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Die Plantage: Roman (German Edition)

Die Plantage: Roman (German Edition)

Titel: Die Plantage: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Tarley
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höflichen, sogar respektvollen Umgang. Der ältere Mann führte den Dreizehnjährigen gerne in gute Restaurants aus, oder Miguel besuchte ihn in seiner Wohnung über der Druckerei. An einem Abend hatte de Soto ihn zu sich nach Hause eingeladen, nach dem Essen brachte er Miguel zur Tür. Beim Verabschieden fragte er ihn, ob er ein paar Tage mit ihm verreisen wolle, in den kleinen Badeort am Meer. Miguel blickte ihn ausdruckslos an und schüttelte stumm den Kopf. Wie beiläufig legte er de Soto den Arm um die Schulter, plötzlich zog er ihn von der Wohnungstür ans Treppengeländer und stürzte ihn die zwei Stockwerke hinab auf den Mosaikboden der Eingangshalle. Als Miguel durch die Halle hinausging, sah er den Toten nicht einmal an.
    Die Tristar hatte die Schwelle zur Tiefsee hinter sich gelassen, der Sturm entfaltete nun seine volle Macht. Dreißig, vierzig Fuß hohe Wellenberge rollten vom Nordatlantik heran und wälzten grüne Wassermassen über das Schiff. Sturmböen drückten es weit in die Seitenlage, bis die Rahnocken fast in die See tauchten. Kaum hatte es sich wieder hochgekämpft, als neue Sturzseen hereinbrachen und sich mit den Wassern des entfesselten Himmels über die Decks ergossen.
    Der Rudergänger bekam ein neues Kommando und nahm südöstlichen Kurs, um den schweren Seen auszuweichen. Doch der Wind verdoppelte seine Stärke, und unter dem gewaltigen Segeldruck gaben die Mastenlager langsam nach. Die Mastenwürden aus der Spur brechen, wenn nicht vorher die Besegelung riss. Da tauchte im Lee für einen kurzen Moment ein dunkles Phantom aus der Gischt: Cap d’Ouessant. Das Schiff näherte sich der vorgelagerten Klippe in rasendem Tempo. Am Klüverbaum riss die Takelung, dann ein lautes Kreischen, splitterndes Holz: Groß- und Besanstangen brachen, fegten mit Segeln und Rahen übers Deck, durchschlugen das Schanzkleid und rissen mehrere Männer mit über Bord. Beim nächsten Brecher übers Achterdeck konnte der Erste Offizier keine Leine mehr fassen, auch er wurde von der See verschluckt.
    Der Mann auf der Brücke fühlte seine Hände nicht mehr. So oft er beim Rollen und Krängen des Schiffs stürzte, so oft die Wassermassen ihn auf die Planken niederdrückten, so oft stand er wieder auf, hustete mit brennender Kehle, spie das Salzwasser aus, krümmte sich würgend und glaubte ersticken zu müssen. Bevor er wieder zu Atem kam, warf ihn die nächste Woge zu Boden. Aber er kam wieder hoch und schüttelte zornig das Wasser aus seinem Haar. Nein, er würde sich nicht beugen! Der Orkan toste um ihn, doch er brüllte dagegen, aus Leibeskräften: Solange er stand, würde die Tristar segeln.
    Mit vierzehn Jahren verließ Miguel Olivero Ruizco Martinez de Avilés seine Heimat Florida. Der Familienbesitz Soledad war gepfändet worden, Donna Isabella musste mit ihrem Sohn in Savannah bei ehemaligen Dienstboten unterkommen. Isabellas Lebensmut war gebrochen, sie verzehrte sich nach La Florida und begann zu kränkeln. Miguel Olivero kam in schlechte Gesellschaft, er raufte und trank. Um unter den Kolonial-Engländern bestehen zu können, verleugnete er seine spanischkatholische Abstammung und begann als Oliver Roscoe noch einmal von vorn.
    Er unterschätzte, wie viel in ihm weiterlebte von dem kreolischen Jungen und seinen Konquistadorenträumen. In seinem verwilderten Geist trug er noch eine kindliche Sehnsucht nachRuhmestaten, doch die Vorzeichen hatten sich geändert. Indem er der Welt gleichgültig entgegenblickte, begann er einen Kreuzzug in eigener Sache.
    Mit der Pubertät nahm seine Körperkraft zu und er entdeckte, wie befriedigend physische Überlegenheit sein konnte. Von mittelgroßer Statur, leicht gebaut und schnell, war er der geborene Kämpfer. Aufgrund eines natürlichen Sinnes für Bewegungsabläufe wusste er seine Stärke optimal einzusetzen; das musste er auch, um sich auf den Straßen von Savannah zu behaupten. In den Bandenkriegen bekam sein Kampfstil etwas jäh Gewalttätiges, was ihm unter den Schlägern und Streunern der Stadt Respekt verschaffte. Einmal nahm ein Freund ihn mit in einen Fight Club, eine jener Kampfarenen, wo gegen hohe Wettsummen Schaukämpfe geboten wurden. Die Kämpfer hatten alle Freiheiten; von wenigen Grundregeln kaum behindert, war einzige Zielvorgabe die finale Kampfunfähigkeit des Gegners.
    Roscoe unterwarf sich einem rigiden Training und bewarb sich bei verschiedenen Fight Clubs, in denen junge Männer für die Kampfarena ausgebildet wurden. Nicht lange, dann

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