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Die Pilgerin von Passau: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman) (German Edition)

Die Pilgerin von Passau: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman) (German Edition)

Titel: Die Pilgerin von Passau: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maren Bohm
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näherte, sah er ein Feuer, auf dem etwas gebraten wurde. Ihm lief das Wasser im Munde zusammen, obwohl ihn der süßliche Geruch abstieß. Als er näher kam, wurde ihm übel, er bekreuzigte sich hastig.
    Martin verzichtete von nun an auf weitere Streifzüge durch die Umgebung und beteiligte sich stattdessen an dem Bau eines Belagerungsturms, mit dem Graf Raimond von Toulouse beabsichtigte, die Stadt zu erobern.

    »Das ist die richtige Arbeit für einen Ritter«, rief Anselm zu Martin hinauf, der auf der ersten Plattform des Belagerungsturmes stand und mit dem Holzhammer einen Holzstift in die Schwalbenlöcher schlug.
    In Martin kam der Knecht hoch, er merkte, wie er wütend und verbittert wurde.
    Natürlich, Anselm von Ribemont gehörte zu den nobiles und würde in den Chroniken über die bewaffnete Pilgerfahrt namentlich mit allen Vornehmen zusammen genannt, gleichgültig, was er tat. Vom Fußvolk jedoch würde niemand etwas aufzeichnen.
    Theresa, schoss es Martin durch den Kopf, auch ihr grausamer Tod würde erwähnt. Vielleicht hatte Anselm längst seinem Erzbischof Manasse von ihrer Ermordung geschrieben. Martin war es, als würden die Balken über ihm zusammenbrechen.
    Dass Anselm versöhnlich zu ihm sagte: »Den Belagerungsturm werden wir alle gemeinsam an die Stadtmauer schieben müssen, ob nun Ritter oder nicht«, bekam er nicht mit. Irgendwie musste er sich vor dem Gedanken retten, dass in den Briefen und Chroniken sachlich, nüchtern, leidenschaftslos, wie es für die Schreiber üblich war, berichtet wurde, dass einer jungen, schönen Frau, die sich in einem Garten mit einem Geistlichen beim Würfelspiel befunden habe, auf der Mauer von Antiochia von den Türken der Kopf abgeschlagen worden sei, nachdem sie die Nacht über vergewaltigt worden war.
    Um irgendetwas zu sagen, fragte er in unfreundlichem Ton, während er die Treppe vom Belagerungsturm langsam hinunterkam:
    »Und was habt Ihr Sinnvolles in der Zwischenzeit gemacht?«
    »Ob es sinnvoll war, wird sich zeigen. Peter Bartholomäus hat wieder eine Vision gehabt. Der Heilige Andreas sei ihm erschienen und habe die baldige Eroberung Maarat an-Numans vorausgesagt. Deshalb hat mich Graf Raimond zum gegenüberliegenden Lager Bohemunds geschickt, damit bei einem Angriff sein Heer mit unserem zusammen kämpft.«
    »Und?«
    »Bohemunds Leute haben sich über Peters Visionen lustig gemacht und Bohemund selbst hat die Echtheit der Heiligen Lanze laut und deutlich angezweifelt. Natürlich, Graf Raimond glaubt daran, also muss er sie in den Schmutz ziehen.«
    »Glaubt Ihr denn an die Echtheit der Lanze?«
    »Ja, jedoch in einem doppelten Sinne. Ich glaube tatsächlich, dass es sich um die Lanze handelt, mit der Jesus in die Seite gestochen wurde. Der Sieg über Kerbogha ist ein Wunder und letztlich militärisch nicht nachzuvollziehen. Selbst wenn, wie es heißt, die Emire sich uneinig waren und verhindern wollten, dass Kerbogha zu mächtig wurde, bleibt ein unerklärlicher Rest, den ich auf die Heilige Lanze zurückführe. Aber auch wenn es sich anders verhielte, meine ich, dass die Lanze echt ist.«
    Martin sah Anselm zweifelnd an.
    »Ich meine, dass Gott uns diese Lanze geschickt hat, gleichgültig, ob es sie tatsächlich schon zu Jesu Tod gegeben hat, damit wir die Kraft haben, Kerbogha zu besiegen, damit wir nicht alle untergehen und sterben, vielmehr tatsächlich unser Ziel Jerusalem erreichen können. Gott fügt unser Leben, wie er es will, auch wenn die Ereignisse unseres Lebens gar nicht nach Gottes Wirken aussehen.«
    »Ich verstehe nicht«, sagte Martin.
    Anselm holte Luft. »Ich meine es so, dass jeder von uns eine eigene Geschichte mit Gott hat, die ihn dazu brachte, nicht daheim zu bleiben, sondern trotz aller Gefahren das Kreuz zu nehmen, um das Grab Christi zu befreien.«
    Martin dachte darüber nach. Er sah sich als Knecht mit anderen jungen Männern im Passauer Dom stehen und fühlte den abwartenden, prüfenden, möglicherweise lauernden Blick des Abtes auf sich ruhen. Ihm wurde erst jetzt bewusst, dass der Abt genau in dem Moment die Kirche verließ, als Martin sich für die Pilgerfahrt gemeldet hatte. Dieses Verhalten war nach wie vor verwirrend. Schweigend, schlecht gelaunt stand er jetzt vor Anselm.
    Endlich sagte er: »Ihr meint, der Anlass für unsere Pilgerfahrt nach Jerusalem war oftmals ein böser?«
    »Nun, zumindest keine gute Tat.«
    »Und Ihr?«, fragte Martin herausfordernd.
    »Ich? Mein Anlass?«
    »Verzeiht, es geht mich nichts

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