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Die Pilgerin von Passau: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman) (German Edition)

Die Pilgerin von Passau: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman) (German Edition)

Titel: Die Pilgerin von Passau: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maren Bohm
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ihr Kopfkissen auf. Es war ihr noch nie so hart erschienen.

    Nach einer kurzen Dämmerung wurde es schnell hell. Die Menschen erhoben sich von ihren Lagern, krochen oder schritten aus ihren Zelten. Man versammelte sich zur Frühmesse. Auch Alice verließ für diese heilige Handlung ihren Vater, fiel auf die Knie und bat um Vergebung ihrer Schuld.
    Schräg hinter ihr stand der junge Ritter von Baerheim, sie fühlte während der Andacht seinen Blick auf ihrem Nacken, den ihr Tuch frei ließ. Zurückhaltend grüßte er sie beim Fortgehen und verschwand in der Menge. Doch während Alice vor dem Wagen Weinblätter für die erste Mahlzeit zubereitete, um sie dem Vater in einem Brotteller zu servieren, sah sie Bernhard sich den Weg zu ihr bahnen. Er fragte nach dem Befinden des Vaters, nach ihrem eigenen, Alice gestand, es gehe ihr nicht sehr gut.
    Beim Fortgehen neigte Bernhard höflich den Kopf und erklärte nebenbei, er werde mit Balduin, dem Bruder des Herzogs von Bouillon, und anderen Rittern ausreiten. Den Grund konnte sich Alice vorstellen.
    Sie setzte sich wieder zu ihrem Vater auf den Wagen.
    Niedergeschlagen beobachtete sie, wie immer mehr Kreuzfahrer das Lager verließen, sogar die Frauen machten sich auf, um zu plündern. Unheimlich war ihr das. Doch noch viel unheimlicher war es ihr, dass Bernhard zu den engsten Vertrauten Balduins gehörte, dessen hochfahrende, rücksichtslose Art sie nicht mochte und den sie als machtbesessen und grausam einschätzte. Nun, sie hatte ja noch nie etwas mit ihm zu tun gehabt – aber trotzdem, dass die beiden nun zusammen ausritten…
    Gegen Mittag kehrte Bernhard ins nahezu menschenleere Lager zurück. Alice sah ihn von Weitem auf seinem Pferd sich ihr nähern. Am Zügel führte er ein zweites Pferd, ihr eigenes.
    »Jungfer Alice, s’il vous plaît. Euer Pferd.«
    Alice freute sich, ja, sie war erleichtert, dankte ihm und unterdrückte die Frage, wie er zu dem Pferd gekommen sei, mit welchen Mitteln er es vom Wirt zurückgewonnen hatte.

    Angespannt und angestrengt blickte Alice in die Richtung, aus der sie den jungen Ritter Bernhard von Baerheim erwartete. Jeden Abend nun war er, sobald die bewaffneten Pilger wieder ins Lager zurückkehrten, zu ihr gekommen und hatte sie gebeten, ihn auf einen Spaziergang am Meer zu begleiten. Es war die Erlösung von den Qualen des Tages gewesen, da sie Stunden um Stunden bei ihrem Vater sitzen, seine Leiden, seine Schmerzen und Verzweiflung ertragen musste. Diesen Schmerz und vor allem die Tatsache, ein Krüppel zu sein, dankbar als Geschenk Gottes anzunehmen, fiel ihm von Tag zu Tag schwerer. Und wenn auch Alice mit ihm Gebete sprach, freundlich und aufmerksam ihn bediente, so wartete sie dennoch sehnsüchtig auf die Stunde, in der der junge Ritter sie von all ihren traurigen, trostlosen Gedanken befreien würde.
    Alice wusste, dass er heute später kommen würde. Bernhard und sein Vater Graf Otto waren zusammen mit weiteren Adeligen vom Herzog Gottfried von Bouillon und seinem Bruder Balduin von Boulogne zu einem Gastmahl gebeten, das er für die Abgesandten des byzantinischen Kaisers Alexios gab. Die in den Diensten Byzanz’ stehenden Franzosen Radulph und Roger waren vom Kaiser ausgesandt worden, um die Plünderungen zu beenden und Herzog Gottfried Vorhaltungen zu machen, er habe die Disziplin in seinem Heer nicht aufrechterhalten. Bernhard nun war trotz seiner Jugend zu dem Gelage geladen, weil er wegen seines angenehmen Aussehens, seiner tadellosen Umgangsformen den Beauftragten des Kaisers Vertrauen einflößen und sie beschwichtigen sollte, dass auch die jungen, kampflustigen Ritter nicht weiter brandschatzen und rauben würden. Radulph und Roger hatten sich allerdings schon bei ihrer Ankunft in Selymbria davon überzeugt, dass nach acht Tagen ausgiebiger Plünderung dieser mühelos Einhalt geboten werden könnte – weil es schlicht nichts mehr zu plündern gab.
    Schon am Vortag waren viele der Menschen, die das Kreuz genommen hatten, müde, zerschlagen und enttäuscht ins Lager zurückgekommen, weil sie in den Bauernhäusern der Umgebung kein Zicklein, kein Lamm, kein Geflügel mehr gefunden hatten. Und Alice war Bernhard dankbar für die Kräuter des Südens und den Fisch, den er ihr trotzdem für die Zubereitung des Abendessens gebracht hatte.
    Wenn er nur jetzt allmählich käme! Alice erwartete ihn mit besonderer Ungeduld und gleichzeitig mit dem Wunsch, er unterließe es heute, ihr seine Aufwartung zu machen. Hatte doch

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