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Die Pilatus-Verschwörung (German Edition)

Die Pilatus-Verschwörung (German Edition)

Titel: Die Pilatus-Verschwörung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf D. Sabel
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kenne aber den Namen dieses Mannes nicht.«
    Ich aber kannte ihn.
    Ich versuchte Ruhe und Gelassenheit zu bewahren und sagte mit kühler Stimme, wobei ich das Zittern der Stimmbänder zu unterdrücken suchte: »Mach alles im Forum bereit. Ich werde mich ankleiden und eine Winzigkeit zu mir nehmen. Dann stehe ich zur Verfügung.« Aber noch während Gnäus Pompilius den Raum verließ, kam Claudia herein, leichenblass und mit Tränen in den Augen. »Es ist so weit, Gaius. Heute wird sich entscheiden, ob du unschuldiges Blut an deinen Händen haben wirst oder nicht. Heute werden wir ...«
    »Liebste, es ist jetzt nicht an der Zeit für solche hochfahrenden Reden.«
    Ich versuchte, sie nicht anzufahren, es muss mir aber misslungen sein, denn die Tränen schossen ihr sturzbachartig aus den Augen. Sie klammerte sich an meinen Arm und rief mit erstickender Stimme: »Versündige dich nicht an diesem Gerechten. Ich habe heute Nacht von ihm geträumt und um seinetwillen viel gelitten.«
    Und dann erzählte sie mir von ihren Träumen, in denen ein unbotmäßiges Volk eine herrliche Zeder, in deren Ästen eine vielköpfige Schar von Vögeln wohnte, fällen ließ und dabei selbst in hoher Zahl zu Tode kam.
    »Während ich noch über diesen Traum nachsann«, fuhr sie atemlos fort, »näherte sich ein Schwan mit blendend weißen Federn und schwamm an dem Gestade vorbei, an dem ich weilte. Da stürzten sich aus schwarzen Wolken raubgierige Falken, umkreisten ihn mit wüstem Gekrächze und zerfleischten ihn endlich mit ihren scharfen Schnäbeln.«
    Ich verstand nichts von ihren wirren Träumen, und in meinem Kopf gingen die Gedanken wunderliche Wege.
    Es klopfte. »Edler Präfekt, man wartet auf dich!«
    »Ich komme, Tribun!«
    Ungerührt fuhr Claudia mit ihrer grausigen Schilderung fort. »Du glaubst nicht, wie viel Leid sich eines Menschen im Traum bemächtigen kann. Denn ich sah einen geräumigen Wald, in welchem Jäger weite Fangnetze aufgestellt hatten, ich hörte das Gebell der Hunde, das das Wild aufstöberte. Es währte nicht lange, so schaute ich in den Schlingen ein ungleiches Paar verstrickt, einen Hirsch und einen Wolf. Da kündete es die Stimme des Jagdherrn, man möge den Wolf in die Freiheit entlassen, den stolzen Hirsch aber mit Spießen töten. So geschah es, und mit unglaublicher Rohheit stürzten die Burschen auf das edle Tier und schlachteten es. Doch ein schreckliches Unwetter verbreitete sich über den Wald und entlud sich in furchtbaren Blitzen und Donner, und all die Mörder wurden von ...«
    Wieder die ungeduldige Stimme meines Tribuns: »Verzeih, Präfekt, man wird ungeduldig!«
    In der Tat schwoll der Lärm vor meinem Palast zu ungeahnter Lautstärke, aber ich presste mein Ohr an die Lippen Claudias um von ihrem ersterbenden Flüstern nichts zu verpassen.
    »... dem Unwetter vernichtet! Siehe, Geliebter, Jesus ist jene Zeder, die von neidischen Bewohnern gefällt werden soll, er ist der Schwan, den die blutgierigen Pharisäer zu morden trachten, er ist der Hirsch, der zur Schlachtbank geführt wird. Und alle, mein Gemahl, alle, deren Hände vom Blute des Gerechten besudelt sind, werden in furchtbarer Strafe umkommen, denn jener ... jener ist wahrhaftig ein heiliger Prophet, der Sohn eines Gottes!«
    Ihre letzten Worte waren nur noch gehaucht, aber sie dröhnten in meinen Ohren wie die Fanfaren der Legionen.

XXXXIV.
     
    Weihnachten war vorbei, und der Winter, für die Romantiker zweifellos zu spät, meldete sich nachdrücklich zurück. Ein eisiger Wind fegte durch die Rheinmetropole und ließ die Menschen nach ihren schon versteckten Mänteln und Schals greifen. Die, die »zwischen den Jahren«, wie man hier zu sagen pflegte, ein paar Tage Urlaub hatten, genossen die Zeit in der heimeligen Atmosphäre ihrer gut geheizten Wohnzimmer. Wer aber zum Arbeiten verurteilt war, zog grummelnd die Wintersachen an und trotzte den eisigen Böen.
    Frank Hellinger gehörte zu den privilegierten Urlaubern, war aber nicht in der Lage, die freie Zeit zu genießen, zu sehr steckten ihm die Vorfälle der letzten Tage in den Knochen. Schon am frühen Morgen erwartete ihn eine unliebsame Überraschung. Ein besorgter Anruf aus dem verschneiten Sölden hatte ihn erreicht. Kollege Heinen wollte in barschem Ton wissen, was da los war und insbesondere, wie es denn mit der Belohnung aussähe, denn auch in Österreich las man Kölner Boulevardzeitungen. Nur schwer gelang es dem angeschlagenen Hellinger, den Kollegen

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