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Die Pilgerin von Passau: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman) (German Edition)

Die Pilgerin von Passau: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman) (German Edition)

Titel: Die Pilgerin von Passau: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maren Bohm
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Stadt Maarat an-Numan im Rücken hinter sich lassend.
    Martin führte Rab am Zügel, wie auch die anderen Ritter neben ihren Pferden liefen. Vor Martin ging der alte Graf Hugo von St. Paul, barfuß, mit gesenktem Kopf und hängenden Schultern, im Büßerkleid, ohne Kettenhemd, er trauerte um seinen Sohn Engilrand, der in der Weihnachtszeit gestorben war, einfach so, an einer unerklärlichen Krankheit. Unter Tränen wurde sein Leichnam in der Basilika des seligen Apostels Andreas beigesetzt.
    Warum Engilrand und nicht ich? Der wurde von seinem Vater geliebt, klagte Martin.
    Wieso war nicht er gestorben, als der Belagerungsturm am 11. Dezember endlich unter ständigem gegnerischen Pfeilregen und Steinschleudern an die Stadtmauer herangerollt war und er den ganzen Tag neben Wilhelm von Montpellier auf der obersten Plattform gestanden und unter ständigem Beschuss der Feinde Steine in die Stadt geschleudert hatte. Beschuss war nichts gegen diese mörderische Verteidigung. Griechisches Feuer wurde auf den Belagerungsturm geworfen. Männer brannten und schrien und fast alle Ritter auf der obersten Plattform kamen ums Leben. Dazu blies Edvard der Jäger ununterbrochen laut die Trompete. Martin wusste nicht, wozu und warum ausgerechnet er am Leben blieb und sich wie von Zauberhand getrieben die Treppe nach unten flüchten konnte. Doch ihr Todesmut hatte Erfolg. Denn hinter und unter dem Belagerungsturm drangen Mineure bis zur Stadtmauer vor, erweiterten den engen Stollen zu einer Höhle, stützten sie mit Balken ab und füllten sie mit Reisig, trockenem Stroh, Gestrüpp und einem fetten Schwein. Gegen Abend gab es endlich die erwartete Explosion. Das Schwein, das einige Leute des Grafen trotz der Hungersnot bei christlichen Bauern hatten auftreiben können, war zerplatzt, die Kammer brannte und die Stadtmauer brach unter Getöse zusammen.
    Die feindlichen Turmwachen sprangen zur Seite und flohen – Raimonds Soldaten krochen durch den Tunnel in die Stadt, Bohemunds Männer hatten nun endlich genug Leitern und kletterten auf die Befestigungsmauer.
    Die Armen, die Ausgehungerten, die Ärmsten der Armen brachen in die Stadt hinein.
    Das Abschlachten begann. Das Plündern begann. Die Armen mordeten, wen immer sie zu fassen kriegten.
    Das entsetzte, schreckensvolle, grauenhafte Schreien der türkischen Kinder, Frauen und Männer erweckte Martins Mitleid. Dann durchzuckte es ihn:
    Sie haben Theresa ermordet. Sie waren es, die Theresa geschändet und ermordet haben.
    Martin ließ sich von einem Pulk von Männern in die Stadt treiben, die, mit Messern, Schwertern und erbeuteten Eisenkeulen bewaffnet, jeden töteten, der ihnen in den Weg kam. Grölend und fordernd drangen sie in die Häuser ein. Bis in die Nacht ging das Morden …

    »Da geht Graf Raimond im Büßerhemd«, bemerkte Anselm, der herangeritten kam und nun absaß.
    Martin schreckte auf: »Ich habe Euch gar nicht kommen hören.« Er fasste sich:
    »Schön, dass Ihr wieder aus Rugia zurück seid.«
    »Dabei geht es Graf Raimond von Toulouse um nichts als Macht und Ehre. Reich genug ist er ja. Er ist reicher als der französische König«, sagte Anselm verärgert, während er ebenfalls zu Fuß ging und sein Pferd neben sich führte. Allerdings war er nicht barfuß.
    »Was haben denn die Verhandlungen der Fürsten in Rugia ergeben?«
    »Nichts«, antwortete Anselm. »Graf Raimond hat versucht, die Heerführer zu kaufen.«
    »Auch Bohemund?«
    »Nein, aber er hat den anderen Fürsten Geld dafür angeboten, dass sie ihn als Führer über alle Heere anerkennen. Er ist aber bei Herzog Gottfried und den anderen Heerführern auf frostige Ablehnung gestoßen. Graf Raimond hätte ihnen sicher noch höhere Summen angeboten, wenn ihn nicht die Kunde ereilt hätte, dass seine eigenen Leute die Mauern von Maarat an-Numan niederreißen, um ihn zum Weiterziehen nach Jerusalem zu zwingen. Martin, Ihr hättet Graf Raimond sehen sollen, wie er in Aufregung und Panik davongeeilt ist …«
    Martin lachte. »Der Bischof von Albara, der zum Bischof über Maarat ernannt worden war, hat ganz schön protestiert, als die Männer anfingen, die Häuser zu zerstören, damit keine Umkehr möglich sei.«
    »Ja«, sagte Anselm sehr ernst. »Es war ein Massaker. Jesus aber sagt: ›Liebet eure Feinde, betet für die, die euch verfolgen.‹«
    »Ich verstehe Euch nicht«, erwiderte Martin. »Bisher waren es vor allem die Armen, die Unbewaffneten, die von unseren Feinden umgebracht wurden. Jetzt noch vor

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