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Die Pilgerin von Passau: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman) (German Edition)

Die Pilgerin von Passau: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman) (German Edition)

Titel: Die Pilgerin von Passau: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maren Bohm
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Nase wurde trotz des Helms tief in den Kopf eingedrückt. Er war sofort tot. Anselm ist so gestorben, wie er es in dem Gesicht zuvor geschaut hatte.
    Gottes Ratschlüsse sind unergründlich.
    Meine Trauer, ich kann sie Euch nicht schildern.

    Graf Raimond Saint-Gilles von Toulouse war so betrübt und erschüttert von dem Tode Anselms von Ribemonts, dass er die anderen Fürsten, besonders Herzog Gottfried von Bouillon und Graf Robert von Flandern, die sich noch immer in Antiochia aufhielten, aufgefordert hat, ihm endlich bei der Belagerung von Akkâr zu Hilfe zu kommen. Er wolle nicht ruhen, bevor die Burg erobert sei. Das sei er Anselm von Ribemont schuldig. Aber die Fürsten haben Graf Raimond den Beistand versagt, jedenfalls zu diesem Zeitpunkt.
    Erst später, als Graf Raimond das Gerücht verbreitete, der Kalif von Bagdad habe ein gewaltiges Heer zusammengezogen und würde in nächster Zeit Akkâr erreichen, um uns zu vernichten, da kamen Herzog Gottfried und Graf Robert von Flandern aus Djebali, das sie zu erobern suchten, mit ihren Truppen herbeigeeilt und beteiligten sich ziemlich unwillig und erfolglos an der Belagerung Akkârs. Das geschah Anfang März.
    Es gab Streit zwischen den Fürsten, da das Gerücht eines muslimischen Entsatzheeres sich als falsch, wenn nicht als List Raimonds erwies. Tankred, der von Anfang an gegen die Belagerung von Akkâr war, behauptete, nicht genug Geld vom Grafen Raimond erhalten zu haben, und wechselte ins Lager des Herzogs Gottfrieds über. Bohemund, der sich für kurze Zeit entschlossen und auch feierlich versprochen hatte, mit seinem Heer an der Eroberung Jerusalems teilzunehmen, kehrte wieder zurück nach Antiochia.
    Es fehlen uns also zwei große Heerführer, Balduin bleibt in Edessa und Bohemund in Antiochia. Beide lösen ihren Kreuzzugseid nicht ein, Anselm von Ribemont hat dies immer sehr getadelt.
    Obwohl unser Heer durch den Wegfall dieser Heerführer und ihrer Ritter und Fußsoldaten sowie durch den Streit zwischen den Fürsten geschwächt ist, werden wir nach Jerusalem weiterziehen. Wir wissen alle, dass wir eine seit Jahrhunderten gut befestigte Stadt vor uns haben werden. Aber es sehnt sich jede Frau und jeder Mann, die Heilige Stadt nach bald drei Jahren endlich unserem Herrn Jesus Christus zurückzugeben.
    Da also niemand, auch keiner der Fürsten außer Graf Raimond, die weitere Belagerung Akkârs wünscht, gab er tränenden Auges den Befehl, das Lager abzubrechen. Wir werden die Küstenstraße über Tripolis bis zur fatimidischen Grenze am Hundefluss nehmen, englische und genuesische Flotten könnten uns dort am Meer zu Hilfe kommen. Und es geht die Prophezeiung, dass die Befreier Jerusalems die Küste entlangziehen werden.

    Anselm von Ribemont ist aus diesem Licht gewandert.
    In seinem Namen bitte ich Euch, für uns Pilger zu beten, für die lebenden und für die toten. Helft den Armen, wo sie auch sein mögen, wie es Anselm immer getan hat. Und betet, dass wir Jerusalem nun unverzüglich erreichen.‹

    Martin nahm sein Gesicht in die Hände und weinte.
    Wen du liebst, der stirbt.
    Wie sollte er diesen Fluch jemals loswerden?

Aufs Rad geflochten, Passau im Mai 1099
    »Sie kommen!«, durchfuhr es den Verurteilten. Schweiß brach aus am ganzen Körper und verklebte die Haut. Es war ihm, als stünden seine Haare zu Berge. Das stockfinstere Verlies, das Steinbett, auf dem er die Nacht frierend und horchend verbracht hatte, das Huschen der Ratten und der Gestank erschienen ihm wie das Paradies im Vergleich zu dem, was ihn erwartete. Die Hinrichtung. Angst hatte er, Angst vor der freudig erregten Menge, vor den Qualen des Todes, vor der Hölle. Er setzte sich mühsam auf, die Glieder schmerzten schon jetzt von dem harten Stein, auf dem er gelegen hatte. In Erwartung des Grauens starrte er zur Kerkertür. Von draußen vernahm er die kräftigen Stimmen der Knechte, die ihn zum Richtplatz führen würden. Unruhig den Geistlichen erwartend, erhob er sich. Er hörte den Schlüssel im Schloss, dann ging die niedrige Tür auf und, sich bückend, trat der Priester ein.
    »Gelobt sei Jesus Christus«, grüßte er mit klarer Stimme und stellte die Kerze auf einen Mauervorsprung.
    Geblendet vom hellen Licht, kniff der Mann die Augen zu, riss sie aber gleich wieder entsetzt auf.
    Vor ihm stand der Leibhaftige, der Abt.
    »Gelobt sei Jesus Christus«, wiederholte der Abt seinen Gruß.
    »In Ewigkeit – Amen«, stotterte der Mann und ließ sich schlotternd auf das Bett

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