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Die Pilgerin von Passau: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman) (German Edition)

Die Pilgerin von Passau: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman) (German Edition)

Titel: Die Pilgerin von Passau: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maren Bohm
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ist fromm vom Kopf.«
    »Ich bitte dich, Alice. Das ist gut. Ich glaube gewiss auch an Wunder, aber den Kometen neulich halte ich nicht für von Gott gesandt. Die Pilger taten so, als hätten sie dergleichen noch nie gesehen. Es ist ganz natürlich, dass im September Sternschnuppen am Himmel zu sehen sind. Was meinst du?«
    »Ich meine, dass Godvere dringend ein Wunder braucht. Sie hustet, vor allem nachts, und das, obwohl sie Normannin ist. Ich dachte immer, Normannen werden nicht krank. Seitdem ich in ihrem Zelt schlafe, muss ich sie immer halten, wenn sie einen Hustenanfall bekommt. Sie habe ein Lungenleiden seit ihrer Kindheit, sagte sie. Sie spuckt auch Blut. Ich frage mich, wie soll das weitergehen, wenn der Winter kommt. Natürlich, man denkt, man sei im Süden, aber wenn ich diese mächtigen Bäume hier sehe, muss es ja irgendwann einmal regnen.«
    »Das habe ich mir auch schon überlegt. Wenn ich an den letzten Winter vor Konstantinopel denke … Das hier wird noch schrecklicher. Wie sollen wir, Tausende von Leuten, mit unseren Wagen und Zugtieren im Herbst, wenn es regnet oder vielleicht sogar schon schneit, über das Anti-Taurus-Gebirge kommen?
    Wie viele von uns werden da umkommen. Es ist mir immer noch rätselhaft, warum wir nicht die viel kürzere Strecke nach Antiochia gehen.«
    Noch ehe Alice ihre Vermutung aussprechen konnte, ging ein Schreckensschrei durch das Lager: Gottfried, der Herzog von Bouillon, ist schwer verwundet!
    Er habe einen armen, unbewaffneten Bauern vor einem Bären retten wollen und sei dabei durch sein eigenes Schwert verletzt worden. Ein Pilger, ein Berittener, der durch das Geschrei des Bauern herbeigerufen worden war, habe dann das Tier erlegt.
    Theresa ahnte, dass dieser Reiter Martin war, sprang auf und lief ihm entgegen.

    Das Atmen wurde schwer in dieser unwirtlichen Höhe. Den ganzen Tag durch die Steinwüste. Bei jedem Schritt die Angst, abzugleiten und in den Abgrund zu stürzen. Endlich Rast. Alice suchte sich einen Platz unter einer Felsspalte, zog die Schuhe aus und besah sich den blutenden Zeh. War nicht so schlimm, entschied sie. Hunger hatte sie kaum, nur müde war sie, so müde … »Sie schläft schon«, flüsterte Theresa, bückte sich und zog den Pilgermantel über Alice’ Schulter. »Komm, lass uns woanders ein Plätzchen suchen«, sagte Martin leise. Wovon sie wohl träumt?«, überlegte Theresa im Fortgehen und drehte sich noch einmal nach der Freundin um.
    Der Tanzsaal in Passau in ihres Vaters Haus erstrahlte im Schein unzähliger Kerzen, das Feuer im hohen Kamin knisterte und Alice, die daneben stand, warf einen Buchenholzscheit in die Glut, dass es aufzischte. ›Dies ist keine Beschäftigung für dich. Dies ist ein Fest, meine Schöne‹, hörte sie hinter sich Bernhard sagen, der sie bei der Hand nahm und auf die Tanzfläche führte. Er lächelte ihr zu und sie setzen beide den linken Fuß vor und reihten sich in die Tanzenden ein. Vor ihnen schritt eine vornehme, stolze Frau, in deren leuchtend rote Locken eine Perlenkette kunstvoll gewunden war. Alice wusste, es war ihre Mutter. Ihre Hand hielt Alice’ Vater, ebenfalls kostbar gekleidet, wirkte er doch wie immer trotz seiner Größe gedrungen. Die Paare bildeten Reihen, auf der einen Seite die Damen, auf der anderen die Herren. Immer wenn sie sich in der Mitte trafen und das Tamburin geschlagen wurde, fasste Bernhard Alice an der Taille und hob sie hoch, um sie bedachtsam wieder auf ihre schmalen Füße zu setzen. Bernhard wirkte beglückt, berauscht vom Wein und noch mehr vom Tanz – und er bemerkte nicht, was auch sonst niemandem von den Tanzenden auffiel, auch ihrer Mutter nicht, die sich nun neben Alice mit fremdem, teilnahmslosem Blick lautlos bewegte, dass Alice unentwegt Tränen über die Wangen rannen. Nur einer im Saale nahm es wahr, der Abt. Er stand am Rande der Tanzfläche, hoch aufgerichtet, unnahbar, beobachtete Alice aus schmalen Augen, dass ihr kalt wurde unter seinem Blick. Doch mit einem Mal, als sie sich im Tanz drehte, lächelte er ihr vergebend, verzeihend zu. Was gab es zu verzeihen? Nichts! Aber auch gar nichts. Alice war mit einem Male wach, legte ihre Arme um ihre Knie. Das Lagerfeuer unter dem Felsvorsprung war heruntergebrannt und ihr Pilgermantel klamm und kalt. Alice wischte sich die Nässe aus dem Gesicht, sie wusste nicht, ob es Regentropfen waren, die der Wind auf die Schlafenden trieb, oder aber Tränen. Auf jeden Fall war sie nicht daheim in Passau, nicht im

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