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Die Pilgergraefin

Die Pilgergraefin

Titel: Die Pilgergraefin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Mittler
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bewachsenen Boden zusammen. Niemals würde sie Rom erreichen, um dort ihre Sünden zu sühnen. Niemals würde sie die nach dem gewaltsamen Tod ihres Mannes dem Wahnsinn anheimgefallene Mutter wiedersehen. Ach, wie sie die Eltern vermisste, die stets auf ihr Wohl bedacht gewesen waren – und Konrad! Kurz schweiften ihre Gedanken auch zu ihrer Cousine Mathilde, der mit ihrem jähzornigen Mann ein weniger glückliches Los als ihr beschieden war.
    Und niemals würde sie Cathérine, die geliebte Schwester, wieder umarmen können.
    Mann und Kind waren tot – warum nur war ihr bei dem Steinschlag nicht das gleiche Schicksal widerfahren wie Anna?
    Schließlich nahm sie die Hände von den brennenden Augen, rollte sich zusammen wie ein Kind im Mutterleib, und das Letzte, was sie sah, bevor sie die Lider schloss und darauf hoffte, bald zu sterben, war Tarras, der sich davontrollte.
    Nun war auch noch ihr einziger Begleiter fort, und Leonor erzitterte vor Angst und Einsamkeit. Nie hätte sie gedacht, dass ein Mensch sich so verlassen und allein fühlen konnte.
    „Joséphine, schau, was ich uns mitgebracht habe!“, rief Robyn, als er die Gaststube betrat.
    Sogleich kam die Wirtin aus der Küche geeilt und machte tellergroße Augen beim Anblick des gerupften Kapauns, den der Chevalier ihr vor die Nase hielt.
    „Beeil dich, Joséphine. Bereite uns eine gute Mahlzeit zu. Ich werde derweil nach Jérôme schauen.“ Er überreichte ihr auch das Wurzelgemüse sowie die restlichen Pfirsiche und das, was von dem knusprigen Brot, mit dem er unterwegs seinen größten Hunger gestillt hatte, noch übrig war.
    „Und ach, Joséphine …“ Etwas verlegen senkte Robyn den Blick. „Ich werde noch einige Tage in Avignon verweilen, und das wäre doch eine gute Gelegenheit …“, er räusperte sich, „… meine und Jérômes Leibwäsche zu säubern. Hast du noch eine Waschmagd?“
    Auch Joséphine schien leicht verlegen bei dem Gedanken, Bruche und Untergewand des stattlichen Chevaliers zu reinigen, doch sie fasste sich rasch und meinte: „Nein, Sieur, die Mägde musste ich alle entlassen, denn ich konnte ihren Lohn nicht mehr bezahlen, ebenso wie ich Teile des Mobiliars und anderes veräußern musste, um über die Runden zu kommen, seit mein lieber Mann …“
    „Was deinen Gatten betrifft, so sprechen wir darüber, sobald uns allen nicht mehr der Magen knurrt“, versprach Robyn.
    Joséphine sah ihn hoffnungsvoll an und knickste. „Ich werde mich beeilen mit dem Mahl. Und wenn Ihr mir ein paar Sous gebt, so werde ich gerne Eure … Leibwäsche ins Waschhaus bringen.“
    Robyn händigte ihr einige kleine Münzen aus und wandte sich der Stiege zu, um in die Kammer zu gelangen, in der sein Knappe lag und wo auch er eine unruhige Nacht auf dem einfachen Strohsack verbracht hatte. Bevor er die schmale Holztreppe hinaufstieg, wandte er sich noch einmal um.
    „Hat der Medicus ein weiteres Mal nach Jérôme gesehen?“
    Joséphine schüttelte den Kopf. „Nein, Chevalier. Er hat nur seinen Gehilfen geschickt, der ausrichtete, sein Herr würde erst dann wiederkommen, wenn man ihn für seine Bemühungen honoriert. Allein der Huflattichsaft, den er dem Kranken dagelassen hat, kostet fünf Sous.“
    Robyn schüttelte den Kopf. Immerhin kannte Docteur Eusebius ihn, seit er vor zwei Jahren seine Schwertwunde behandelt hatte, und wusste, dass er die Rechnung nicht schuldig blieb. Zum Glück hatte der König ihn mit einem wohl gefüllten Säckel auf die Reise geschickt. Er entnahm der Geldkatze einige weitere Münzen und reichte sie der Wirtin.
    „Sobald du den Vogel im Ofen hast, gehst du zu Docteur Eusebius und bittest ihn, noch am heutigen Nachmittag nach Jérôme zu sehen.“
    Joséphine nickte, nahm das Geld in Empfang und begab sich in die Küche, um die Vorbereitungen für das Mahl zu treffen.
    Derweil stieg Robyn hinauf zu der Kammer, öffnete die niedrige Tür und stieß sich prompt den Kopf am Querbalken.
    „Au!“, schrie er und fasste sich an die Stirn.
    „Ah, Chevalier!“, rief Jérôme von seiner Bettstatt. „Sollte nicht eigentlich ich derjenige sein, der Wehrufe ausstößt?“
    Robyn betrachtete seinen Knappen und befand, dass er ein wenig besser aussah als am Vortag. „Wie geht es dir, mein Junge?“
    „Nun, so gut es einem mit mehreren gebrochenen Rippen und einem Anfall von Lungenfieber eben gehen kann, Chevalier“, entgegnete Jérôme, bemüht, auf seine gewohnte humorvolle Art zu antworten.
    Robyn entging jedoch

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