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Die Pilgerin von Passau: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman) (German Edition)

Die Pilgerin von Passau: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman) (German Edition)

Titel: Die Pilgerin von Passau: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maren Bohm
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dürfe.

    Auch nach dem Besuch des Juden gelang es Adhémar nicht, sich in das besonnene Maß zurückzuversetzen, das er sich als Haltung zur Pflicht auferlegt hatte. Im Gegenteil, aufgewühlt war er, während er wiederum den mit unzähligen Kerzen erleuchteten Saal durchschritt, eine Verschwendung, die sich nur die Byzantiner erlaubten.
    Wie hatte der Jude auf Adhémars Bemerkung geantwortet, er sei für seinen Botengang sicher reichlich bezahlt worden. Ein feiner ironischer Blick erhellte das an sich ernste Gesicht des Mannes, als er erwiderte: Ein Lächeln seines Auftraggebers sei ihm Dank genug.
    Woraufhin er dem Legaten einen Brief aushändigte, sich verbeugte und den Raum verließ.
    Adhémar öffnete das Schreiben. Und zog verwundert die Stirn kraus. Was war das für eine elegante Schrift! Wenn dieser Brief nicht diktiert war, wofür der Wille, unerkannt zu bleiben, sprach, so war der fremde Fürst im Gegensatz zu den meisten Adeligen, die oftmals nicht einmal lesen und schreiben konnten, mehr als schriftkundig.
    Herrlich diese Waffen, die der Briefschreiber ihm durch den Juden geschickt hatte und die ausgebreitet auf dem Tisch lagen: das Schwert, die Lanze, der Schild, das Kettenhemd, Helm und Sporen, Zaumzeug, Sattel, Steigbügel und Geld für ein Schlachtross. Den Wert dieser Geschenke wusste Adhémar, selber aus einer Familie des französischen Hochadels stammend, sehr wohl abzuschätzen.
    Der fremde Fürst schickte sie für seinen natürlichen Sohn. Der allerdings wisse nichts von dem hohen Rang seines Vaters.
    Der Sohn sei Knecht im Dienst eines Kaufmanns aus Passau und befände sich im Heer des Herzogs Gottfried von Bouillon. Martin sei gebildet, dazu körperlich geschickt, schnell, umsichtig, kraftvoll, habe aber natürlich keinerlei Erfahrung im Schwertkampf.
    Der Unbekannte bat Adhémar, Martin als einen Edlen anzuerkennen und ihm die Möglichkeit zu geben, sich zu bewähren. Insbesondere riete er dem Bischof, dem jungen Mann so schnell wie möglich Unterricht in den Waffen zukommen zu lassen. Sein Sohn möge einen hervorragenden Ritter als Lehrmeister erhalten, damit er sich nicht nur im ersten Kampfgetümmel mutig schlagen würde, sondern auch in weiteren Schlachten das Lob des Herrn verdienstvoll verbreiten könne. Er, der Fürst, vertraue auf die kluge Umsicht des Legaten des Papstes.
    Gedankenverloren nahm Bischof Adhémar das Schwert in die Hand und ließ die beidseitig geschliffene Klinge durch seine Hände gleiten. Kostbar war dieses Schwert, eines jeden Herzogs würdig. Beunruhigend war nur, dass derjenige, dem es zugedacht war, wohl nicht lange leben würde. Warum nur erschreckte Adhémar diese Vorstellung. Es würden auf dieser Pilgerfahrt nach Jerusalem so viele Menschen sterben, nicht nur Kämpfende, nicht nur Ritter und Fußsoldaten, sondern auch Kinder und Frauen, sodass Bischof Adhémar sich wunderte, warum nun gerade das Schicksal dieses unbekannten jungen Mannes ihm so viel Unruhe und Verdruss bereitete.

    Jerusalem. Das himmlische und das irdische verflossen für Martin zu einer Einheit. Er träumte von hohen weißen Mauern, von glänzenden Dächern und Kuppeln und Zinnen, die im Sonnenlicht erstrahlten. Und des Nachts unter einem großen, runden Mond und unzähligen Sternen gingen Engel, angetan mit weißen Kleidern, lockigem goldenem Haar und wunderschönen weiten Flügeln durch die Heilige Stadt. Doch was Martin selbst in dieser visionären Welt wollte, das wusste er nicht. Sicher war, er wünschte wie jeder andere auch die Vergebung der Sünden und einen sicheren Platz im Himmel, er würde auch für die Seele seiner verstorbenen Mutter bitten. Das war sicher, Martin würde, sobald Jerusalem erobert wäre, als Erstes zur Grabeskirche eilen und inständig zu Jesus Christus beten. Aber was er dort in Jerusalem, dem irdischen, nach dem Gebet unternehmen wollte, wovon er leben sollte, ob er dort bleiben oder nach Passau zurückkehren würde, davon hatte er keine Vorstellung. Was Martin allerdings auch überhaupt nicht störte. Er war jung und stark, er hatte Geld für eine lange Zeit, denn offenbar schenkte der Abt den Kreuzzugspredigern keinen Glauben, dass Jerusalem innerhalb eines Jahres erobert werden könnte. Und vor allem besaß Martin Rab. Das war das Wichtigste. Rab war sein Pferd. Es war eine unentwegte Freude, Rab springen, hüpfen, tänzeln zu lassen, auf ihm im leichten Trab durch den Frühling dahinzureiten.
    Warum nun Alice ihm das Pferd überlassen hatte, es kümmerte

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