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Die Pilgerin von Passau: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman) (German Edition)

Die Pilgerin von Passau: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman) (German Edition)

Titel: Die Pilgerin von Passau: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maren Bohm
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Hand vor Augen, um auf die weite Entfernung genauer sehen zu können.
    Lachend und den Männern auf der Burg Schimpfworte zurufend, wurde ein schwerer Stein auf den Schleuderarm der Belagerungsmaschine geladen, der Riegel gelöst, das Seil surrte, der Wurfarm schnellte nach oben gegen den Querbalken und, begleitet von lautem Kriegsgeschrei, flog der Brocken in weitem Bogen auf die Burg zu und prallte mit Wucht an die Wand.
    Die Antwort der Belagerten erfolgte sofort. Martin schüttelte innerlich den Kopf. Anselm hatte ganz recht, es war Wahnsinn, diese Burg zu belagern. Denn sie, die Leute von Akkâr, besaßen weitaus mehr Belagerungsmaschinen, hatten alle Zeit der Welt gehabt, sie zu bauen, hatten sie aus ihren Arsenalen herausgeholt und auf den Türmen und der Burgmauer aufgestellt. Ihre Geschosse sausten nur so hernieder, zertrümmerten teilweise den Wall des Lagers, waren auf die Wurfmaschine ausgerichtet, und es grenzte für Martin an ein Wunder, dass sie das Katapult nicht trafen.
    Gegen Mittag erschien Anselm.
    »Ihr hier?«, fragte Martin erstaunt.
    »Man kann dem Tod nicht davonlaufen«, antwortete Anselm leise.
    Die Belagerten gingen dazu über, neben den Steinen aus kleineren Ballistas Bolzen zu schießen. Unmittelbar vor Anselm sank ein Ritter nieder, seine Rüstung war durchschlagen, das Blut sicherte aus seinem Kettenhemd, nicht einmal ein Röcheln war mehr zu vernehmen.
    Anselm war bleich geworden und flüsterte Martin zu:
    »Wenn ich diesen Tag überlebe, werde ich Jerusalem sehen.«

    Martin saß in Anselms Zelt. Vor ihm auf einem Tischchen zwei Kerzen und das unbeschriebene Blatt Pergament. Ihm war heiß. Er hatte sein weißes Leinenhemd geöffnet und fuhr sich durch sein dunkelbraunes Haar.
    Seine Gedanken schweiften ab, wanderten hin und her, bis sie wieder den einen Moment erreichten, als Theresa vor seinen Augen der Kopf abgeschlagen wurde.
    Martin zuckte zusammen. Ein Jahr war es her. Jetzt im Mai – ein Jahr. Und fast zehn Monate waren vergangen, seitdem Alice verschollen war.
    Und nun, seit Februar schon, Anselm – tot.
    Von draußen drangen die nächtlichen Geräusche des Lagers zu Martin hinein. Fröhliches Reden, Zurufen, Lachen. Beim Morgengrauen würden sie die Zelte abbrechen, diesen Schreckensort Akkâr verlassen und endlich nach Jerusalem weiterziehen. Gleich bei Tagesanbruch würde ein Kurier nach Tortosa reiten, von wo aus ein genuesisches Schiff die Briefe nach Europa brächte.
    Letzte Gelegenheit also, sein Anselm gegebenes Versprechen einzulösen und an den Erzbischof von Reims zu schreiben. Es war schon eine Erleichterung, dass die Ehefrau des Grafen Raimond es übernommen hatte, Anselms Tochter vom Ableben ihres Vaters zu benachrichtigen.
    Martin müsste die Todesnachricht nun aufschreiben.
    Er müsste das Furchtbare in Worte fassen: Wen du liebst, der stirbt.

    Martin begann:
    › Im Namen Jesu Christi!
    Dem verehrungswürdigen, hochwürdigsten Fürsten Manasse, durch Gottes Gnade Erzbischof von Reims, von Ritter Martin, Sekretär und Diener des seligen Legaten des Papstes Bischof Adhémar von Le Puy und Sekretär des Herrn Anselm von Ribemont.

    Anselm von Ribemont ist tot.
    Anselm von Ribemont ist bei der Belagerung von Akkâr durch einen meuchelmörderischen Überfall am 25. Februar getötet worden.
    Der Tod kam für Anselm nicht unerwartet und er bat mich, Euch davon in Kenntnis zu setzen, damit Ihr Euren Freund in Eure Gebete für die verstorbenen Brüder aufnehmen möget.
    Anselm hatte am Vorabend seines Todestages ein Gesicht und hat mehreren aus unserem Heer davon berichtet. In der Nacht vor seinem Tod hat er gebeichtet und die Absolution empfangen. Doch er kannte weder Ort noch Stunde.
    Es war schon gegen Abend, als wir von Sarazenen angegriffen wurden, die heimlich das Kastell verlassen und bis zu unseren Zelten vorgedrungen waren. Es kam zum Kampf, Hände wurden abgeschlagen, Kniekehlen durchschnitten, Helme und Köpfe zerspalten. Auf Seiten der Sarazenen und auf der unsrigen gab es Tote. Anselm von Ribemont kämpfte mit äußerster Entschlossenheit und Kühnheit. Während viele von uns verwundet wurden und auch mir das Blut aus der linken Hand floss, blieb er unversehrt. Ich hoffte schon, Gott für Anselms Leben danken zu dürfen, da zielte ein Feind, den wir bisher noch nicht bemerkt hatten, aus dem Hinterhalt mit einem Wurfgeschoss auf uns. Anselm hatte gerade einen Gegner niedergerungen und sich erhoben, als sein Gesicht von dem Stein getroffen wurde. Die

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