Die Plantage: Roman (German Edition)
Brandys, dann waren sie ungestört.
»Erzählen Sie, Spencer, ich will alles wissen: Was ist in den High Hills passiert?«
William konnte mit einer offiziellen Version der Geschichte aufwarten, die Cornwallis genügen sollte: »Es ist schnell erzählt, Sir. Wir hatten das Rebellenheer durch einen Überraschungsangriff zum Stehen gebracht. Sie warfen ihre Kavallerie zum Gegenangriff herum, daher teilte ich die Formation und führte meine Leute in die Flanken der angreifenden Reiterei. Doch gegen ihre Überzahl konnten wir nicht bestehen. Meine Schwadron wurde von der Rebellenkavallerie niedergemacht. Unsere Sache war bereits verloren, als mein Pferd zu Fall kam.« Er berührte mit dem Stock sein rechtes Bein. »Damit war der Kampf für mich zu Ende.«
»Die ganze Aktion war vorbildlich, Spencer«, sagte Cornwallis mit Nachdruck. »Ich habe den Bericht über den Angriff Ihrer Dragoons im Stab verlesen, man war beeindruckt. Sie hatten richtig entschieden, als Sie den Vorstoß allein wagten, um dem Bataillon den ungefährdeten Abzug nach Virginia zu ermöglichen. Leider«, fuhr Cornwallis fort, »hat kaum eine Handvoll Ihrer Leute überlebt. Aber was war mit Ihnen, Colonel?Als es hieß, Sie seien gefallen, habe ich sofort nach Ihnen suchen lassen.«
»Zweifellos, Mylord«, erwiderte William kalt, »aber andere haben mich gefunden. Sie gaben sich große Mühe, mich zu töten. Doch es braucht mehr, um einem Dragoon die Kriegerseele herauszureißen.«
Cornwallis’ feines Gesicht wirkte angespannt, während er Williams Blick sondierte; er widerstand kaum dem Drang, sich zu entschuldigen.
»Wir konnten unsere Soldaten vor Übergriffen nicht schützen«, begegnete er Williams Schweigen, »und wir wussten um die Gefahr, die unseren Männern in der Gewalt des Feindes drohte. Darum haben wir nach Vermissten gesucht. Wir hatten Sie nicht aufgegeben!«
»Das war irgendwann nicht mehr wichtig«, sagte William. »Selbst die furchtbarsten Dinge relativieren sich … Überleben ist ein Reflex, also habe ich überlebt. Aber ich war nicht mehr ich selbst.«
»Nicht Sie selbst?«, fragte Cornwallis. »Wie soll ich das verstehen?«
»Ganz einfach, die Leute dort hielten mich für einen anderen, für einen Loyalisten oder Deserteur, jedenfalls für einen Amerikaner. Als der Rebellenjäger Spencer wären meine Chancen, am Leben zu bleiben, gleich null gewesen.«
Cornwallis nickte. »Und wo waren Sie die ganze Zeit?«
»Auf einer Plantage in South Carolina. Mehr tot als lebendig fand ich Zuflucht auf einem Anwesen, das unsere Truppen zerstört hatten. Um mich erkenntlich zu zeigen, half ich nach meiner Genesung beim Wiederaufbau der Plantage. Nun bin ich zurück, Mylord, zu des Königs und Ihrer Verfügung.«
Der General überlegte, dann sagte er: »Verstehen Sie mich richtig, Colonel, ich bin überzeugt, dass Sie sich korrekt verhalten haben. Aber Sie müssten die Gründe für Ihre Abwesenheit an offizieller Stelle darlegen, sich unter Umständen vor einemKriegsgericht verantworten; zumindest müssten Sie erklären, warum Sie sich erst nach Monaten zurückmelden.«
»Ich kam nicht früher weg!«, rief William und ließ erstmals Zeichen von Anspannung erkennen. »South Carolina ist nicht New York. Können Sie sich vorstellen, was nach der Kapitulation in den südlichen Provinzen los war? Sir, dort wurden Loyalisten gelyncht, nur weil sie gerufen hatten: ›Es lebe König George!‹ Was glauben Sie, hätte man mit mir gemacht? Ich bin dort kein Unbekannter, die Rebellen verfluchen meinen Namen.«
»Was Sie früher nicht störte«, warf Cornwallis ein, »im Gegenteil, als ›Fürst der Finsternis‹ waren Sie sehr überzeugend.«
William nickte abwesend. Es stimmte, er hatte es genossen, den Feind das Fürchten zu lehren. Here come the Dragoons!, klang der Schlachtruf, mit dem seine gedrillten Reitereinheiten die Revolutionstruppen in die Flucht schlugen. Seine Soldaten kämpften siegreich in vielen Gefechten. Doch der Feldzug stockte, und bald war klar, der eigentliche Krieg wurde nicht auf den Schlachtfeldern geführt, sondern im ganzen Land, von dem ganzen amerikanischen Volk.
Die Einbeziehung der Zivilbevölkerung in Kampfhandlungen war mit den Grundsätzen der Kriegsführung nicht vereinbar. Doch England konnte den Krieg nicht gewinnen, wenn sein Heer nur gegen die kämpfenden Truppen zu Felde zog. General Howe und die Oberste Heeresleitung in New York wollten Erfolge sehen und stellten den Kommandeuren anheim, geeignete
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