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Die Pilgerin von Passau: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman) (German Edition)

Die Pilgerin von Passau: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman) (German Edition)

Titel: Die Pilgerin von Passau: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maren Bohm
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Entschluss ist gefasst, wesentliche Briefe sind schon geschrieben und die Boten fortgeschickt.«
    »Und was wird aus mir?«, schoss es endlich aus Alice heraus. »Habt Ihr in den letzten Tagen überhaupt jemals an mich gedacht?«
    »Du wirst heiraten. Vor Kurzem erhielt ich die Anfrage eines angesehenen Weihrauchhändlers, er beliefert viele Kirchen in Norwegen und Schweden, ob ich dich an ihn verheiraten wolle. Ich habe ihm bezüglich dessen eine zufriedenstellende Antwort gegeben. Hier liegt der Brief.«
    Alice sah ihren Vater entsetzt an.
    »Ihr wollt mich verheiraten, ohne mich zu fragen? Ich kenne den Kaufmann doch gar nicht. Ich weiß nicht einmal seinen Namen und wie er alt ist.«
    »Diederich heißt er, ich sagte es bereits.«
    Sagtet Ihr nicht, dachte sie.
    »Er ist 39 Jahre alt. Seine Frau ist unlängst im Kindbett gestorben. Er hat fünf Kinder, die älteste Tochter ist 16 Jahre alt und wird selbst bald heiraten, es macht also nichts, dass sie älter ist als du. Das jüngste Kind ist eben gerade geboren. Im Übrigen ist es durchaus üblich, dass du deinen zukünftigen Ehemann erst am Tag der Hochzeit zum ersten Mal zu Gesicht bekommst. Das sollte dir schon längst bewusst sein.
    Ich selbst kannte deine Mutter zwar, aber da sie zehn Jahre jünger war als ich, hatten wir bis zu unserer Hochzeit wenig miteinander zu tun. Mein Vater hatte entschieden.«
    »Nicht Ihr?«, fragte sie.
    Alice war verwirrt. Sie hatte angenommen, sie wusste auch nicht, warum, ihre Eltern hätten aus Liebe geheiratet. Aber ihre Mutter war schon lange tot und der Vater hatte immer so achtungsvoll und zärtlich von ihr gesprochen und ihre Schönheit gerühmt, und da hatte Alice sich eine Welt zurechtgesponnen, in der der Vater die Mutter geliebt hatte.
    »Nun, es war selbstverständlich eine arrangierte Ehe. Durch ihre Mitgift ist unser Handelshaus erst richtig groß und mächtig geworden. Außerdem war sie die einzige Tochter. Eine Alleinerbin zu heiraten, lohnt sich immer. Da wurde nicht viel gefackelt und nach Gefühlen gefragt.«
    Alice wagte nicht sich zu erkundigen, wie denn ihre Mutter zu dieser Ehe gestanden hatte. Es war auch unerheblich, schließlich hatte sie ihn geheiratet und nur das zählte.
    Aber sie selbst?
    Schon als kleines Mädchen graute ihr vor der Sitte, mit einem ihr völlig fremden Mann die Ehe vollziehen zu müssen, und das unter den Blicken aller Hochzeitsgäste, die unweigerlich um das Beilager standen.
    »Ich möchte nicht den Kaufmann heiraten, Vater. Ich möchte …, den ganzen Tag habe ich darüber nachgedacht. Ich möchte mit nach Jerusalem.«
    »Das geht nicht«, antwortete der überraschte Vater. »So eine bewaffnete Pilgerfahrt ist keine Freude, das bedeutet Kampf. Das ist keine Frauensache.«
    »Und doch kommen viele Frauen mit. Viele Kreuzfahrer nehmen sogar ihre kleinen Kinder mit. Ich sage Euch, ich sterbe vor Angst, wenn ich nicht weiß, ob Ihr lebt oder ob Ihr krank oder gar gestorben seid. Ich halte es hier nicht aus. Und wohin könnte ich gehen? Ihr habt ja recht: Heirat oder Kloster, eine andere Möglichkeit gibt es nicht. Nur – ich möchte beides nicht.«
    Sie schwiegen sehr lange. Alice dachte: Nur jetzt nichts sagen. Er sieht so aus, als würde er meinen Wunsch nicht sofort ablehnen.
    »Ich werde darüber nachdenken.«
    »Seht mal«, Alice ergriff die Hand ihres Vaters. »Ich habe sogar von einer alten Frau gehört, die ihre Gans mit auf den Kreuzzug nahm. Die Gans ist immer hinter der Frau hergewatschelt. Stellt Euch das vor. Und ich laufe und reite gern. Ich halte niemanden auf. Bitte, Vater!«
    Der Vater wiegte den Kopf. Das schlechte Gewissen drückte, als er endlich einräumte:
    »Wenn du es durchaus willst, ich werde mit dem Abt über deinen Wunsch sprechen.«
    Alice nahm sich zusammen. Der Abt, der Abt und wieder der Abt. Was hatte nun der damit zu tun? Kannst du nicht alleine entscheiden?, dachte sie abfällig. Der Vater ahnte wohl ihre Gedanken.
    »Es ist üblich, dass man sich zuvor die Erlaubnis eines Priesters einholt. Das müssen alle, also auch du.«
    Alice seufzte, wünschte eine gute Nacht und ging zur Tür.
    »Warte!«, rief der Vater sie zurück. »Ich habe mich entschieden. Es ist besser, in Sorge zu leben, als selbst auf der weiten Fahrt nach Jerusalem umzukommen oder als Sklavin in einem Harem zu enden, so anmutig, wie du bist. Du wirst den Kaufmann heiraten.
    Er ist übrigens kein schlechter Mensch. – Nein, Alice! – Ich will nichts mehr davon hören.«

    Es

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