Die Pilgerin von Montserrat
dann?«
Teresa erbleichte. Barbara sprach Befürchtungen aus, die sie selber schon länger hegte.
»Das Unheil wird kleiner sein, wenn wir in den Besitz des Kandelabers gelangen, dessen sei gewiss«, beruhigte sie die Schwester.
»Wir werden ihn auf unsere Burg zurückbringen, wo er rechtmäßig hingehört«, warf Froben ein.
»Ich werde euch ein Sprüchlein mit auf den Weg geben«, sagte Barbara. »Merket: Was immer ihr in der Ferne sucht, in der Nähe wird es euch einholen.«
»Was bedeutet das?«, fragte Teresa. Ihre Schwester hatte es schon immer geliebt, in Andeutungen und Rätseln zu sprechen.
»Ihr werdet es erfahren«, sprach die Nonne. »Und jetzt erteile ich euch meinen Segen.
»Bis wir uns mal wiedersehen,
hoffe ich, daß Gott euch nicht verlässt;
er halte euch in seinen Händen,
doch drücke seine Faust euch nicht zu fest. «
Markus war inzwischen herangetreten und gab Barbara die Hand.
»Er ist ein guter Gefährte«, sagte sie und strich ihm übers Gesicht. »Ich merke es an seinem Händedruck.«
Ich finde auch, dass er ein guter Gefährte ist, dachte Teresa.
»So wollen wir jetzt Abschied nehmen, damit wir unserem Ziel heute noch ein wenig näher kommen«, meinte Froben. »Behalte das, was du von uns erfahren hast, still in deinem Herzen.«
»Du weißt doch, ich konnte schon immer schweigen wie ein Grab. Und hier kann mir nichts passieren.«
Sie wandten sich zum Gehen. Teresa blickte sich noch einmal um und sah die Schwester unter dem Baum sitzen, die Augen zu den Zweigen eines Apfelbaums gewandt. Ob sie Barbara so friedlich wiedersehen würde? Doch sie wischte alle trüben Gedanken beiseite, ging mit den beiden Männern aus dem Garten zu den Pferden, die an der Stallmauer angebunden waren. Sie bekam allmählich Hunger. Am Vorabend hatte sie Fleisch, Brot und Wein von den Vorräten im Keller eingepackt. Bald würden sie ein Plätzchen finden müssen, an dem sie in Ruhe essen und trinken konnten.
12.
»Bis wohin gedenkst du heute zu gelangen?«, fragte Teresa ihren Vater, als sie in leichtem Trab über die Felder ritten.
»Ich muss im Peterszeller Schloss nach dem Rechten sehen. Möglicherweise herrscht dort ein ähnliches Durcheinander wie in Wildenberg.«
»Wie weit ist es bis dorthin?«
»Nicht einmal dreißig Meilen, das schaffen wir leicht bis zum frühen Nachmittag.«
Während des Rittes durch den sonnigen Herbsttag wurde nicht mehr viel gesprochen. Zur Mittagszeit rasteten sie auf einer Bank, nahmen die Reste des Spanferkels, Brot und Wein zu sich. Teresa zog ihren silbernen Dolch vom Gürtel und kratzte damit die angebrannte Kruste vom Fleisch.
»Diese adligen Frauen können einfach nicht kochen«, bemerkte sie.
Je weiter sie nach Süden kamen, desto mehr zeigte sich eine spiegelnde Bläue über ihnen.
»Das ist der Bodensee«, sagte Froben auf die unausgesprochene Frage der beiden. »Seine Fläche ist so groß, dass sich das Wasser im Himmel spiegelt, sozusagen.«
Am Ortsrand von Peterszell, einer kleinen Stadt mit vielenTürmen, standen drei Pestkreuze. Auch hierfür hatte Froben eine Erklärung.
»Die wurden zur Erinnerung an die Pest anno 1519 aufgestellt, und um ferneres Unheil zu verhüten. Mein Bruder Werner von Wildenberg verbrachte diese Jahre mit uns ganz abgeschieden auf Wildenberg. Es durfte niemand hinaus und herein, und unsere Schuhe waren schließlich nur noch Fetzen, die wir aber weitertragen mussten. Glücklicherweise war immer genug zu essen da.«
Teresa erinnerte sich an ihren Onkel, einen gebildeten, wenn auch leicht reizbaren Mann, der ihrem Vater eine humanistische Bildung hatte zuteil werden lassen, weil ihr gemeinsamer Vater zu geizig war. Ohne den Onkel hätte auch sie, Teresa, nicht so viele Vorteile gehabt. Sie hielten vor dem Schloss, einem gedrungenen Bau aus dem 14. Jahrhundert mit dicken verputzten Mauern und einem runden Turm.
»In den nächsten Jahren wird Werner, mein Bruder, dieses Schloss ausbauen lassen, ebenso eine neue Vorstadt anlegen und sich dort ein Haus bauen, wo er für immer eine Bleibe hätte.«
Merkwürdig, wenn er doch das Schloss hat, dachte Teresa. Ein Diener öffnete ihnen das Tor. Das war doch …
»Caspar, was machst du denn hier?«, fragte Froben.
»Mit Verlaub, Herr Froben, als all diese Leute kamen und sich benahmen wie die Schweine, sind wir Diener hierher geflohen. Ich hoffe, es ist dem Herrn so recht.«
»Ja, ja, schon recht«, sagte Froben zerstreut.
Die hagere Gestalt Caspars schritt ihnen durch
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