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Die Pilgerin von Passau: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman) (German Edition)

Die Pilgerin von Passau: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman) (German Edition)

Titel: Die Pilgerin von Passau: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maren Bohm
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einmal von dir fortwaschen. Du musst rein werden, damit du bei der nächsten Schlacht kämpfst wie am ersten Tag.«

    Das Schlachtfeld. Es war ein grauslicher, unheimlicher Anblick. Den ganzen weiten Hügel hinauf lagen die Verwundeten und Toten. Zwischen all den Leichen gingen Kinder, Frauen und Mönche mit Fackeln umher, die nach lebenden Christen suchten. In ihren dunklen Gewändern sahen die Mönche aus wie der Tod. Alice nahm sich zusammen.
    Soweit es ging, die Wunden und die Dunkelheit es zuließen, behandelten die Frauen und Mönche schon auf dem Schlachtfeld die Verletzten, die in bizarren Verrenkungen auf dem Boden lagen. Zu zweit mühten Frauen und Kinder sich, ihren Mann, ihren Vater, Bruder ins Lager zu schaffen. Überall ein Wimmern und Klagen und Schreien der Männer: französisches, italienisches, deutsches, englisches, türkisches. Viele Dialekte. Auch wenn Alice die fremden Sprachen nicht verstand, so wusste sie doch, was das Wort bedeutete: Hilfe!
    Die Männer riefen um Hilfe.
    Alice wurde übel. Sie nahm sich vor, nicht nach rechts und links zu sehen, nicht auf die Wunden und Verstümmelungen zu achten, sondern nur Martin zu suchen.
    Aber dazu musste sie den Männern ins Gesicht leuchten. Der Anblick der Türken erschreckte sie, diese bärtigen Gesichter, diese dunklen Augen und die dunkle Haut.
    Nur weiter. Irgendwo musste Martin sein. Alice stolperte über einen Toten und fiel hin. Beim Aufrichten erkannte sie im Schein der Fackel einen Knappen des Grafen Otto von Baerheim. Sein Kopf war von einem Pfeil durchbohrt. Er mochte, überlegte sie im Weitergehen, so alt sein wie Martin, wie sie selbst.
    Nur weiter. Nicht darüber nachdenken.
    Alice gab acht, dass sie nicht wieder über Leichen und Verwundete stolperte. Und über Pferde. Überall verendende Pferde und tote Pferde.
    Nur langsam vorwärtskommend, stieg sie den Hügel vor Nikäa hinauf. Sollte Martin tatsächlich die Türken so weit verfolgt haben? Sie bereute heftig, dass er ihr in der letzten Zeit so fremd geworden war.
    Da endlich, fast am Rande des Waldes, sah sie Markus, der eine schwere, große Leiche von einem darunterliegenden Mann hievte.
    »Vielleicht lebt er noch«, sagte er und blickte zu Alice hoch.
    Alice packte mit an. Sie sahen in Martins bleiches Gesicht. Alice kamen die Tränen.
    Markus beugte sich tief über seinen Freund.
    »Martin ist nur bewusstlos«, stellte er erleichtert fest. »Ich vermute, er hat einen Hieb auf den Kopf bekommen. Der Schlag hat Gott sei Dank den Helm nicht gespalten. Wir müssen ihm die Rüstung ausziehen und ihn dann ins Lager schaffen.«
    Alice nickte.
    Markus nahm ihm den Helm ab und hielt den Verwundeten kopfübergebeugt mit starken Armen fest, sodass Alice Martin das schwere Kettenhemd vom Körper ziehen konnte.
    »Pass auf, dass die Ringe sich nicht verhaken«, ermahnte Markus sie.
    Das war doch selbstverständlich. Was der sich einbildete.
    »Wir sollten den gamboison ausziehen. Wir müssen wissen, wenn wir Martin tragen, welche Verletzungen er sonst noch hat«, entgegnete sie.
    Markus zögerte. Er wusste, was Martin verbarg. Vor Alice verbarg. Sie würde den Brief finden. Es war Martin sicher nicht recht, wenn Alice von dem Brief wüsste.
    Ihm wurde heiß, er druckste:
    »Ehrlich gesagt, also, ich muss dir etwas sagen. Martin trägt einen Brief vom Abt bei sich. Er sollte ihn deinem Vater überreichen, aber er kam zu spät, dein Vater war schon tot. Martin hat aber dem Abt versprechen müssen, ihn nur deinem Vater auszuhändigen, sonst niemandem.«
    »Ich darf den Brief also nicht lesen?«
    »Nein, auch Martin selbst darf ihn nicht lesen.«
    Markus zog ein zusammengefaltetes Schreiben hervor.
    »Du siehst, das Pergament ist noch mit dem Siegel des Abtes verschlossen.«
    Alice schoss das Blut in die Wangen vor Empörung. Schließlich war sie die einzige Tochter und Erbin ihres Vaters. Sie rang einen kurzen Moment mit sich.
    »Steck den Brief wieder weg«, entschied sie und fand sich sehr selbstlos. »Lass uns lieber Martin endlich von diesem schrecklichen Ort wegbringen.«
    Neben sich vernahmen sie ein kaum hörbares Klagen.
    Unvorsichtigerweise hielt Alice die Fackel über den Mann und sah, dass er ein Türke war. Unter seinen Beinen hatte sich das Blut gesammelt.
    »Ihm sind die Kniekehlen durchgehauen worden«, sagte Markus, der ebenfalls den Mann betrachtete. Der Verwundete hatte eine junge Stimme. Er hatte ein junges Gesicht. Seine Augen drückten Gottergebenheit und Flehen um Hilfe

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