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Die Pilgerin von Passau: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman) (German Edition)

Die Pilgerin von Passau: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman) (German Edition)

Titel: Die Pilgerin von Passau: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maren Bohm
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Ohnmacht, die Verzweiflung überkamen ihn erneut, die ihn gepackt hatten, als er auf der Suche nach Theresa vor dieser schmalen Pforte stand und das Tor zu öffnen versuchte, über ihm die Wachsoldaten, die ihn bemerkten und einen Eimer mit heißem Teer hinunterschütteten, sodass Martin gerade noch fortspringen konnte. Beim Fliehen schossen sie auf ihn mit ihren spitzen, scharfen Pfeilen. Jetzt, so kurze Zeit später, hatte er wieder vor dieser Pforte gestanden und konnte sie von innen öffnen.
    Martin nahm sich zusammen.
    »Dann begann der Kampf um die Stadt. Die armenischen und syrischen Christen halfen uns, die Stadttore zu öffnen, und Bohemund pflanzte sein ruhmreiches rotes Banner am höchsten Punkt der Stadt.«
    »Ich weiß, ich weiß«, winkte Bischof Adhémar ab. »Bei Tagesanbruch strömte unser ganzes Heer nach Antiochia hinein, Yaghi-Siyan floh, fiel vom Pferd und Bauern brachten Bohemund sein abgeschlagenes Haupt. Nur frage ich mich«, sagte Bischof Adhémar und setzte sich auf, »für wen wir diesen Sieg errungen haben, für Jesus Christus? Balduin hat das Fürstentum Edessa für sich gewonnen, Bohemund beansprucht Antiochia und wer wird Jerusalem in seinen Besitz nehmen?«
    Martin wusste darauf nichts zu antworten. So trostlos hatte er Adhémar noch nie erlebt.
    »Nun belagert Kerbogha die Stadt und wir sind die Eingeschlossenen. Eingeschlossen in einer Stadt, in der es nichts Essbares gibt. Wir haben eine ausgehungerte Stadt erobert.«
    Martin stand der missglückte Versuch, ein Ei zu kaufen, vor Augen. Für Rab hatte er nur ein paar Halme Heu besorgen können. Die Pferde litten besonders.
    »Ich bin mir bewusst«, sagte Bischof Adhémar, »wir werden alle Hungers sterben, wenn nicht ein Wunder geschieht. Ich bete, dass ein Wunder geschieht.«

    Martin hatte sich nach einer langen Nachtwache dazu durchgerungen, Rabs Blut zu trinken.
    Es war nun schon fünf Tage her, dass er etwas Eselfleisch gegessen hatte. An Brot war gar nicht zu denken, stattdessen kochte er Feigen, Wein- und Distelblätter. Am Vorabend hatte er, um überhaupt etwas in den Magen zu bekommen, versucht, gekochte ausgedörrte Kamelhaut herunterzukriegen. Martin kannte Menschen, die ihre Schuhe verspeisten. Sogar der Kot von den Tieren wurde gewürzt und als Nahrung nicht verschmäht.
    Bedrückt öffnete Martin das Tor zum Pferdestall. Er hörte Schritte und in dem Dämmerlicht sah er einen Mann, der gedankenverloren auf ihn zukam. Es war Ritter Bernhard. Kummer lag auf seinem abgemagerten Gesicht, ein Leiden, das über die durch die Hungersnot verursachten Schrecknisse hinauszugehen schien. Martin wunderte sich, dass Bernhard offenbar zu Empfindungen und Gedanken fähig war, die jenseits der durch seinen Stand gebotenen Wahrnehmungen lagen. Dicht gingen die beiden Männer aneinander vorbei und es ärgerte Martin wieder einmal, dass er als Erster grüßen musste.
    Als Bernhard den Stall verlassen hatte, blieb Martin einen Augenblick stehen, drehte sich noch einmal nach dem Tor um. Es reizte ihn nachzuschauen, ob Bernhard etwa auch das Blut seiner schönen Araberstute getrunken hatte. Die Verletzung des Tieres an der Flanke war mit einiger Mühe zu erkennen. Bernhard fiel es offenbar ebenfalls schwer, Pferdeblut zu trinken, er war offensichtlich um das Wohl des Tieres besorgt und es war ihm sogar gelungen, Heu aufzutreiben.
    Martin ging zu Rab. Flüsternd und streichelnd, sprach er auf sein Pferd ein, bis er den entscheidenden Schnitt tat, das warme Blut in einem irdenen Gefäß auffing und es trank.
    Unentschlossen stand er später vor dem Stall. Alice ging ihm nicht aus dem Sinn, auch wenn er selten mit ihr sprach. Seit Theresas Tod fast gar nicht. Zögernd durch das nun von Leichen befreite Antiochia schlendernd, ging Martin mal hierhin und mal dorthin, bog dann wie zufällig in die Straße ein, in der Bernhard zusammen mit anderen jungen Rittern und eben auch mit Alice und dem Kind einen Palast bewohnte. Als Martin möglichst unauffällig an dem hohen Gebäude vorbeischlenderte, öffnete sich eine Seitentür und eine sehr junge Frau, fast noch ein Kind, schlich mit bedrücktem Gesicht hinaus. Im Türrahmen stand Kaspar, Bernhards Bursche, und schien etwas Unfreundliches zu sagen.
    Von Alice war nichts zu sehen.
    Irgendwie unangenehm berührt, lief Martin weiter zu dem Palast, den Bischof Adhémar gegenüber der Kathedrale von St. Peter bewohnte.
    Ein Diener meldete ihm, er solle sofort zum Bischof kommen. Graf Raimond von

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