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Die Pilgerin von Passau: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman) (German Edition)

Die Pilgerin von Passau: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman) (German Edition)

Titel: Die Pilgerin von Passau: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maren Bohm
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kunstvoll aus Hanfstricken gefertigte Leiter.
    »Heute Nacht, wenn Gott uns gnädig ist, wird Antiochia in unsere Hände gegeben werden«, sagte er mit unbewegtem Gesicht, seine eigene Furcht unterdrückend.
    »Ihr müsst Euch nur meinem Plan und meinen Vorbereitungen anvertrauen.«
    »Damit Ihr die Stadt für Euch selbst in Besitz nehmen könnt«, höhnte Graf Raimond. »Das ist es, was Ihr wollt, Alleinherrscher über Antiochia sein.«
    »Falls wir die Stadt überhaupt einnehmen können«, gab Bischof Adhémar zu bedenken, »dann müssen wir sie ihrem rechtmäßigen Besitzer, dem byzantinischen Kaiser Alexios, zurückgeben. Ihr habt einen Eid darauf geschworen.«
    »Ich nicht!«, rief Graf Raimond.
    »Pah!«, stieß Bohemund verächtlich aus. »Der Kaiser hat uns einen ganzen Winter hungern lassen. Seit fast einem Jahr warten wir vergebens auf seine Truppen. Er ist ein Verräter am Christentum.«
    »Sachte, sachte«, beschwichtigte Bischof Adhémar.
    »Bitte, Ihr Fürsten. Hört meinen Plan«, unterdrückte Bohemund seinen Groll und sah die Heerführer der Reihe nach an:
    »Ich habe in unendlicher Mühe und Gefahr die Verbindung zu Firûz, einem Hauptmann Yaghi-Siyans, aufgenommen. Heute Nacht bewacht er den Turm der Zwei Schwestern und den daran anstoßenden Abschnitt der Stadtmauer. Er wird uns ein Seil hinunterwerfen, an dem wir diese Leiter befestigen und hinaufklettern werden.«
    »Warum sollte er das tun? Eine Stadt wie Antiochia verraten?«, wandte Graf Raimond ein.
    »Hauptmann Firûz ist Christ gewesen bis zu dem Zeitpunkt, als die Ungläubigen Antiochia eingenommen haben. Um nicht zu verarmen und nicht unterdrückt zu werden, ist er zum Islam übergetreten, aber in seinem Herzen Christ geblieben. Er hat die Verbindung zu Christen weiterhin gesucht.«
    »Das reicht zum Verrat?«, fragte Graf Raimond misstrauisch.
    »Nicht ganz. Firûz hat eine Wut auf die türkischen Besatzer. Nämlich als es unserem Heer dank Gottes Hilfe endlich gelungen war, Wachtürme zu bauen und Antiochia von der Außenwelt abzuschließen, hat er Getreide versteckt. Das ist entdeckt worden, Firûz musste das Getreide abgeben und dazu noch Strafe bezahlen. Trotzdem, ich gebe es zu, konnte er sich zum Verrat immer noch nicht entschließen. Den Ausschlag gab, dass Firûz seine Frau beim Ehebruch mit einem Moslem auf frischer Tat ertappt hat.«
    »Das ist gut«, lachte Tankred, der ungestüme Neffe Bohemunds, und schlug sich vor Vergnügen auf die Schenkel. »Wir sollen seinen Nebenbuhler für ihn abmurksen, indem er die Stadt verrät und wir die Stadt erobern. Das Geschäft erledige ich gerne.«
    »Welche Sicherheit haben wir, dass Firûz uns nicht in eine Falle lockt?«, erkundigte sich argwöhnisch Graf Raimond.
    »Firûz schickt uns noch heute Nacht seinen eigenen Sohn als Geisel.«
    Die anderen Fürsten schwiegen. Auch Graf Raimond unterdrückte sein Misstrauen, seinen Hass auf Bohemund. Herzog Gottfried sprach die allgemeine Meinung aus:
    »Da bleibt uns nichts anderes übrig, als zuzustimmen, wenn wir nicht von Kerbogha geschlachtet werden wollen. Schon morgen kann er unser Lager erreicht haben.«
    Bischof Adhémar strich sich über seinen Bart und sagte leise, aber bestimmt:
    »Also, Männer, heute Nacht.«

    *

    »Was seht Ihr?«, fragte aus der Tiefe des Saales der kränkelnd auf einem Diwan liegende Bischof Adhémar seinen Sekretär.
    Martin stand an einem hohen Fenster und schaute auf den weiten Platz vor dem Palast hinunter.
    »Leichen, Euer Exzellenz. Menschen, die über Leichen stolpern.«
    Von Weitem meinte Martin sogar, Alice zu erkennen, die mit ihrem Kind auf dem Arm über die übereinanderliegenden Toten hinweghetzte.
    »Schließt das Fenster. Ich kann den Gestank der verwesenden Kadaver nicht ertragen«, hüstelte Bischof Adhémar. Mehr zu sich als zu Martin klagte er:
    »Wo immer, sei es im Abendland oder hier im Morgenland, ein christliches Heer eine Burg oder eine Stadt erobert, deren Bewohner sich vorher nicht ergeben haben, wird geplündert und die Menschen werden niedergemetzelt, Frauen, Kinder, Alte.«
    »Euer Exzellenz. Bitte verzeiht, aber es wundert mich, dass Ihr als Legat des Papstes so sprecht. Wir haben Antiochia vor kaum zwei Tagen erobert. Da draußen vor den Toren steht schon angriffsbereit das Heer Kerboghas. Alles kampferprobte, furchtlose Männer, mehr als wir selbst zu Beginn der Pilgerfahrt je gewesen sind. Kerbogha hat sein Feldlager genau da aufgeschlagen, wo unseres lag. Seine Truppen haben

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