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Die Pilgerin von Passau: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman) (German Edition)

Die Pilgerin von Passau: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman) (German Edition)

Titel: Die Pilgerin von Passau: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maren Bohm
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der Befestigung grenzte an den Askanischen See. Der Mönch hatte ihm unerwartet ernsthaft erklärt, die Stadt sei bedeutend für die Christenheit, und zwar nicht nur wegen des Nikaenischen Glaubensbekenntnisses und des Ökumenischen Konzils, das im Jahre 325 hier getagt hatte, sondern vor allem, weil die Menschen, die außer des Sultans Garnison und dem Hofstaat in Nikäa lebten, Christen seien.
    »Nikäa ist schon christlich gewesen, als wir im Norden noch lange Zeit Götzen angebetet haben«, bemerkte Markus und stieß dabei Martin scherzhaft in die Seite.
    Doch wie Nikäa zurückerobern?
    Wie, so fragte sich Martin, sollte eine Belagerung überhaupt siegreich ausgehen?
    Wieso hatte Kaiser Alexios seine Verbündeten so schlecht mit Belagerungsmaschinen ausgerüstet?
    Warum war er nicht selbst mit nach Nikäa gezogen?
    Also bliebe nur ein Sturmangriff aller Kreuzfahrerheere.
    Er würde mutig sein, furchtlos, waghalsig und verwegen.
    Martin griff nach seinem blitzenden Schwert, das ganz dicht bei ihm lag und auf so wundersame Weise zu ihm gekommen war.

    Keiner der Ritter, die nun vor Nikäa lagerten, konnte sich rühmen, ein besseres Schwert zu besitzen. Und selbst Bernhard von Baerheim, dessen Waffe Martin so genau kannte, weil er sie doch des Öfteren hatte reinigen müssen, hatte sich zu der Äußerung hinreißen lassen:
    »Dieses Schwert musst du erst im Kampf verdienen.«
    Und ob er es sich verdienen wollte!
    Andächtig zog Martin das Schwert aus dem weiß gefärbten Lederschaft, wog es in der Hand, umfasste den Griff, fühlte den Knauf, in dem eine Reliquie versenkt war, und strich über die Parierstange. Unendlich vorsichtig ließ er seine Hand über die Klinge seines Langschwertes gleiten, in die der Fremde die Worte hatte eingravieren lassen:
    ›In nomine Domini‹ – im Namen des Herrn.
    Wie hatte sich Adhémar ausgedrückt:
    »Die Maße deines Schwertes sind vollkommen. Der Auftraggeber muss dich besser kennen als vielleicht du dich selbst.«
    Der Auftraggeber – das war sein Vater!
    Martin verschränkte die Arme unter seinem Kopf und lag ganz still vor Glück und Staunen. Gott hat ein Wunder an mir gewirkt, dachte er.
    Der natürliche Sohn eines Fürsten aus deutschen Landen!
    Ich bin der natürliche Sohn eines Fürsten!
    Denn schon beim Eintreten in das blaue Zeltgewölbe des Legaten des Papstes hatte Martin die Waffen und die Rüstung entdeckt, schon als Martin vor Bischof Adhémar niederkniete, hatte er zu diesen Begehrlichkeiten hinübergeblinzelt, die da ausgebreitet auf einem schneeweißen, glänzendem Tuch lagen. Und noch ehe der Bischof dem jungen Mann gestattete, sich zu erheben, hatte er ihm eröffnet, dass sein Vater ein Edler, ein Adeliger sei.
    Sie hat also nicht gelogen, schoss es Martin durch den Kopf, seine Mutter hatte ihn nicht angelogen, wenn sie ein Gewese, ein Getue um seinen Vater gemacht hatte, als sei er fast ein Prinz. Gerade in den letzten Monaten vor ihrem Tod hatte sie nicht aufhören können, sich in unentwirrbaren Andeutungen zu gefallen, bis Martin ihr letztlich gar nichts mehr glaubte und sich zu der Auffassung durchrang, sein Vater sei irgendein Knecht, der sie schlicht und ergreifend genommen hatte.
    Nun aber griff der große Unbekannte, der Vater, als der Geheimnisvolle nach ihm.
    Es gab ihn!
    Auch Bischof Adhémar hatte über diesen Fremden nachgedacht, als er Martin rufen ließ, um ihm die Waffen zu überreichen. Er kannte alle Fürsten in Franken und viele in deutschen Landen, wenn auch nicht persönlich, jedoch so genau, dass er eine Vorstellung von ihrem Charakter, ihren Lebensumständen und ihren finanziellen Möglichkeiten hatte. Schon dass dieser Unbekannte unerkannt bleiben, seine Vaterschaft nicht enthüllen wollte, war keineswegs zwingend. Wohl bei den armen Menschen, bei den Leibeigenen und auch den freien Bauern war ein uneheliches Kind, ein Bastard, eine Schande für die Mutter. Wie mochte es Martin an Demütigungen nicht gefehlt haben, weil er als unehelich Geborener zu den Verworfenen zählte, zu den umherziehenden Spielleuten, vagabundierenden Lohnkämpfern, Korb- und Kesselflickern oder gar Dieben. Er galt als rechtlos. Er war nichts als der Schatten eines Menschen.
    Der Adel hingegen, und schon gar der Hochadel, beanspruchte Privilegien, auch die der Moral. Ein unehelicher lebender Sohn war ein Garant, dass die Adelsfamilie nicht ausstarb, wenn ein ehelicher Sprössling fehlte. Wilhelm der Eroberer, so hatte Adhémar überlegt, war gleich nach

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