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Die Pilgerin von Passau: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman) (German Edition)

Die Pilgerin von Passau: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman) (German Edition)

Titel: Die Pilgerin von Passau: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maren Bohm
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bei dem tödlichen Marsch durch die Salzwüste ums Leben gekommen. Nun könnt Ihr sagen, das war seine Sache. Wer sich in Gefahr begibt, der kommt darin um.
    Aber so war es nicht. Ich habe auf meinen Besitzungen im Jahre 1083 ein Kloster gegründet, das ein Jahr später von König Philipp bestätigt wurde. Roger war Abt dieses Klosters. Bevor er das Kreuz nahm, haben wir lange darüber gesprochen, ob ein Abt überhaupt sein Kloster verlassen dürfe für eine Pilgerfahrt, die dazu noch Jahre dauern und mit dem vorzeitigen Tod enden könnte. Sei nicht der Platz eines Abtes allein bei seinen Brüdern? Ich denke, mir zum Gefallen ist er mitgekommen. Ich habe ihn inständig um seinen geistigen Beistand gebeten.
    Nun hat er Jerusalem nicht erreicht, ist schon ein Jahr tot. Und wem hat sein Tod genützt? Jesus Christus? Wollte Jesus wirklich dieses Opfer? Wen Gott liebt, den züchtigt er. Aber Roger war ein frommer, gottesfürchtiger Mann, der keiner Züchtigung bedurfte.«
    »Es mag ja sein«, antwortete Martin, »dass jeder hier für den Tod eines anderen auch irgendwie verantwortlich ist, obwohl natürlich alle freiwillig das Kreuz genommen haben, bis auf die Kinder. Aber Ihr fragt mich, ob ich Euer Sekretär sein möchte. Ich weiß nicht, die Geschichte scheint mir nicht recht aufzugehen.«
    »Das müssen Dichtungen auch nicht. Sie dienen der Unterhaltung, der Ablenkung in Zeiten des Kummers und zur Freude und Erheiterung in glücklichen Zeiten.
    Was mich bei der Geschichte verblüfft, ist die Frage der Gerechtigkeit. Es kommen in der Erzählung von Erec und Enide auch zwei Grafen vor. Einer von ihnen will Erec umbringen, wird zur Strafe zwar verwundet, kommt aber mit dem Leben davon.
    Der andere Graf rettet Enide jedoch das Leben. Sicher, er begeht schwere Verfehlungen. Ich möchte das nicht kleinreden. Natürlich hätte der Graf sie nicht schlagen dürfen. Er war wütend, dass die Frau, die er liebt und begehrt, sich ihm verweigert. Aber steht darauf wirklich der Tod?«
    »Ich verzweifele an Gottes Gerechtigkeit«, antwortete Martin, noch immer bedrückt und düster. »Theresa war die reinste und unschuldigste Frau. Sie war immer darauf bedacht, anderen zu helfen, Gottes Gebote zu achten, und sie war auf der Pilgerfahrt nach Jerusalem, um die Verfehlungen und Sünden ihrer Mutter zu lindern.«
    Anselm hüllte sich in seine Decke, denn es war kühl geworden. Er stützte seinen Arm auf und blickte zu Martin, den er in der Dunkelheit kaum noch erkennen konnte.
    »Ich habe gelernt, dass die Gerechtigkeit sonderbare Wege geht, die wir nicht erkennen.«
    »Wie meint Ihr das?«, horchte Martin auf.
    »Ich hoffe und glaube, dass Gott nicht nur Sünden bestraft, sondern dass er aus Bösem Gutes entstehen lassen kann. Wie viele Kinder werden in Sünde gezeugt und werden trotzdem gute Menschen, soweit uns das möglich ist.«
    »Wenn Ihr so denkt«, sagte Martin sehr langsam, als sei er sich nicht sicher, »dann nehme ich Euer Angebot an und komme nach dem Kreuzzug mit Euch auf Eure Burg.«

    Ende September war die Seuche abgeklungen, sodass Anselm und Martin nach Antiochia zurückkehrten. Martins erster Weg führte zu Theresas Grab.
    Er stand lange davor in der Abenddämmerung und es schien, als sei Theresa um ihn, ganz dicht bei ihm, ohne Hass, ohne Zorn, ohne Vorwurf. Er strich sich mit der Hand über sein Gesicht und es war ihm, als gehe ein leichter Wind und sie streichle ihn sanft.
    Vielleicht nur Einbildung, vielleicht nur Trug, dachte er. Doch irgendwie sicherer geworden, gefestigter, ging er zu Rab und ritt über die Steinerne Brücke hinein in die Stadt. Zum Palast Bischof Adhémars wollte er nicht, so hoffte er, bei Markus unterzukommen, der mit anderen Mönchen zusammen ein Haus in einer Nebenstraße bewohnte.
    Martin traf den Freund beim Briefe schreiben, wobei Markus, als Martin eintrat, statt aufzustehen und Martin mit dem Bruderkuss zu begrüßen, das Schreiben eilends mit seiner Hand und seinem Arm verdeckte. Martin musste grinsen: Also doch und noch nach so langer Zeit. Er ließ sich auf einem Diwan nieder und blickte zu Markus hinüber.
    »Du schreibst Briefe?«
    Markus fasste sich, stand auf, wie auch Martin sich erhob, und umarmte den Freund. Dann setzte er sich wieder an seinen Platz.
    »Ich berichte von den Ereignissen hier«, sagte er. »Ich schreibe an das Kloster Niedernburg in Passau.«
    Martin äußerte sich nicht dazu.
    »Ich weiß schon, was du vermutest. Ja, es ist das Kloster, in dem Hildegard

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