Die Pilgerin von Passau: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman) (German Edition)
aus.
»Du kannst ihm nicht helfen, Alice. Er ist ein Ungläubiger, unser Feind.«
»Es muss schrecklich sein«, konnte sie ihren Gedanken nicht unterdrücken, »wenn morgen früh unsere Männer kommen und er noch bei Bewusstsein ist und sieht, wie allen der Kopf abgeschlagen wird, und dann die Männer vor ihm stehen.«
»So schrecklich, wie du dir das vorstellst, ist das für ihn nicht. Sie geben alles in Allahs Hand. Wenn Allah dieses Schicksal für ihn bestimmt hat, dann nimmt er es an.«
Alice war nicht beruhigt. So viele Tote, so barbarisch und wild anzusehen. Aber dieser hier tat ihr leid. Martin war es vielleicht, der den Jüngling so schwer verwundet hatte. So wie der Kampf hier aussah, war er es gewiss. Und dann hatte ein älterer Türke vom Pferd aus Martin den Schlag auf den Schädel versetzt, Martin war zusammengebrochen, irgendein christlicher Reiter hatte wiederum den Türken getötet, der auf Martin gefallen und dort liegen geblieben war, bis Markus ihn fand.
»Komm, lass uns endlich Martin hier fortschaffen. Du nimmst seine Rüstung und die Waffen, ich trage ihn auf den Schultern. Alice, nimm dich zusammen. Der Türke hätte sonst Martin getötet. Das ist Krieg. Für den Türken kannst du nichts anderes tun als beten, dass er gestorben ist, bevor sie morgen kommen.«
»Wo ist Rab?«, war Martins erste Frage, als er endlich erwachte. Er versuchte, sich aufzusetzen, wurde aber von Markus daran gehindert.
»Du musst liegen bleiben, du hast eine Gehirnerschütterung. Deine Augen sind ja noch ganz verdreht und stehen schief. Ich habe vieles im Kloster gelernt, auch dass man dabei liegen und liegen und liegen muss, sonst hast du dein ganzes Leben lang Kopfschmerzen.«
Martin wollte von dieser ganzen langen Rede nichts wissen.
»Wo ist Rab?«, fragte er ungehalten.
»Ich wusste, dass das deine erste Frage sein würde. Du fragst erst nach Rab, bevor du dich nach deinem Schwert und nach dem Ausgang der Schlacht erkundigst. Dein Schwert liegt gereinigt und geradegehauen neben dir.«
Markus hob es auf und zeigte es Martin. »Wir haben gewonnen. Stell dir vor, wir haben Kilidj Arslan in die Flucht geschlagen. Genau genommen natürlich du«, lobte er und klopfte seinem Freund aufmunternd auf die Schulter. Ernsthaft tadelte er:
»Du, mein Lieber, du bist ganz schön verrückt, dass du Rab in die Schlacht mitgenommen hast. Ja, ja, nun reg dich nicht auf. Du kannst beruhigt sein. Es geht ihm gut. Ich habe ihn gesucht, sobald es hell wurde. Er wird wohl ein wenig gewartet haben, als du am Boden lagst, und ist dann zu den Futterplätzen am See gelaufen. Wo kein Kriegslärm ist. Da weidet auch deine Stute.« Markus lächelte. »Deine Heldentat hat bereits die Runde gemacht.«
Martin schloss einen Augenblick erschöpft und erleichtert die Augen.
»Ich mochte das Schlachtpferd nicht. Genau genommen, es mochte mich nicht. Es hat mich immer wieder abgeworfen. Au!«, stöhnte er. »Mein Kopf! Mir ist so schlecht.«
»Kann ich mir denken. Dein Helm sah auch ziemlich verbeult aus. Alice hat übrigens die ganze Zeit neben dir gesessen und auf dich aufgepasst, während ich auf der Suche nach Rab war.«
»Alice?«
»Sie hat sich Sorgen um dich gemacht und ist deswegen in der Nacht aufs Schlachtfeld gekommen, um zu erkunden, ob du noch am Leben bist. Wir haben dich auch zusammen hierhergeschafft.«
»Wo bin ich eigentlich?« Martin versuchte, sich wieder aufzusetzen, doch diesmal hinderte ihn sein schmerzender Kopf.
»Du bist in einem Zelt für Verwundete, das Bischof von Le Puy hat einrichten lassen. Wer allein ohne Familie auf dem Kreuzzug ist, wird hier versorgt. Sieh, da bringen die Frauen wieder jemanden.«
»Ich kann nicht richtig sehen«, antwortete Martin.
»Dem Ritter da ist ein Arm abgeschlagen worden. Ziemlich übel. Kaum Überlebenschancen. Er stirbt am Wundbrand, an einer Blutvergiftung, am Wundschock oder einfach am hohen Blutverlust«, fügte Markus sachkundig hinzu.
»Hoffentlich versteht uns hier keiner. Ich finde es nicht so rücksichtsvoll, wenn wir uns über die Verletzungen der anderen unterhalten.«
»Die meisten hat es sehr viel schlimmer getroffen als dich, Martin. Sie sind regelrecht verstümmelt. Und werden das hier nicht überleben, zumindest aber nicht weiter nach Jerusalem ziehen können. Ich weiß auch nicht, was mit ihnen geschieht.«
Sie schwiegen.
Doch obwohl er auf seiner Decke am Boden nur wenig von dem erkennen konnte, was um ihn herum geschah, bemerkte er, wie neben
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