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Die Pilgerin von Passau: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman) (German Edition)

Die Pilgerin von Passau: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman) (German Edition)

Titel: Die Pilgerin von Passau: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maren Bohm
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byzantinischen Abgesandten zur Beratung zurück. Nicht weit vor ihnen lag die Schlucht, in der die Fußsoldaten und Ritter Peters des Einsiedlers vernichtet worden waren und die nun auch ihre Heere durchqueren mussten. Man befürchtete, es wäre Kilidj Arslan ein Leichtes, sie alle aus dem Hinterhalt anzugreifen und niederzumetzeln. Keine Möglichkeit des Entkommens, wenn noch dazu die Ausgänge der Schlucht versperrt sein würden.
    Man beschloss, Späher auszuschicken, die den Wald von Drakon und die Schlucht nach etwaigen Feinden absuchen sollten.
    Martin meldete sich freiwillig und wurde ausgewählt, da er geschickt war und Erfahrung hatte, sich ohne Begleitung durch fremdes, unsicheres Gebiet zu bewegen.
    Es war ein warmer Frühlingstag. Die Sonne lag warm auf dem dichten Kiefernwald, auf Martins Schultern, wenn er einen Abhang hinunterschlich. Bisweilen knackte es im Holz, ansonsten bewegte er sich wie ein Eichkätzchen lautlos über den mit Nadeln und trockenem Gehölz bedeckten Waldboden.
    In den Bäumen aber hingen Gerippe, bleiche Schädel schienen ihn aus leeren Augenhöhlen anzublicken. Der Waldboden war übersät mit Knochen, solchen, die am Wegesrand lagen, und solchen, deren einstige Träger weiter in den Wald hinein flüchten konnten und dann doch noch fliehend, von einem Pfeil getroffen, von einem Schwert niedergemacht, getötet wurden. Pferdeskelette sah Martin nur sehr wenige. Die Toten hier in der Schlucht waren zumeist Fußsoldaten.
    Martin erreichte die Ebene, auf der Sultan Kilidj Arslan, von seinen Spähern benachrichtigt, die Ritter mit seinem großen Heer erwartet hatte.
    Hier am Rande des Waldes sah Martin zum ersten Mal in seinem Leben, was es bedeutete, Sieger oder Verlierer einer Schlacht zu sein.
    Zögernd wagte sich Martin auf das offene Feld hinaus. Er fasste sich ans Herz bei dem Anblick: Schädel, Skelette von Menschen und Pferden, aber nicht ein Fitzelchen Stoff, keine Rüstung, schon gar kein Schwert. Martin schätzte ihre Zahl, es mochten wohl 500 gewesen sein.
    In Martin stiegen Trauer und Zorn auf. Niemals hatte er bisher seine Ohnmacht so sehr gespürt wie beim Anblick dieser hingemetzelten Ritter, die es mutig gewagt hatten, einer feindlichen Übermacht im Kampf offen entgegenzureiten. Aus der Lage der Skelette schloss Martin, dass es einigen Männern sogar gelungen war, die türkischen Linien zu durchbrechen und die Gegner von hinten anzugreifen.
    Diejenigen Ritter aber, die zurück in die Schlucht zu fliehen versucht hatten, waren zusammen mit den Fußsoldaten gehetzt, verfolgt worden. Ihnen blieb nur die verzweifelte Flucht durch den Wald, die Schlucht, zurück zum Lager, das sie nicht mehr erreichten.
    Martin kehrte um. Vorbei an den Toten, traf er auf die anderen Späher und übereinstimmend meldeten sie den Heerführern, dass kein Feind sich in der Nähe befände.
    Trotzdem war Martin bedrückt und niedergeschlagen. Niemals lastete so sehr sein niedriger Stand auf ihm und vor allem die Tatsache, dass er unbewaffnet war. Der junge Mann nahm sich vor, sich bei der ersten besten Gelegenheit ein Schwert zu beschaffen.
    Wie er noch so in Gedanken versunken dastand, kam Alice ganz unerwartet auf ihn zu und bat den Freund, ihr zu folgen. Alice führte ihn zu Kinderskeletten.
    Tränen liefen ihr über die Wangen.
    »Kinder«, schluchzte sie. »Sie haben den Kindern die Köpfe abgeschlagen. Guck, wie klein die sind. Die waren noch Säuglinge. Ich kann das nicht verstehen.«
    Martin konnte nicht weinen, er nahm Alice in die Arme und tröstete sie, auch wenn sie untröstlich schien.
    Bernhard trat hinzu und Martin ließ sie schnell wieder los.

    Martin schaute, auf seiner Schlafdecke sitzend, die Beine angewinkelt und die Knie mit den Händen umschlungen, auf das vom Mondschein beleuchtete Nikäa. Es hätte eine Idylle sein können, dieses Bild der mächtigen Stadt, darüber der südländische Sternenhimmel und im Hintergrund die sanft ansteigenden Hügel und der Wald.
    Doch Martin ließ sich von diesem Anblick nicht beeindrucken, er war nicht in die Schönheit versunken, sondern in seine Gedanken.
    Drohend trotzten die von Gräben umgebenen massiven Ringmauern allen Anstürmen. Die Wachtürme wirkten auf Martin wie steinerne Giganten. Angsteinflößend ragten sie in den nächtlichen Himmel. Martin hatte sich bedrückt gefühlt, als er zusammen mit Markus die mehrere Meilen umfassende hohe Befestigungsmauer entlanggeritten war. Jedenfalls so weit wie möglich, denn ein großer Teil

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