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Die Pilgerin von Passau: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman) (German Edition)

Die Pilgerin von Passau: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman) (German Edition)

Titel: Die Pilgerin von Passau: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maren Bohm
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ihn und den Konvent zu Entscheidungen über das weitere Geschick des Handelshauses veranlasst.
    So wartete er an diesem Februarnachmittag in der Eingangshalle und schaute derweil durch das weit geöffnete Tor auf den Hof, auf dem sonst früher jahraus, jahrein geschäftiges Treiben herrschte, Knechte und Fährleute Fässer mit Salz und Getreide herbeischafften, die Waren auf Wagen geladen wurden, Mägde aus dem Brunnen Wasser schöpften und, die Hände in die Taille gestemmt, laut miteinander sprachen, lachten und tratschten oder das frisch gebackene Brot, dessen Duft er so sehr mochte, vom Backhaus auf einem großen Brett ins Herrenhaus trugen. Und dazwischen Pferde, Wagen, Hühner und Hunde, deren unablässiges Bellen nie zu enden schien.
    Nun aber war es still. Die Mauern zur Gasse verschluckten jeden Laut und der Schnee lag wie ein weißes Tuch über dem Hof. Nur die Spur der Hufe seines Pferdes und seinen eigenen Fußabdruck konnte er in dem Schneegewirbel gerade noch erkennen.
    Kalt und klamm war es in der Halle und der Abt schickte sich an, Feuer zu machen, Licht und trockenes Brennholz hatte er mitgebracht. Und während er vor dem Kamin hockte und die Flamme entfachte, dachte er an Alice.
    Arme Alice, sie war die Verliererin in diesem Spiel, diesem Kampf um Liebe und Macht. Was konnte sie vom Leben erwarten, nun, da ihr Vater tot und das Handelsunternehmen verpfändet war? Hoffentlich nicht nur himmlischen Lohn dafür, dass sie das Kreuz genommen hatte und nach Jerusalem pilgerte, sondern bisweilen – wenn möglich – auch irdische Freuden.
    Irdische Freuden? Ihm fiel dazu das Gesicht Bernhards ein, es drängte sich ihm geradezu auf, war ihm wie Gewissheit und zog seine Gedanken so sehr in Bann, dass er beinahe das Klopfen am Tor überhörte. Der Abt erhob sich und sah einen Mann im Eingang stehen, wohl Ende 20, so schätzte er, mit braunen, kurz geschnitten Locken und einem offenen, freundlichen Gesicht, Reinhold, der mögliche Käufer des Hauses.
    »Dies sieht nach einem plötzlichen Aufbruch aus«, sagte nach der Begrüßung der Ankömmling und wies auf die Tafel, die, umgeben von Sitzbänken und Stühlen, statt an die Wand gelehnt, noch immer mitten im Raum stand.
    »So ist es«, erwiderte der Abt knapp. Für den Bruchteil eines Augenblicks zog das Bild dieses letzten Festmahles an vor ihm vorbei, Graf Otto von Baerheim mit seinem Sohn, ihr Gefolge, sein Bruder Karl, Martin, wie er die Gäste, wie er ihn bediente und Wein einschenkte. Er sah Alice, wie sie gespannt, nein, angspannt dem Gespräch der hohen Herren zuhörte. Selbstredend hatte sie, wie es sich für ein junges Mädchen ziemt, kein Wort gesagt. Sie sind es, so ging es ihm durch den Sinn, die Stummen, die in dem Drama keine eigene Rolle spielen, sondern es nur erleiden, sie sind es, die beachtet, geachtet werden sollten.
    Entschlossen holte er sich aus seinen Gedanken zurück und blickte unverwandt den möglichen Käufer an. Als hätte er etwas besonders Unpassendes gesagt, räusperte Reinhold sich und setzte von neuem an.
    »Verzeihung. Ich möchte mich Euch vorstellen. Ich war – und bin es immer noch – die rechte Hand eines Fernhandelskaufmanns aus Regensburg. Eine glückliche Heirat hat mich in die Lage versetzt, mich selbstständig zu machen. Meine Frau Katharina ist in Passau geboren und aufgewachsen und möchte wieder hierher zurück ziehen. So haben wir durch Freunde erfahren, dass dieses Handelshaus leer steht und zum Verkauf angeboten wird. Ich würde mich gerne einmal umsehen.«
    »Ihr zieht es sicher vor, Euch ein eigenes Urteil zu bilden. Darum werde ich Euch lediglich durch das Haus führen, ohne seine Vorteile anzupreisen. Für Fragen bin ich natürlich offen«, sagte der Abt und öffnete die Tür zum Kontor.
    Noch immer etwas verlegen, betrat Reinhold den engen Raum, der trotz der dicken Staubschicht und der Spinnweben an den Wänden nach wie vor den Eindruck von Ordnung vermittelte.
    Auf dem Schreibpult lag statt des Gänsekiels und der Papiere ein Kreuz.
    »Und Euer Bruder ist tot?«, fragte Reinhold und blieb vor dem Pult stehen.
    »Wie so viele Pilger aus Passau. Ich habe die Nachricht von einem verlässlichen Mann schriftlich erhalten. Ihr müsst also nichts befürchten.«
    »Es gibt auch keine Erben, die Anspruch auf das Haus erheben könnten?«
    »Eine Tochter. Alice. Eure Frau kennt sie vielleicht. Sie wird nicht die Mittel haben, es nach dem Kreuzzug wieder auszulösen.«
    Es entstand eine kurze Pause. Der Abt

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