Die Pilgerin von Passau: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman) (German Edition)
Verwendung das Kloster für das Gebäude hätte, vor allem aber, um die Wahrheit über den Tod Felicitas’ herauszufinden.
Zunächst zu Deiner Beruhigung. Das Kloster übernimmt zwar die anfallenden Kosten, so musste nach einem Sturm im November ein Großteil der Schindeln ersetzt werden, das Haus wird jedoch als Dein Eigentum betrachtet. Du kannst nach Deiner Rückkehr, hoffentlich als reicher Mann. Dein Geschäft in gewohnter Weise wieder aufnehmen. Das Kloster ist reich und ich werde die Brüder zu überzeugen wissen, dass wir einem Jerusalempilger, dessen Leben ständig bedroht war, großzügiges Entgegenkommen erweisen sollten.
Der eigentliche Grund meines Schreibens besteht jedoch in meiner Einsicht, dass Du am Tode Felicitas’ keine Schuld trägst, jedenfalls nicht die Schuld, derer ich Dich all die Jahre bezichtigt habe.
Seit Deinem Fortgang nach Jerusalem habe ich viele Stunden in dem Tanzsaal verbracht und jede Stufe der steinernen Treppe untersucht.
Ich habe die Augen geschlossen, die Spielmannsleute und den Tanzbären vor mir gesehen, die Musik gehört und mir uns vorgestellt, wie wir festlich gekleidet an der Tafel saßen, Du neben Felicitas, ich ihr gegenüber.
Jedoch, der Dienende steht immer über denjenigen, die zu Tische sitzen.
Stolz und von magischer Schönheit durchschritt Martha den Saal, brachte den Krug mit Wein und schenkte als Erster ihrer Herrin ein.
Wie aus Versehen glitt ihr der Krug aus den Händen und zerbrach auf dem Steinfußboden.
Wortreich entschuldigte sie sich für ihr Missgeschick, wischte sogar statt der hinzueilenden anderen Mägde eigenhändig den Boden, niemand durfte ihr helfen. Neuer Wein wurde geholt, und so war es nur und ausschließlich Felicitas, die von dem zuerst ausgeschenkten Wein trank. Ich vermute, ihr wurde schon bald schwindelig. Aber wie es Felicitas’ Art war, sprach sie nicht darüber. Ich beobachtete, wie ihr Gesicht immer fahler wurde, während ihre Augen einen unruhigen Glanz bekamen. Einmal forderte ich sie, mir zur Qual, zum Tanz auf und fühlte ihre kalten Hände.
Plötzlich, mitten im Tanz, verließ Felicitas den Tanzsaal und eilte die Steintreppe hinunter. Du warst hinter ihr, ich folgte. Deine Hand berührte ihren Rücken. Es sah aus, als würdest Du sie stoßen. Heute weiß ich, die Treppe war an dieser Stelle besonders uneben und glatt und Du wolltest sie nur davor warnen.
Ich habe inzwischen unser Vaterhaus vom Keller bis zum Dachboden durchsucht. Marthas Kammer war seit ihrem Tode unberührt – auch sie fiel eine Steintreppe hinunter.
Gott geht mit den Menschen sonderbare Wege.
Jedenfalls besaß Martha Schriften über Heilkunde, ich fand aber auch die Abschrift einer Rezeptur für ein Gift, das unmittelbar zu Übelkeit, Schwindel, Bewusstlosigkeit und bei einer Überdosis zum Tode führt.
Der Vorwurf gegenüber Martha trifft mich härter, als Du vermutest, weil ich mit ihr enger verbunden war, als ich es jemals gewünscht habe und ihr es geahnt habt.
Es war kein Fluch, den ich ausstieß, als Du mit Felicitas im Brautbett lagst.
Es war Verzweiflung und der Entschluss, zu der Frau zu gehen, von der ich wusste, Du begehrtest sie Dir als Deine Buhle. Es war Rache.
Ich habe Dich auf den Weg nach Jerusalem gehetzt und Du hast um der göttlichen Strafe und der Hoffnung auf Gnade willen Dein Leben als Kaufmann aufgegeben.
Zwar bin ich mir durchaus sicher, dass jede Frau und jeder Mann dieser Pilgerfahrt zur Befreiung des Heiligen Grabes für sein Seelenheil bedarf, so auch Du, jedoch nicht um der Tat willen, um deretwillen Du Dich aufgemacht hast. Mögen Dir die Strapazen und Gefahren auf Erden wie auch in der jenseitigen Welt Gewinn bringen.
Christe eleison, Herr, erbarm dich unser.
Ich empfehle Martin Deiner Gunst und Gnade.
Sei gegrüßt‹
Martin war sterbenselend zumute.
Er selbst aus Verzweiflung, Eifersucht und Rache in Sünde gezeugt!
In Martin stieg es heiß auf, er merkte, wie er flammend rot wurde. Hastig ergriff er den Brief, steckte ihn zurück und floh aus dem dunklen Raum mit den entsetzlich süßlich duftenden Kerzen.
Nur fort aus diesem Palast. Nur weg von Alice!
Er rannte die Stufen hinunter, hörte, wie Alice ihm »Martin!« nachschrie, ja, sogar das Fenster öffnete und noch einmal flehend »Martin!« rief.
In den Gassen und auf den Plätzen überall Arme, die nach der Beisetzung Bischof Adhémars auf die üblichen Almosen warteten und ihn anbettelten.
Scheußliches Antiochia. Martin sprang zur
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