Die Pilgerin von Passau: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman) (German Edition)
über eine Brücke, die aus der Römerzeit stammte. Ihm war klar, dass schon die Römer den militärischen Vorteil dieses Platzes genutzt hatten. Er erschrak jedoch, als er die Südseite der Burg sah. Er fand eine Felsschlucht vor, die noch dazu durch das Hochwasser unüberwindbar war. Unmöglich, die Burg einzuschließen, unmöglich, hier irgendwo einen Belagerungsturm aufzubauen, unmöglich aber auch, die Burg von den gegenüberliegenden Felsen anzugreifen, denn die angrenzenden Berge waren so weit entfernt, dass ein Beschuss ausgeschlossen war.
Prahlend jedoch ritt Graf Raimond daher, befahl, das Lager für einige Tage am Fuße des Bergvorsprungs aufzurichten, bis die Burg genommen und ihre Bewohner erschlagen worden seien. Murrend folgte das Heer seinem Befehl. Jerusalem war doch ihr Ziel, oder?
Die Jungen holten ihre selbst geschnitzten Schwerter hervor und begannen zu kämpfen, Mädchen und Frauen sammelten Reisig und Holz und entzündeten die Feuer für die Nacht. Martin stand mit anderen Rittern und Fußsoldaten im Lager herum, der Anblick Anselms von Ribemont war ihm zu verdrießlich.
»Die wissen genau, wie wenige wir sind«, war das Letzte, was er von Anselm hörte, bevor der schlecht gelaunt ins Feuer starrte und vor sich hinschwieg.
Im Morgengrauen: Sturmangriff. Die Männer wussten, es würde mörderisch. Graf Raimond wusste es auch. Bei diesem Angriff würde wahrscheinlich jeder fünfte Mann sterben, zumindest aber verwundet werden.
Die Ritter und Bogenschützen versammelten sich unter ihren Bannern und begannen den Ansturm auf die Burg. Die Sturmleiter in der Hand, das Schwert umgürtet, rannten die Steiger los, versuchten, den im Norden gelegenen Berghang zu erklimmen, der überhaupt nur für einen Angriff geeignet zu sein schien. Ihr Ziel war es, die Leiter an der Burgmauer einzuhaken, hinaufzuklettern und dann im Nahkampf zu siegen. Unmöglich, die Todeszone zu durchqueren, der Abhang war steil, die spitzen Steine verhinderten ein schnelles Fortkommen, die Rüstung drückte schwer bei dem mühsamen Aufwärtssteigen.
Die Angegriffenen lachten, beschimpften die Angreifer mit unverständlichen Worten, die dennoch als Hurensöhne und dergleichen zu übersetzen waren.
Martin wusste, alle feindlichen Krieger der Burg waren an diesem Abschnitt der Befestigungsanlage zusammengezogen, er musste nicht nach oben schauen, um festzustellen, dass auf den Mauern gestaffelte Reihen von Bogenschützen und Steinschleuderern nur darauf warteten, sie abzuschießen. Jeden der Männer hatten die Feinde auf der Burgmauer genau im Blick.
Anselm, Martin und neben ihnen die anderen Männer stießen ihr furchtbares Kriegsgeschrei aus, das wie »Gott will es!« klang, und übertönten damit das Schreien der Verwundeten, der Sterbenden. Über ihnen schwirrten die Pfeile, die ihrer eigenen Bogenschützen, die ihnen Deckung geben sollten, wie auch die feindlichen, deren geschliffene Spitzen sich nicht nur in den Kettenhemden festsetzten, sondern, da sie von der Burg aus abgeschossen wurden, die Durchschlagskraft besaßen, die Rüstung zu durchbohren, schwere Verletzungen hervorzurufen, zu töten. Neben Martin brachen Männer zusammen, deren Gesicht von Steinen zertrümmert war.
Weiter, Martin kletterte weiter den Berghang hinauf. Jetzt nur noch wenige Meter bis zur Burgmauer. Er zweifelte, dass die quaderförmigen Steinblöcke überhaupt ein Einhaken ermöglichten. Von oben wurde ungelöschter Kalk hinuntergeschüttet.
Martin sprang zurück, versuchte, sich mit seinem Schild zu schützen. Felsbrocken wurden herabgestürzt, Dung, der die Augen verklebte, glühende Eisenspäne. Männer schrien auf, kochendes Pech wurde herabgegossen. Freunde wanden sich am Boden vor Schmerzen, starben. Martin versuchte, die Leiter anzulegen, blitzschnell nach oben wollte er.
Nichts davon, die Leiter wurde umgestoßen. Sein Kamerad Wilhelm de Picarde neben ihm hatte mehr Erfolg, halbhoch war er schon, doch da lösten die Feinde den Haken, er fiel in die Tiefe, prallte auf Geröll. Martin hörte etwas hinter sich seinen Aufschrei. Doch bevor er ihm helfen konnte, warfen die Belagerten brennendes Stroh auf den Verwundeten, dass er in seiner Rüstung verglühte.
In der Nacht wurden die Toten gesucht und am nächsten Morgen begraben.
Graf Raimond von Toulouse, Robert von der Normandie, Tankred und Anselm von Ribemont beschlossen, von weiteren Sturmangriffen einstweilen abzusehen und stattdessen große Wurfmaschinen zu bauen, um riesige
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