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Die Pilatus-Verschwörung (German Edition)

Die Pilatus-Verschwörung (German Edition)

Titel: Die Pilatus-Verschwörung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf D. Sabel
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Amtstoga über dem Arm zurecht und blickte mich würdevoll, wie ich hoffte, um. Mein Blick fiel auf die Säulen, die in marmorner Pracht den Platz umgaben, auf die Geißelsäule, die in der Mitte angebracht war und der sofortigen Bestrafung Verurteilter diente, und auf die Volksmenge, die schweigend, aber mit finsteren Gesichtern vor dem Forum stand. In ihrer Mitte erkannte ich Kaiaphas und seine Tempelwächter, die einen gefesselten Mann umringten. Zu meiner Linken stand Gnäus Pompilius, der mir jetzt zuraunte: »Das ist der Mann, um den sie so viel Aufhebens machen.«
    Zu meiner Rechten stand Cornelius, der unruhig mit den Füßen auf dem Boden scharrte. Ein Blick zu ihm zeigte mir, dass ihm Schweißperlen auf der Stirn standen.
    »Bringt den Gefangenen her. Welche Vorwürfe erhebt ihr gegen ihn?«
    Sogleich begann ein diffuses Zetern und Geschrei, ohne dass man auch nur ein Wort hätte verstehen können. Gleichzeitig setzte sich der Zug langsam in Bewegung, wenn auch nur bis zu einer unsichtbaren Grenze. Weiter durften sie nicht gehen, da sie sich sonst verunreinigt hätten und ihr Passahfest nicht hätten feiern dürfen, ein wahrlich verrückter Menschenschlag! Sie blieben also stehen, gaben dem Gefesselten aber einen kräftigen Stoß, sodass er bis kurz vor das Podest taumelte. Während sich schlagartig eine unnatürliche Ruhe über die Menge senkte, erhielt ich endlich Gelegenheit, jenen Mann genauer zu betrachten, der uns allen so viele Scherereien machte.
    Ich gewahrte einen Mann von schlankem, hohen Wuchs, mit langen braunen Haaren und einem ebensolchen Bart, bekleidet mit einem groben grauen Gewand, das in der Mitte von einem Strick zusammengehalten wurde. Ein Mann, wie er wohl zu Tausenden in Judäa oder Galiläa, ja auch in Rom oder Syrien zu finden wäre, ein Fischer, ein Schäfer, ein Tuchweber oder Topfhändler. Ein ganz gewöhnlicher Mann eben, wenn ... wenn da nicht diese Augen gewesen wären, die mit unerbittlicher Klarheit bis tief in das Innerste seines Gegenübers blickten, rehbraun und von unergründlicher Sanftmut. Freilich war das ebenmäßig feine Gesicht von Wundmalen entstellt, man hatte ihn offensichtlich geschlagen, auch das Blut an seinem Gewand bestätigte dies. Dieser Mann hatte aber auch gar nichts von einem Aufrührer an sich, eher von einem ...
    »Bist du der König der Juden?«, rief ich mit einer Stimme, die über den ganzen Platz zu hören war. Ich benutzte dabei die aramäische Sprache, die ich leidlich beherrschte.
    Daraufhin blickte mich der Misshandelte an und sagte mit klarer Stimme: »Ich bin es!«
    Nun brach in der Volksmenge erneut großes Geschrei los, das erst abebbte, als Kaiaphas den Arm hob und das Wort nahm. »Du hörst es selbst, er gibt sich als unser König aus. Er bringt mit seinen aufrührerischen Worten das ganze Volk durcheinander.«
    »Wir sollen keine Steuern mehr zahlen!«, schrie ein anderer, ein langbärtiger Alter.
    »Er will den Tempel abreißen«, zeterte ein weiterer, seines Zeichens ein Hohepriester. Ich fragte bei meinem getreuen Pontillus nach, der mir auch als Dolmetscher diente, aber der bestätigte, dass ich richtig verstanden hatte.
    So hob ich meinen Arm, und augenblicklich kehrte Ruhe ein, ein gutes Zeichen, bestätigte es doch meine Souveränität. Wieder blickte ich den Angeklagten an, legte alle Strenge in den Blick, derer ich augenblicklich fähig war, und fragte: »Du hörst, was jene gegen dich vorbringen. Dein Volk und die Hohepriester haben dich hierher gebracht. Was also hast du getan?«
    »Mein Reich ist nicht von dieser Welt. Wäre mein Reich von dieser Welt, so hätten meine Diener gekämpft, auf dass ich den Juden nicht ausgeliefert würde. Aber mein Reich ist nicht von hier.«
    »Wenn du also ein Reich hast, so bist du doch ein König?«, erwiderte ich.
    »Ja, ich bin ein König. Ich bin dazu geboren und in die Welt gekommen, dass ich der Wahrheit Zeugnis gebe. Jeder, der aus der Wahrheit ist, hört auf meine Stimme.«
    »Was ist Wahrheit?«, fragte ich, erhielt aber keine Antwort, vielleicht aber auch deshalb, weil ich unwillkürlich ins Griechische verfallen war. Ratlos blickte ich mich um. Da raunte mir plötzlich die Stimme des Cornelius ins Ohr: »Frage die Ankläger, woher Jesus stammt.« Ich folgte diesem Rat, ohne seinen Sinn sogleich zu verstehen, und erhielt die Antwort: »Er stammt aus Nazareth.«
    »Naaazareth?«, fragte ich gedehnt nach. Ich hielt einen Augenblick inne und verstand. War das die Lösung? »So mag

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