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Die Pilgerin

Titel: Die Pilgerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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er all das, was ihm zugestoßen war, noch einmal erlebt. Doch Sebastian war noch lange nicht zufrieden. »Berichte uns jetzt alles, was du weißt. Dann werden wir uns überlegen, wie wir unsere Stadt retten und Otfried bestrafen können. Ganz ohne Mittel bin ich nicht zurückgekommen!«
    Er streichelte seinen Geldbeutel, den Tillas Besonnenheit ihm vorhin gerettet hatte. Sie sah es und kniff die Lippen zusammen, denn mit diesem Geld hatten Sebastian und sie sich eine gemeinsame Zukunft aufbauen wollen. Doch sie verstand ihren Mann. Wenn sie den Problemen aus dem Weg gingen und versuchten, in einer anderen Stadt neu anzufangen, würden sie sich immer als Feiglinge fühlen, die vor einem Vatermörder und selbst ernannten Tyrannen davongelaufen waren. Zudem bestand die Gefahr, dass Otfried durch seine Handelspartner von ihnen erfuhr und Mordbuben auf sie hetzte. Also war es besser, Mittel und Wege zu suchen, ihre Heimatstadt von ihrem Bruder und seinem Pack zu befreien. Sie fasste nach Sebastians Hand und lächelte ihm unter Tränen zu.
    »Wir werden es schaffen, mein Lieber. Tremmlingen wird nicht mehr lange unter meinem Bruder zu leiden haben und auch nicht an Bayern fallen!«
    »Ihr glaubt wirklich, man könne etwas gegen Otfried unternehmen,so dass ich wieder in die Stadt zurückkehren kann?« Kaifels Miene drückte Unglauben aus.
    »Und ob! Wie ich sagte, verfüge ich über ein wenig Geld und mein Freund Starrheim wird uns gewiss nicht im Stich lassen.« Sebastians Blick heftete sich auf Graf Rudolf, der interessiert zugehört hatte, aber nun unschlüssig den Kopf wiegte.
    »Ich würde euch gerne helfen, doch bin ich zu lange weg gewesen, um zu wissen, wie meine Verwandten zu Herzog Stephan von Bayern stehen. Sie könnten sich in letzter Zeit mit ihm verbündet haben, und selbst wenn das nicht der Fall sein sollte, könnte mein Eingreifen zu einem größeren Konflikt zwischen Habsburg und Wittelsbach führen, bei dem der Bayer vielleicht sogar Burgau erobern kann. Das darf ich von mir aus nicht riskieren.«
    Sebastians Miene verhehlte nicht, dass er Starrheim das Gleiche vorwarf wie damals Philippe de Saint Vith, nämlich ein Feigling zu sein. Auch Blanche, der ihr Mann die auf Deutsch geführte Unterhaltung übersetzt hatte, blies ärgerlich durch die Nase. »Du kannst deine Freunde doch nicht im Stich lassen!«
    Starrheim hob hilflos die Hände. »Unterstützen werde ich sie natürlich, doch um selbst etwas tun oder gar auf Habsburger Söldner zurückgreifen zu können, benötige ich einen guten Grund, der auch den Fragen meiner Verwandten Albrecht und Leopold von Österreich standhält.«
    »Wie könnte diese Unterstützung aussehen?« Sebastian war zwar enttäuscht, weil Starrheim sich so zögerlich gebärdete, aber er begriff sehr gut, dass er nach jedem Strohhalm fassen musste, wenn er Otfried stürzen wollte.
    »Sie könnte aus Geld bestehen, mit dem ihr Söldner anwerben könnt. Auch würde ich mit dem einen oder anderen Ritter reden,ob er sich euch nicht anschließen will. Waffen könnt ihr ebenfalls von mir haben. Sollte die Lage es zulassen, mache ich mich selbst mit allen Männern auf, die ich auf die Beine bringen kann!« Das letzte Zugeständnis rang Starrheim sich sichtlich ab, um nicht wieder als Feigling dazustehen.
    Tilla hob abwehrend die Hände. »Das ist mir alles zu viel Krieg! Wir können doch kein Heer sammeln und unsere eigene Heimatstadt belagern!«
    »Es wird wohl nicht anders gehen.« Sebastian seufzte, denn in dieser Hinsicht schienen ihm alle Frauen gleich zu sein. Jeder Versuch, Tremmlingen zu befreien, bedeutete nun einmal Kampf. Freiwillig würde Otfried Willinger die Macht dort nicht aufgeben, und sollten wirklich die Bayern hinter ihm stecken, mussten sie sich auch gegen deren Herzog behaupten.
    Tillas Gedanken folgten unterdessen einem anderen Weg. »Über wie viele bewaffnete Männer verfügt mein Bruder?«, fragte sie Kaifel.
    Der überlegte kurz. »Über etwa fünfzig Bayern, alles erfahrene Söldner! Dazu kommen die Stadtbüttel, deren Zahl er auf über dreißig erhöht hat, alles Leute aus den schlimmen Gassen, die ihm gerne folgen, weil sie die anderen Bürger drangsalieren können. Zu ihren Hauptleuten hat er Anton Schrimpp und Rigobert Böhdinger ernannt.«
    »Das sind etwas über achtzig Bewaffnete. Wie viele Bürger würden für Otfried kämpfen?«
    »Ich kenne keinen, der noch dazu bereit wäre«, antwortete Kaifel überzeugt. »Ich sagte ja schon, dass selbst die, die

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