rotweißes Band hing träge vor dem Eingang ins Kellergewölbe und signalisierte, dass nur Befugte Zutritt hatten. Und die waren schon zwei Stunden später in Gestalt eines städtischen Archäologen und dreier studentischer Hilfskräfte erschienen.
Minuten später waren die Nachwuchsarchäologen mit dem entsprechenden Werkzeug in der Grube verschwunden, während der Dritte damit beschäftigt war, den Abraum, der ihm durch Körbe regelmäßig nach oben gereicht wurde, in einer Ecke zu entsorgen. Küster Blaschke, der das ganze Geschehen aus sicherer Entfernung beobachtete, wurde blass vor Zorn ob dieser gezielten Verschmutzung seiner Kirche. Währenddessen war der Archäologe, ein klapperdürrer Gelehrter mit übergroßer Nase und einem länglichen, blassen Gesicht, vollauf damit beschäftigt, die
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