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Die Pilgerin von Montserrat

Die Pilgerin von Montserrat

Titel: Die Pilgerin von Montserrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa S. Lotz
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der Abt stöhnte, »… vergreifen!«
    »Warum musste der Abt Hieronymus sterben?«, fragte Teresa mit eindringlicher Stimme.
    Die Röte schoss dem ehemaligen Bibliothekars ins Gesicht. »Weil er uns in den Weg getreten ist, der uns vorgezeichnet war!«
    »Und was war mit der Chronik?«
    »Ihr Verschwinden diente lediglich dazu, Euch zu verwirren. Ich wusste, dass Markus Schenk eine Abschrift davon gemacht hatte.«
    »Doch Ihr wusstet sicher nicht, dass Markus eine Abschrift an Gabriel Montaña geschickt hat?«
    »Dieser gottverdammte …« Das Zurücksinken seines Kopfeszeigte Teresa, dass er verschieden war. Welch ein Hass war in diesem Mann, dass er sich auch im Tode nicht mit seinen vermeintlichen Feinden versöhnte!
    »Wir brechen ab«, rief Hugo. »Heute Nacht können wir nichts mehr ausrichten. Morgen werden meine Männer den Wald durchkämmen. Schafft den Wagen heraus und bringt ihn in das Kloster. Bis zum Morgengrauen werden wir ihn streng bewachen.«
    Völlig übermüdet und mit schrecklichen Kopfschmerzen folgte Teresa dem Zug, der sich am Friedhof vorbei den Weg hinunter begab, durch das schlafende Dorf und hinein in das Portal des Klosters. Ein verwunderter, schweigender Mönch hatte es ihnen geöffnet. Markus war die ganze Zeit stumm neben Teresa hergeritten. Es war gut, dass er da war, er war das Einzige, was sie an Gutem von der langen Reise mitgebracht hatte. Doch nun war ihr übel, und sie hatte keinen dringenderen Wunsch, als eine der Zellen aufzusuchen, sich auf die Strohmatratze sinken zu lassen und zu schlafen.
    Am Morgen war der hämmernde Schmerz einem leichten Ziehen gewichen, das sofort verschwand, nachdem Teresa einen Blick aus dem Zellenfenster geworfen hatte. Die Zelle hatte ihr der Infirmarius angewiesen, als sie völlig erschöpft von den nächtlichen Ereignissen mit den anderen im Kloster angekommen war. Die Mönche hatten gerade ihre Matutin beendet und sich angeschickt, noch einmal in ihre Zellen zu gehen und bis zu den Laudes zu schlafen. Draußen war ein Frühlingstag erwacht, wie ihn Teresa so noch niemals erlebt hatte. Ein Kirschbaum war über und über mit weißen Blüten übersät, die Linde am Brunnen trug zartgrüne Blätter, und in der Nähe schmetterte eine Singdrossel ihr Morgenlied. Die Luft war von einem lieblichen, leicht würzigen Duft erfüllt.
    Teresa zog ihre Pilgerkleidung an, damit sie sich von den Mönchen des Klosters nicht zu sehr abhob, und ging nach draußen. Das Frühstück nahm sie im Refektorium zusammen mit Markus, Hugo und Matthias ein. Auch der Infirmarius hatte sich zu ihnen gesellt. An einem anderen Tisch saßen die Lateinschüler und platzten fastvor unterdrücktem Lachen. Wahrscheinlich hatte ihnen niemand etwas über die nächtliche Verfolgungsjagd gesagt.
    »Es gab eine Schießerei heute Nacht«, hörte Teresa den einen sagen.
    »Wen hat’s denn erwischt?«, fragte ein anderer.
    »Es sollen Räuber gewesen sein, die den Klosterschatz stehlen wollten, heißt es«, meinte der Erste.
    Seit wann durfte denn während des Essens geredet werden? Gleich darauf erschien der Prior in der Tür, nach dem Ableben des Abtes sein vorläufiger Stellvertreter.
    »Werdet ihr wohl ruhig sein!«, schimpfte er.
    Der blonde Matthias, der gegenüber von Teresa saß, lächelte dazu.
    »Ich hab’s mitbekommen, Schwesterchen«, sagte er. »Ich war ja die ganze Zeit da draußen. Und Gott sei Dank ist jetzt der Spuk vorbei.«
    »Noch nicht ganz«, meinte sie. »Werner von Wildenberg ist noch auf freiem Fuß.«
    »Ich habe in aller Frühe meine Männer ausgesandt, um ihn zu suchen, aber ohne Erfolg«, mischte sich Hugo, der Anführer der Hakenschützen, ein. »Jetzt mussten sie auch eine Mütze voll Schlaf holen, sonst wären sie mir zusammengebrochen. Die Bewacher der Menora wechseln sich ab, da braucht Ihr keine Sorge zu haben.«
    »Wir sind Euch zu tiefstem Dank verpflichtet«, sagte Teresa. »Ohne Euch wären die beiden über alle Berge gewesen.«
    »Da sei Gott vor«, meinte Hugo und lachte.
    »Was soll denn nun weiter geschehen?«, wollte Teresa wissen.
    Der Prior schaute streng in ihre Richtung, so dass sie das restliche Mahl schweigend einnahmen und das Gespräch später draußen fortführten. Auch der Prior nahm daran teil. Er hatte die Wichtigkeit dieser Besprechung eingesehen und die nächsten Gebete für den Morgen erlassen.
    »Was sich in unseren Mauern gefunden hat, ist von überragender Bedeutung nicht nur für die Christenheit, sondern für alle

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