Die Pilgerin von Montserrat
Markus sie draußen beiseite.
»Heute ist Schlachttag im Kloster«, sagte er hinter vorgehaltener Hand.
»Ambrosius und Matthias haben mir nichts davon gesagt«, erwiderte sie und zuckte die Achseln.
»Du wirst den ganzen Tag mit dem Kochen der Wurstbrühe beschäftigt sein. Denk darüber nach, wo wir künftig unsere Treffen abhalten könnten.«
»Warum – ist es denn in der Wohnung des Abts nicht mehr möglich?«
Einige der Mönche, die aus dem Refektorium kamen, schauten zu ihnen herüber.
»Wir sehen uns heute Abend«, flüsterte Markus ihr noch zu und verschwand in Richtung Kirche. Sie folgte ihm in einigem Abstand.
Während des Gottesdienstes musste sie unablässig auf die Stelle schauen, an der gestern Nacht die Fledermaus gelegen hatte. Sosehr sie ihre Augen auch anstrengte und zusammenkniff, sie konnte nicht einmal einen Fleck entdecken. Nach den Morgengebeten fand sie sich in der Küche ein. Ambrosius, der Koch, stand schwitzend an einem Großkessel, dessen brodelndes Wasser die Küche in Dampf hüllte. Als Erstes reichte er ihr eine Schürze aus grobem Leinen. Er selbst trug eine, die schon recht verfleckt aussah.
»Gott zum Gruß, Ambrosius«, sagte sie. »Ich habe gehört, heute würde geschlachtet im Kloster. Welche Tiere wird man dafür nehmen?«
»Der heilige Benedikt hat zwar verboten, das Fleisch vierfüßiger Tiere zu essen, aber dennoch werden heute zwei Schweine geschlachtet, eine Kuh und sechs bis zehn Enten. Wir sind geheißen, aus dem Schweinefleisch Würste und Schinken zu machen, aus der Kuh Braten und schöne Stücke für den Librarius und die Kranken. Morgen wird der Abt zurückerwartet, er soll mit einer herzhaften Mahlzeit erfreut werden. Die Enten werden für heute Abend zurechtgemacht und dann knusprig am Spieß gebraten.«
Aus der Ferne hörte Teresa das Schreien und Quieken der Tiere, dazwischen Geschnatter von Enten. Es tat ihr jedes Mal leid, wenn ein Tier zu Tode kommen musste, nur weil Menschen es verzehren wollten. Aber sie war selbst eine Genießerin und wollte nicht auf Fleisch verzichten. So nahm sie es hin, hoffte nur, dass die armen Kreaturen nicht lange leiden mussten.
»Zunächst einmal schälen und schneiden wir Zwiebeln für die Suppe«, erklärte Ambrosius. »Dann kommen gestoßene Pfefferkörner, Majoran und Wurzelwerk hinein. Schließlich bereiten wir Leber-, Blut- und Kochwurst aus dem Fleisch der Tiere. Die Wurstbrühe gibt es als Brotsuppe mit Kraut zum Mittagessen.«
Teresa stellte sich an den Holztisch und nahm ein Messer vom Haken an der Wand.
»Grüß Euch Gott«, ertönte eine helle Stimme. Matthias kam von der Lateinschule zur Küchenarbeit.
»Du kannst Teresa helfen, Zwiebeln zu schneiden und Pfeffer zu zerstoßen«, beschied Ambrosius.
Beim Schälen und Schneiden der Zwiebeln kamen Teresa die Tränen. Sie schniefte heftig. Ambrosius warf die Stücke in das kochende Wasser. Derweil hatte Matthias begonnen, in einem hölzernen Mörser Pfefferkörner zu zerstampfen. Die Helfer aus der Landwirtschaft brachten die Schweine- und Rindshälften. Es roch nach Blut und Exkrementen. Ambrosius schnitt zunächst allen Tieren die Herzen und die Lebern heraus und warf sie in den Brühtopf. Einer der Männer hatte einen großen Holzeimer mit Schweineblut gebracht. Matthias rührte mit einem Holzschöpflöffel um, der fast so groß war wie er selbst.
»Komm, lass mich das machen«, meinte Teresa und nahm ihm den Löffel aus der Hand. Matthias half den anderen beim Zerlegen des Fleisches und reinigte die Därme mit warmem Wasser. Ambrosius füllte Blut, Gewürze, frischen Rahm und Speckstücke in die Därme und ließ sie in der Brühe sieden. Desgleichen stellte er Leberwürste her, indem er auf einem Holzbrett Fleisch vom Schweinenacken, Bauchfleisch und Leber in weitere Därme steckte, weißen Pfeffer, Kardamom und Thymian hinzugab. Er band die Enden der Därme mit dünner Schnur zusammen und ließ sie zu den Lebern und Herzen in die Brühe gleiten.
Teresa schöpfte den hochkochenden Schaum mit einem Löffel ab. Die Suppe roch appetitlich würzig. Später würden die Mönche bei Tisch ihr Brot hineinbrocken. Mittlerweile hatten die Männer dasübrige Fleisch in Stücke zerlegt und die Schinkenstücke zum Räuchern fertiggemacht. Die Schinken würden in die Räucherkammer gehängt werden, aber zuerst mussten Matthias und Teresa sie pökeln, das heißt, mit Salz einreiben und lageweise aufeinander schichten. Diese Arbeit wollten sie am Nachmittag
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