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Die Pilatus-Verschwörung (German Edition)

Die Pilatus-Verschwörung (German Edition)

Titel: Die Pilatus-Verschwörung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf D. Sabel
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alles erinnerte an römische Städte und bildete einen wunderbaren Kontrast zu den Marktplätzen und engen Gassen der Unterstadt.
    Dieser Stadtteil, durch den wir gerade ritten, war von einem einzigartigen Gewirr fremder Sprachen und Gerüche erfüllt. Da gab es das Feilschen und Verhandeln der Händler, Münzwechsler versuchten wie überall in der Welt, ihre Kunden zu betrügen, Kaufleute priesen mit wildem Gestikulieren ihre Waren an, Bauern boten Obst und Gemüse feil. Dazwischen wurden blökende Rinder und Schafe zum Tempelbezirk getrieben, meist, wie ich wusste, zu Opfertieren bestimmt. Kinder wuselten durch die Menge, in der Regel schmutzig und mit elender Kleidung, Bettler, die noch ärmer gekleidet waren und ihre gichtigen Finger nach den Pilgern um ein Almosen ausstreckten, Taschendiebe, die ihrem ertragreichen Gewerbe in der wogenden Menge nachgingen. Die Menge hinderte zunehmend unseren Zug, und es bedurfte des Öfteren der Peitsche, damit man uns durchließ, was bei Claudia jedes Mal ein schmerzhaftes Zucken hervorrief, wie sie mir später gestand. Sie hatte inzwischen auf mein dringendes Anraten das Kamel mit einer geschlossenen Sänfte vertauscht.
    Obwohl dies alles für mich sehr interessant war – kam ich doch nicht jeden Tag durch diese Gassen – waren wir alle froh, als wir ohne Zwischenfall die Burg Antonia erreicht hatten.
    Claudia zog sich erschöpft in ihre Privaträume zurück, und ich erfrischte mich in dem kleinen Bad von der Reise. Danach war ich bereit, den Lagebericht meines Tribuns zu hören.
    »Es ist alles ruhig, Präfekt, wir haben alles im Griff. Gestern konnten wir sogar einen Mann festnehmen, den wir schon lange gesucht haben.«
    »Wer ist es?«
    »Ein gewisser Barrabas. Er ist ein Zelotenführer, der aber auch nicht davor zurückschreckt, harmlosen Händlern die Kehle durchzuschneiden, um an ihre Waren zu kommen. Außerdem haben wir bei ihm ein umfangreiches Waffenlager entdeckt. Vermutlich haben er und seine Leute für die nächsten Tage einen Aufruhr geplant. Er ist für etliche Überfälle auf unsere Posten verantwortlich.«
    Ich nickte zufrieden. »Gut, Tribun! Was noch?«
    »Zwei weitere Räuber und Mörder namens Gesmas und Dismas konnten wir ebenso dingfest machen. Seit vielen Jahren haben sie das Grenzgebiet zu Ägypten unsicher gemacht und viel Blut vergossen. Du musst ihr Todesurteil nur noch bestätigen. Ach, und dann bittet dich Kaiaphas so bald als möglich um ein Gespräch.«
    Ich runzelte die Stirn. Ich hatte gehofft, ihn für einige Tage loszuwerden, und doch wusste ich, dass diese Hoffnung müßig war. Natürlich war auch er zum Fest hier. So griff ich nach dem Glas, in dem ein Sklave sorgsam Wasser und Wein vermischt hatte, und sagte nur: »Gut, so sei es. Sag ihm, dass wir morgen reden können. Wie üblich wird er die Antonia nicht betreten wollen, so werde ich ihm auf dem Hof entgegenkommen. Bereite alles vor!«
    Damit war der Offizier entlassen, und ich konnte nach Claudia sehen.
    Claudia wirkte seltsam bedrückt, doch mochte sie mir den Grund ihres Zustandes nicht mitteilen. Erst von Cornelius erfuhr ich später, was in ihr vorging.
    »Niemand kann sagen«, berichtete er mir, »was genau passieren wird, aber wir spüren alle, dass große Dinge geschehen werden.«
    »Große Dinge? Was, bei Mars, meinst du damit?«
    Es schien mir, dass Cornelius bei der Erwähnung unseres Kriegsgottes schmerzlich zusammenzuckte, doch er fuhr fort: »Ich habe die letzten Tage in der Nähe dieses Mannes verbracht, den du mir zu beobachten befahlst.«
    »Diesen Jesus von Nazareth?«
    »Ja, eben diesen. In der letzten Zeit hat er häufig ... äh ... Anspielungen gemacht.«
    »Könntest du dich vielleicht etwas deutlicher ausdrücken, alter Freund?«
    »Nun ...«, Cornelius druckste herum und blickte wie geistesabwesend durch den Raum. »Noch vor drei Tagen haben wir vor dem großen Tempel gestanden, und er sagte: ›Es werden Tage kommen, da wird von dem, was ihr seht, kein Stein auf dem anderen bleiben; jeder wird niedergerissen werden.‹«
    Ich blickte Cornelius ratlos an. »Wie meint er das?«
    Cornelius schüttelte den Kopf, und seine Miene verdüsterte sich. »Ich weiß nicht, Präfekt, er machte einen niedergeschlagenen, fast verzweifelten Eindruck. Viel Volk ist zu ihm in den Tempel geströmt, um ihn zu hören, aber er spricht nur in Rätseln. Er spricht davon, dass er vom Vater ausgegangen sei und jetzt wieder zu ihm zurückgehe. Er sei der Weg und die Wahrheit, und wer

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