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Die Pilgerin von Passau: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman) (German Edition)

Die Pilgerin von Passau: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman) (German Edition)

Titel: Die Pilgerin von Passau: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maren Bohm
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sah uns Kinder mit funkelnden Augen an. Und wie sie das Wort ›Kebse‹ aussprach, so zornig, so verletzt, irgendwie rachsüchtig, da habe ich mich später gefragt, ob Martha selbst von jemandem als Kebse beschimpft und beleidigt worden ist.«
    Kebse, dachte Bernhard, während er nicht weiter zuhörte. Alice – meine Kebse. Ein verlockender Gedanke. Neben der Muntehe, aus der der erbberechtigte Sohn hervorginge, noch eine Kebsehe mit Alice. Leider leben wir nicht mehr zu Zeiten Karls des Großen, dachte er bedauernd. Jetzt gäbe es wohl Schwierigkeiten mit der Kirche.
    »Jedenfalls war Martha mit meinem Vater enger zusammen, als es schicklich war.
    Das habe ich als Kind gefühlt, ich weiß es aber erst genau seit dem Gespräch zwischen meinem Vater und dem Abt, wisst Ihr, kurz bevor wir das Kreuz genommen haben. – Da sagte mein Vater zum Abt: ›Du konntest ja Martha sowieso nie leiden.‹ Der Abt antwortete darauf:
    ›Du aber immer umso lieber.‹
    »Was sagte der Abt? Ich habe eben nicht richtig zugehört.«
    »Ihr wart wohl noch bei der Schlacht?«
    Bernhard ließ das durchgehen. »Du sagst, der Abt mochte Martha nicht?«
    »Ja. Warum?«
    »Allzu viele Fürsten aus unserer Gegend kommen als Vater für Martin nicht in Betracht. Da kam mir der Gedanke. Aber es ist anscheinend nichts daran.«

    *

    Bernhard sah ihn schon von Weitem, den schmalen Jungen, der vor seinem Zelt auf ihn wartete und mit seinem großen Zeh Muster in den von der Märzsonne beschienenen Sand malte. Er mochte wohl elf Jahre alt sein.
    Der Junge hatte schwarzes, lockiges Haar und blickte zu Bernhard auf aus großen, dunklen Augen, die umschattet waren von langen, glänzenden Wimpern.
    Obwohl er verwahrlost und hungrig aussah, wirkte der Junge auf Bernhard zäh und durchaus in der Lage, sich zu verteidigen.
    Der Junge verneigte sich vor Bernhard und bat heiser auf Französisch:
    »Euer Wohlgeboren, Ritter von Baerheim, gewährt mir, dass ich einen Augenblick mit Euch spreche.«
    Bernhard sah den Jungen erstaunt an und, ohne zu antworten, machte er eine knappe einladende Bewegung, sodass der Junge ihm ins Zelt folgte. Die Pracht machte Eindruck, silberne Leuchter, ein mit glänzendem Stoff überzogener Diwan, der mit Sternen übersäte Himmel. Bernhard nahm auf einem Schemel Platz, während er den Jungen vor sich stehen ließ.
    »Was führt dich zu mir?«, fragte er das verschüchtert vor ihm stehende Kind.
    »Ich heiße Kaspar«, begann der Junge zögernd. »Ich komme«, er druckste, »um Euch um Eure Hilfe anzuflehen. Meine Eltern, mein Vater und meine Mutter, sind beide tot.«
    Almosen will er, dachte Bernhard. Was habe ich damit zu schaffen?
    »Meine Mutter ist im Januar bei einer Geburt gestorben. Das Kleine ist auch gestorben, obwohl es gesund war«, fuhr der Junge mit trauriger Stimme fort. »Es war sogar ein Junge. Aber mein Vater hatte kein Geld, um eine Amme zu bezahlen. Umsonst wollte es keine tun, so sehr mein Vater auch bettelte und flehte.«
    Die Mitleidstour, dachte Bernhard. Na ja. Die Frauen sind wirklich so ausgehungert, dass sie gerade nur ihr eigenes Kind am Leben erhalten können. Er hätte es Alice verboten, ein fremdes Kind mitzustillen.
    Der Junge schwieg und starrte in eine unbekannte Ferne. Sicher, eine traurige Geschichte, aber nichts Besonderes.
    »Gestorben sind in diesem Winter viele«, bemerkte Bernhard. Gleichzeitig dachte er einen Augenblick sorgenvoll an Alice. Frauen starben bei der Geburt. Dass sie unter Schmerzen gebären sollten, das hatte Gott nach dem Sündenfall Eva auferlegt. Doch unter den Bedingungen von Hunger und Schmutz im Lager war die Gefahr, die Geburt nicht zu überleben, besonders groß. Es beruhigte ihn allerdings, dass Theresa die Hebamme sein würde.
    »Nun ist mein Vater auch tot.«
    Der Junge verstummte, Tränen rannen ihm aus seinen großen Augen.
    Er fasste sich und zog den Schnodder hoch.
    »Mein Vater war froh, als wir hörten, dass Schiffe unter dem Befehl des verbannten englischen Thronfolgers Edgar Atheling mit Holz für Belagerungsmaschinen und Lebensmitteln im Hafen von St. Symeon vor Anker liegen.
    Als nun Fürst Bohemund Männer anwarb, die Lebensmittel und Baumaterial vom Hafen abholen und in unser Lager bringen sollten, da hat mein Vater sich sofort gemeldet. Endlich die Aussicht auf Geld und einen vollen Bauch. Und nun haben diese gottverdammten heidnischen Hundesöhne ihn umgebracht.«
    Er schniefte wieder, hielt sich dann ein Nasenloch zu und rotzte auf den

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