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Die Pilgerin von Passau: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman) (German Edition)

Die Pilgerin von Passau: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman) (German Edition)

Titel: Die Pilgerin von Passau: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maren Bohm
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Fasten, während viele vor Hunger sterben.«
    »Essen?«, fragte Martin. »Habt ihr denn überhaupt noch Essbares?«
    »Genug«, antwortete Theresa. »Dank Alice’ Geld.«
    Alice schüttelte den Kopf:
    »Unsinn. Wenn Theresa nicht schon im Herbst vorgesorgt und Lebensmittel gehortet hätte, dann wären wir jetzt schlimm dran.«
    Wohl leider wahr, dachte Martin. Deine Mitgift müsste allmählich aufgebraucht sein.
    Laut sagte er: »Bald wird es besser. Der Patriarch von Jerusalem will uns eine große Ladung Lebensmittel schicken, Adhémar hat schon Nachricht erhalten.«
    »Er will das Vieh und die Kornsäcke von Jerusalem hierher schaffen?«, wunderte sich Alice.
    »Nein, aus Zypern. Der Patriarch fürchtete in Jerusalem einen Mordanschlag und ist nach Zypern geflohen.«
    »Ich glaube es erst, wenn ich die Ladung sehe«, sagte Theresa. »Nicht, dass sie uns wieder von den Türken abgenommen wird und alle Männer getötet werden wie Bohemunds Fußsoldaten.«
    »2.000 sollen es gewesen sein«, ergänzte Alice düster.
    »Bin ich schuld an unserem Elend? Bloß weil ich nicht verheiratet bin?«, jammerte sie, während sie das Brot aus dem Kasten nahm. »Ist mein Kind Sünde?«
    Groß sah sie Martin und Theresa an.
    »Ich freue mich auf das Kleine«, sagte sie leise und nahm Theresas Hand, die sie auf ihren Bauch legte. »Fühl mal, es strampelt.« Sie seufzte. »Aber in Jerusalem. Was wird dort aus mir? Ich sehne mich dorthin zu kommen, aber ich fürchte mich auch davor.«
    Theresa strich Alice sanft über das Haar.
    »Wir helfen dir. Martin und ich, wir stehen zu dir.«
    Alice richtete sich auf. In entschiedenem Ton erklärte sie:
    »Wir müssen das Loch in der Zeltwand stopfen.«
    »Die Zelte müsst ihr vielleicht sowieso bald abbauen. Die Heerführer haben darüber beraten, ob alle Frauen eine Zeit lang das Lager verlassen sollen, die unverheirateten wie die verheirateten, damit das sündhafte Leben aufhört und Gott uns gnädig wird. Jedenfalls überlegt sich das Bischof Adhémar.«
    »Also sind die Frauen doch daran schuld, dass unser Heer Antiochia nicht einnehmen kann«, stellte Alice fest.
    »Es soll für kurze Zeit ein Frauenlager eingerichtet werden, das ist alles. Die Kampfbereitschaft der Männer wird vielleicht dadurch auch gehoben.
    Jedenfalls macht keiner der Heerführer die Frauen für unsere miserable Lage verantwortlich. Auch nicht die Huren. Die müssen sich schließlich so ihr Geld verdienen, wenn sie nicht verhungern wollen. Bestraft wird höchstens der Mann, wenn er zu so einer Frau geht. Der Arme. Schlimmstenfalls muss ein solcher Ritter wählen, ob er seine Rüstung und seine Waffen verliert oder stattdessen nackt durch das Lager getrieben wird. Also ihr Frauen seid nicht der Sündenbock.«
    »Aber Tatikios und die anderen Byzantiner, die werden richtig gehasst«, sagte Alice, um das Gespräch von sich abzulenken.
    »Die Leute erzählen sich, dass Kaiser Alexios selbst die Ungläubigen gegen uns anstachelt. Es herrscht eine Stimmung im Lager, als wollten wir die Byzantiner lynchen. Ich an Tatikios’ Stelle würde mich auf und davonmachen«
    »Ja, man braucht einen Sündenbock. Dabei fehlt es uns schlicht und ergreifend an Belagerungsmaschinen und Nahrungsmitteln. Wir können Antiochia nicht einschließen und deshalb bekommt die Garnison noch immer Nahrungsmittel und Waffen geliefert. So einfach ist die Erklärung für unser Unglück.«
    »Wann denn? Wann werden wir Frauen ausquartiert?«, fragte Theresa wie aus einer anderen Welt.
    »Steht noch nicht fest«, erklärte Martin.
    »Dann müssen wir vorher heiraten«, entfuhr es Theresa.
    »Heiraten? Wieso? Ihr wollt heiraten?«
    Heiraten. Dann müsste sie wohl das Geld herausrücken, das der Abt ihr für Martin anvertraut und das sie sogar vor Bernhard bisher verborgen gehalten hatte.
    Andererseits, so überlegte Alice, war es nur noch eine Frage von wenigen Tagen, bis ihre Mitgift aufgebraucht war. Dann müsste sie selbst von dem verborgenen Geld leben, wenn sie satt werden wollte. Sie wollte aber satt werden, damit das Kind gesund zur Welt käme.
    Und überhaupt, dachte sie trotzig, schien Martin zu den wenigen zu gehören, die nicht am Verhungern waren. Schließlich wurde er von Bischof Adhémar versorgt. Also irgendwann später.

Passau, Alice’ Elternhaus
    Seitdem der Abt wusste, dass sein Bruder Karl nicht der Mörder seiner Frau Felicitas war, hatte er sein Elternhaus in der Marchgasse nicht mehr betreten. Der Tod seines Bruders aber hatte

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