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Die Pilgerjahre des farblosen Herrn Tazaki

Die Pilgerjahre des farblosen Herrn Tazaki

Titel: Die Pilgerjahre des farblosen Herrn Tazaki Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Haruki Murakami
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einstiegen. Als Edvard die rückwärtige Tür öffnete und einen kurzen Pfiff ausstieß, kam der Hund angerannt und sprang mit einem freudigen Satz hinten in den Wagen. Edvard winkte ihnen noch einmal vom Fahrersitz zu, und der weiße Wagen verschwand hinter den Bäumen.
    »Bist du mit dem Golf dort gekommen?«, fragte Kuro und deutete auf den in kurzer Entfernung geparkten dunkelblauen Wagen.
    »Ja, aus Helsinki.«
    »Was machst du in Helsinki?«
    »Ich bin gekommen, um dich zu sehen.«
    Kuro musterte ihn nachdenklich, als versuche sie eine komplizierte Karte zu enträtseln.
    »Du bist extra nach Finnland gekommen, nur um mich zu sehen?«
    »So ist es.«
    »Nachdem wir sechzehn Jahre kein Wort miteinander gewechselt haben?«, sagte sie erstaunt.
    »Ehrlich gesagt, es war meine Freundin, die mir dazu geraten hat. Sie meinte, es sei an der Zeit, dass ich mich mal mit dir träfe.«
    Wieder kräuselte Kuro auf die vertraute Weise die Lippen. Ihre Stimme hatte einen leicht scherzhaften Unterton. »Aha, deine Freundin ›meint‹, also steigst du in Narita ins Flugzeug und fliegst mir nichts, dir nichts nach Finnland. Ohne mir vorher Bescheid zu sagen oder überhaupt zu wissen, ob du mich antreffen würdest.«
    Tsukuru schwieg. Immer wieder klapperte das Boot am Anlegesteg. Ein leichter Wind wehte, aber er schien keine besonderen Wellen zu erzeugen.
    »Ich hatte Angst, du würdest dich weigern, mich zu sehen, wenn ich vorher anrufe.«
    »Also wirklich!«, sagte Kuro erstaunt. »Wir sind doch Freunde.«
    »Wir waren es einmal. Früher. Aber wie es jetzt ist, weiß ich nicht.«
    Kuro blickte auf den See, der zwischen den Bäumen hervorschimmerte, und stieß einen leisen Seufzer aus. »Die drei kommen in ungefähr zwei Stunden aus der Stadt zurück. In der Zeit können wir über alles sprechen.«
    Die beiden gingen ins Haus und setzten sich an den Tisch. Kuro löste ihre Haarspange, sodass ihr das Haar in die Stirn fiel. Jetzt sah sie fast genauso aus wie früher.
    »Ich habe eine Bitte«, sagte Kuro. »Nenn mich nicht mehr Kuro. Sag Eri zu mir. Und sag auch nicht mehr Shiro, wenn du von Yuzuki sprichst.«
    »Die Zeiten sind vorbei, oder?«
    Sie nickte.
    »Aber ich kann weiter Tsukuru bleiben, ja?«
    »Du bleibst doch immer Tsukuru «, sagte Eri ruhig und lachte. »Das ist in Ordnung. Tsukuru, der Bahnhöfe baut. Der farblose Tsukuru Tazaki.«
    »Im Mai bin ich nach Nagoya gefahren und habe mich mit Aka und Ao getroffen«, sagte Tsukuru. »Sie kann ich doch weiter so nennen?«
    »Ja. Ich möchte nur bei Yuzu und mir zu den Vornamen zurückkehren.«
    »Ich habe mich einzeln mit ihnen getroffen, und wir haben geredet. Nicht besonders lange.«
    »Geht es den beiden gut?«
    »Ich hatte den Eindruck«, sagte Tsukuru. »Beruflich scheint es bei ihnen auch ganz gut zu laufen.«
    »Ao verkauft noch immer Autos für Lexus im guten alten Nagoya, und Aka zieht weiter ein tüchtiges und gehorsames Angestelltenheer heran.«
    »Stimmt genau.«
    »Und du? Wie läuft es in deinem Leben?«
    »Eigentlich ganz gut«, sagte Tsukuru. »Ich bin bei einer Eisenbahngesellschaft in Tokio beschäftigt und baue Bahnhöfe.«
    »Davon habe ich schon vor einer Weile gerüchteweise gehört. Der kleine Tsukuru Tazaki baut jetzt Bahnhöfe in Tokio, hat jemand gesagt«, sagte Eri. »Und du hast eine kluge Freundin.«
    »Ja, im Moment.«
    »Verheiratet bist du demnach nicht?«
    »Nein.«
    »Du lebst also ganz nach deinem eigenen Gusto.«
    Tsukuru schwieg.
    »Worüber hast du mit den beiden in Nagoya gesprochen?«, fragte Eri.
    »Über das, was vor sechzehn Jahren zwischen uns geschehen ist«, sagte Tsukuru. »Und das, was während der sechzehn Jahre passiert ist.«
    »Könnte es sein, dass deine Freundin dir geraten hat, dich auch mit den beiden zu treffen?«
    Tsukuru nickte. »Sie sagt, ich müsse verschiedene Dinge klären. In die Vergangenheit zurückkehren. Andernfalls würde ich mich nie davon befreien.«
    »Sie ist der Ansicht, dass du irgendein Problem hast.«
    »Ja.«
    »Und sie glaubt, dass dieses Problem eurer Beziehung schadet.«
    »So scheint es«, sagte Tsukuru.
    Eri umschloss ihren Becher mit beiden Händen und vergewisserte sich, dass er noch warm war. Dann nahm sie einen Schluck Kaffee.
    »Wie alt ist sie?«
    »Zwei Jahre älter als ich.«
    Eri nickte. »Du konntest schon immer gut mit Frauen, die älter sind als du.«
    »Mag sein«, sagte Tsukuru.
    Die beiden schwiegen einen Moment.
    »Wir alle haben eine ganze Menge erlebt«, sagte Eri

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