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Die Pilgerin von Passau: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman) (German Edition)

Die Pilgerin von Passau: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman) (German Edition)

Titel: Die Pilgerin von Passau: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maren Bohm
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Saint-Gilles und sein Kaplan seien bereits anwesend. Martin hetzte die Treppen hinauf, öffnete die Tür und blickte verwundert in den Saal. Mitten in dem Raum stand ein verwahrlost aussehender Mann, der sich offenbar bemühte, vertrauenswürdig zu wirken.
    Mit einem Blick wies Bischof Adhémar Martin an seinen Platz, wo Gänsekiele, Tinte und Pergament bereitlagen. Der Mann drehte sich nach Martin um und fiel dann vor dem Legaten des Papstes, Graf Raimond von Toulouse und Kaplan Raimond von Aguilers auf die Knie: »Ich bin nur ein armer Bauer aus der Provence. Weil ich so niedrig bin, habe ich mich nicht getraut, Euch früher aufzusuchen. Aber Andreas, der Apostel unseres Herrn Jesus Christus, hat mir heute das vierte Mal befohlen, ich solle zu Euch gehen, damit wir die Heilige Lanze finden, die die Seite unseres Erlösers am Kreuz öffnete.«
    In zweifelndem Ton forderte Bischof Adhémar den Mann auf zu erzählen, unter welchen Umständen ihm die Offenbarung geschah. Martin wusste, dass der Bischof den Mann kannte, Peter Bartholomäus war sein Name und sein Ruf ziemlich zweifelhaft.
    »Bei dem ersten Erdbeben, das zu Weihnachten in Antiochia stattfand, als das Heer der Franken noch die Stadt belagerte, war ich allein, als plötzlich zwei Männer in leuchtenden Gewändern vor mir standen. Ich hatte große Furcht, denn ich wusste, es war niemand da. Der eine Mann sagte:
    ›Ich bin der Apostel Andreas. Suche den Bischof von Le Puy auf und den Grafen von Saint-Gilles und sage ihnen: Warum unterlässt es der Bischof zu predigen und das Volk jeden Tag zu ermahnen und mit dem Kreuz zu segnen?‹«
    Martin blickte erstaunt auf. Noch nie hatte jemand es gewagt, und dann noch ein Mensch so geringer Herkunft, den Bischof zu tadeln.
    Auch Peter Bartholomäus hielt sich vor Schreck die Hand vor den Mund. Als Bischof Adhémar jedoch keine Miene verzog, fuhr er fort:
    »Der Apostel forderte mich auf, ihm in die Stadt Antiochia zu folgen ohne andere Kleidung als mein Hemd. Er führte mich in die Kirche des Apostels Petrus. Der heilige Andreas stieg unter die Erde, zog eine Lanze hervor, gab sie mir in die Hände und sagte:
    ›Hier ist die Lanze, die die Seite unseres Herrn Jesus Christus am Kreuz geöffnet hat, aus der das Heil der ganzen Welt kommt. Bald, denn die Stadt wird genommen werden, wirst du mit zwölf Männern dort suchen, wo ich sie jetzt von Neuem verberge.‹
    Als das geschehen war, führte er mich durch die Mauer der Stadt in meine Behausung.
    Meine Armut und Eure Herrlichkeit hat mich bis auf den heutigen Tag abgehalten, Euch davon zu berichten.«
    Peter Bartholomäus hob flehend die Hände:
    »Bitte gestattet den Versuch. Lasst mich nach der Lanze graben und sie wird unser aller Heil sein und uns von der Umzingelung befreien und zum Sieg gegen den furchtbaren Kerbogha führen.«
    Tränen liefen ihm aus den Augen. Tränen der Rührung, der Freude und des Glaubens standen auf dem Gesicht des Grafen Raimond Saint-Gilles von Toulouse.
    Bischof Adhémar sagte jedoch nur ein Wort: »Betrug.«
    Peter Bartholomäus zuckte zusammen.
    »Geh jetzt!«, befahl der Bischof.
    Sich verneigend, verließ der Mann den Saal.
    Einen Augenblick sahen alle nach der Tür. Dann wandte sich Graf Raimond an Bischof Adhémar:
    »Ich halte es nicht für Betrug. Ich glaube dem Mann und seiner göttlichen Erscheinung.«
    »Betrug«, wiederholte der Bischof sein Urteil.
    »Dieser Mann, dieser Bartholomäus, war einer der Arbeiter, die die Kathedrale von St. Peter wieder instand gesetzt haben. Ich glaube ihm gern, dass man eine Lanze in der Kirche ausgraben wird. Nur hat er sie selbst vergraben. Die Heilige Lanze befindet sich, sofern es sie überhaupt gibt, in Konstantinopel. Kaiser Alexios hat sie mir gezeigt.«
    Graf Raimond schüttelte den Kopf. »Auch mich hat Kaiser Alexios zu der kostbarsten und heiligsten Reliquie der Christenheit geführt. Doch wie sollte sie nach Konstantinopel gelangen? Ist es nicht viel einleuchtender, dass Petrus, nachdem Jesus, unser Herr, gekreuzigt worden war, diese Lanze an sich genommen und hierher nach Antiochia gebracht hat, wo sich zum ersten Mal Gläubige Christen nannten?«
    »Unser Herr Petrus ist geflohen, als sein Herr gekreuzigt wurde. Er hat ihn verraten und war nicht bei der Hinrichtung dabei«, antwortete Bischof Adhémar.
    »Wie könnt Ihr, der Legat des Papstes, des Nachfolgers des Heiligen Petrus, nur so sprechen?«, sagte Graf Raimond verwundert und enttäuscht. »Die Lanze wird uns retten. Der

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