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Die Pilatus-Verschwörung (German Edition)

Die Pilatus-Verschwörung (German Edition)

Titel: Die Pilatus-Verschwörung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf D. Sabel
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festnehmen, und mach ihm den Prozess wegen Hochverrats und Gotteslästerung, und zwar noch vor dem Fest!«
    Einen Augenblick sah ich die traurigen Augen von Claudia vor mir und die Verzweiflung in Cornelius’ Gesicht. Ich sah aber auch den toten Seianus und das strenge Gesicht des Tiberius vor mir. Wenn man nun nach Rom berichten würde, dass ich mich dem Aufruhr nicht in den Weg gestellt hätte. Und doch, alles, was ich von jenem sonderbaren Mann gehört hatte, klang nach Unschuld. Wie nun beiden Parteien gerecht werden?
    Auch dachte ich in meiner Einfalt immer noch, ich könnte beide Seiten zufrieden stellen. Jenem Prediger würde schon nicht das Schlimmste passieren. Aber ein kleiner Denkzettel könnte nicht schaden ...
    Ich war zu einem Entschluss gekommen.
    »Ihr habt selber Tempelwachen. Du magst ihn festnehmen lassen und hierher zum Verhör bringen! Dann werden wir sehen.«
    Und während sich Kaiaphas zufrieden verneigte, hatte ich den ungewissen Eindruck, dass die Parzen sich eifrig an meinen Lebensfäden zu schaffen machten.

XXXXII.
     
    Wenn man die breite Via della Conciliazone in westliche Richtung geht, führt sie den Spaziergänger schnurstracks zum Petersplatz und von dort in den Vatikan. An normalen Tagen wälzt sich ein breiter Strom von Touristen über diese Straße, umgeben von einer Schar fliegender Händler, die allerlei religiösen Kitsch, den die Welt eigentlich nicht braucht, an den Mann oder die Frau bringen möchten. Aber jetzt, um diese Zeit, waren nur wenige Passanten unterwegs, und auch die Händler, die trotz (oder wegen) des Weihnachtsfestes auf einen guten Umsatz hofften, hatten ihre Stände noch nicht aufgeschlagen. Die Touristen frühstückten noch in ihren Hotels oder Pensionen und stärkten sich für einen weiteren anstrengendenTag. Die Einheimischen lagen meist noch in ihren Betten und erholten sich von den langen Feiern des Vorabends. Eine milde Sonne tauchte die Straßen und Plätze in romantisches Gold.
    Ein noch recht junger Mann eilte an diesem frühen Weihnachtsmorgen über die Via della Conciliazone in Richtung Vatikan, aber man hätte fast glauben können, er lief. Sein wallendes Haar flatterte ebenso im leichten Wind wie die schwarze Soutane mit dem violetten Saum, den gleichfarbigen Knöpfen und dem Zingulum, das ihn als Monsignore auswies, dem Ehrentitel für päpstliche Hauskapläne. Die wenigen Passanten drehten sich nach ihm um, denn der Geistliche bot ein seltsames Bild. Sein gut aussehendes Gesicht machte einen gehetzten Eindruck, die Beine, behindert durch die Soutane, stolperten mehr, als dass sie liefen, immer wieder schien er sich voller Furcht umzublicken.
    An der Ecke zur Via dei Penitenzieri geschah es. Gerade wollte der eilige Monsignore die schmale einmündende Straße überqueren, da schoss aus der Via ein kleiner Lastwagen heraus, ein Gefährt, wie es oft von Pizzadiensten oder ähnlichen Kleinunternehmen gefahren wird. Die bunte Aufschrift auf den Seiten nannte einen Pizzadienst Guiseppe Monteneri als Eigentümer. Der Monsignore sah den Wagen auf sich zukommen, sein Gesicht verzerrte sich vor Angst und Panik, seine Lippen formten einen stummen Schrei. Er versuchte noch zurückzutreten, aber zu spät. Ein gellender Schrei, der Wagen erfasste ihn, zog ihn fast mit sich und überrollte ihn mit einem Hinterrad. Voller Entsetzen beobachteten zwei junge englische Touristen das Geschehen, und ihre Fassungslosigkeit steigerte sich noch, als sie sahen, dass der Fahrer ungerührt und in erhöhtem Tempo seine Fahrt fortsetzte.
    Zwei Tage später würde im »L’Osservatore Romano« ein kleiner Artikel vom bedauerlichen Ableben des französischen Monsignore Andreé Dupontville berichten, der bei einem Verkehrsunfall umgekommen sei. Die Polizei fahnde noch nach dem Fahrer, der Fahrerflucht begangen habe. Sachdienliche Hinweise nehme die Zeitung, aber auch jede Polizeidienststelle gerne entgegen ...

    ***

    Es gibt ohne Zweifel angenehmere Orte als die Vernehmungsräume der Kölner Kriminalpolizei, an denen man den ersten Weihnachtstag verbringen könnte. Das neue Präsidium in Köln-Kalk atmete auch an Weihnachten genau jene nüchterne und geschäftliche Betriebsamkeit, die man sich für eine solche Behörde vorstellt. Lange, kahle Gänge mit langweiligen Postern, ungemütliche, karg eingerichtete Diensträume und schlecht gelaunte Beamte, die mit Wehmut an die Gemütlichkeit ihrer weihnachtlich geschmückten Wohnungen dachten.
    Man hatte versucht, dem

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