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Die Pilgerin von Passau: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman) (German Edition)

Die Pilgerin von Passau: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman) (German Edition)

Titel: Die Pilgerin von Passau: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maren Bohm
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geschäftiges Öffnen der Tür ließen den Verurteilten aufschrecken. Der Abt half ihm, auf die Beine zu kommen, dann wurde Robert von den Männern gepackt, in Ketten gelegt und aus dem Verlies gestoßen.
    Draußen erwartete ihn die lärmende, freudige Menge. Frauen und Männer in ihren besten Kleidern, Kinder, die aufgeregt riefen, dass sie auch den Verbrecher sehen wollten, Kleinkinder, die von ihren Vätern huckepack genommen wurden. Dazwischen Händler, die lauthals Süßigkeiten, Wein und Bier anboten. Es war ein Getriebe, ein Leben. Endlich sollte in Passau Gottes Recht wieder aufgerichtet werden. Gott würde durch den Tod dieser Verbrecher endlich versöhnt.
    Robert wurde durch schmale Gassen auf Umwegen zum Paulustor hinausgeführt. Wer sich noch nicht durch das Gedränge zwängte, der sah aus dem Fenster begeistert zu. Nichts sollte von diesem Schauspiel verloren gehen. Unter dem Geleit johlender Menschen wurde Robert hinauf auf den Hügel zur Hinrichtungsstätte der Hofmark geführt. Dort hingen an Galgen bereits Gerichtete, verwesende Körper, Raben hatten ihnen die Augen ausgestoßen. Es stank.
    Für die Kumpane von Robert waren neue Galgen aufgebaut worden, einer seiner ehemaligen Freunde war schon gehenkt worden, der zweite stieg die Leiter hinauf, drehte sich dann aber um und spuckte in Roberts Richtung.
    Robert wandte sich ab. Der Henker stand nun hinter ihm.
    Der Abt fragte ihn leise: »Du willst wirklich den Tod auf dem Rad?«
    Robert nickte: »Ich möchte Gott durch meine Schmerzen versöhnen.«
    »Jesus Christus ist für dich gestorben.«
    »Trotzdem«, entschied der Verurteilte. »Ich will für meine Sünden büßen.«
    Der Abt erteilte Robert die Absolution. Hinter ihm trat plötzlich der Prior aus der Menge und stellte sich vor den Abt.
    »Ausgerechnet du begleitest diesen Verbrecher in den Tod? Welch christliche Nächstenliebe!«
    Der Abt sah seinem Bruder in Christo scharf in die Augen und erwiderte:
    »Unser Herr Jesus Christus lehrt uns, unsere Feinde zu lieben und die Gefangenen im Gefängnis zu besuchen.« Damit wandte er sich dem Verurteilten zu.
    Der Henker, der von allem nichts wahrnahm, griff nach dem Gerichteten und ließ ihn entkleiden. Gebannt schauten die Kinder, Frauen und Männer zu; das war doch noch viel aufregender als das Erhängen. Das schaffte die Genugtuung, dass das Böse wirklich in die Hölle vertrieben würde.
    Robert wurde nackt auf den Rücken gelegt und seine ausgestreckten Gliedmaßen auf dem Boden festgebunden. Der Henker richtete sich auf, gewaltig stand er vor dem Hingestreckten. Mit wuchtigen Schlägen brach er seinem Opfer die Knochen. Doch ohne ihn zu töten. Schlag folgte auf Schlag, begleitet vom gepeinigten Aufschreien des Gemarterten, das noch vom Lärmen der Zuschauer um ihn übertönt wurde.
    Der Henker zerbrach als Letztes die Fußgelenke, überlegte kurz, ob er den Gnadenakt walten lasse dürfe. Nein, diesen Verbrecher würde er nicht mit einem Stoß auf den Hals oder das Herz töten. Stattdessen legten er und seine Knechte den geschundenen Körper aufs Rad und banden Roberts gebrochene Glieder fest in die Speichen. Unter dem Jubel der Menge, unter Beifallsklatschen wurde das Rad auf einen Pfahl gesteckt und aufgerichtet.
    Es geschah diesem grausamen, gotteslästerlichen Verbrecher, der es gewagt hatte, einen Heiligen töten zu wollen, nur recht, wenn er, Wind, Sturm und wilden Tiere ausgesetzt, noch lange nicht krepieren würde.
    Der Tag war schon weit fortgeschritten, bis die aufgebrachten, aufgeregten Menschen die Hinrichtungsstätte verließen und sich, noch immer innerlich aufgewühlt, in der Stadt an ihre Verrichtungen, ihre Arbeit begaben.
    Der Abt hingegen fasste den Entschluss, während er am Ufer der Donau sein Pferd grasen ließ, sich bückte, mit der hohlen Hand Wasser schöpfte und sein Gesicht kühlte, mitten in der Nacht zum Galgenberg zurückzukehren, den Geräderten loszubinden und ihn auf den Boden vor das Rad zu legen. Am Morgen würde man den Schwerverletzten finden und glauben, die Gottesmutter Maria habe sich seiner erbarmt und ihn vom Rad befreit.
    Der Abt wollte dafür sorgen, dass man die Knochen, soweit wie möglich, wieder richtete und Robert im Kloster gesund gepflegt würde.

Im Eilmarsch nach Jerusalem, 13. Mai – 7.Juni 1099
    Um sich nicht gänzlich zu verlieren>, um noch irgendeinen Halt zu haben, beschloss Martin, die wichtigsten Ereignisse der letzten Strecke nach Jerusalem für sich aufzuschreiben.

    13. Mai

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