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Die Plantage: Roman (German Edition)

Die Plantage: Roman (German Edition)

Titel: Die Plantage: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Tarley
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unerbittlich schwieg, schlug Roscoes kindische Haltung in Trotz um. »Was willst du, Jerry?«, rief er. »Meinst du, ich lass mich von so einem miesen Schwein anrühren? Ich warte doch nicht, bis der mich an den Eiern kriegt.«Er spuckte auf den Boden. »He, er ist tot, Mann! Er hat’s nicht anders verdient.«
    »Du bist ein Killer, mein Junge. Das ist schlecht fürs Geschäft«, knurrte der Trainer, drehte sich um und ließ ihn stehen.
    »Geh, fick dich!«, rief Roscoe hinter ihm her. Dann bemerkte er das Blut an seinen Händen und wischte es nachlässig an den Hosenbeinen ab.
    Roscoes Auftritte in den Kampfarenen liefen immer nach dem gleichen Muster ab. Meistens setzte er den Gegner durch seine erste gezielte Aktion außer Gefecht, damit war der Kampf zu Ende. Aber für Roscoe fing der eigentliche Akt jetzt erst an; er misshandelte mitleidlos den am Boden liegenden Gegner, bis er so eklatant und nachhaltig die Regeln gebrochen hatte, dass man ihn zwang, den Ring zu verlassen. Genau deshalb kamen die Leute immer wieder, Roscoes aggressiver Stil war in den Kampfarenen gefragt, und der Club hielt seine Hand über ihn.
    Bald konnte er von den Preisgeldern gut leben. Er mochte Savannah, die vielen Plätze, Parks und Cafés, wo er so leicht Bekanntschaften machte. Wie er es von Kindheit an nicht anders kannte, erlagen die Menschen seinen äußerlichen Reizen. Wer ihn näher kennenlernte, wurde allerdings eines Besseren belehrt. Schön wie ein Engel, rief er Verlangen hervor, das er nicht erfüllen wollte. Der Fluch seines Lebens, bis zum Überdruss begehrt zu werden, fand kein Ende und forderte seine Tritte und Schläge geradezu heraus.
    Donna Isabella war über den Werdegang ihres Sohnes bekümmert. Bei seinen seltenen Besuchen versäumte sie nie, ihn an seine Herkunft zu erinnern: Er sei ein Grande von Geburt, er müsse sich ehrenhaft verhalten. Auf ihr Drängen verpflichtete er sich schließlich 1774, gerade siebzehnjährig, zum Dienst in der britischen Kolonialarmee beim Infanteriekorps von Georgia. Die martialischen Strukturen des Heeres faszinierten ihn,die strengen Regeln und Gebote gaben seinem Leben erstmals eine Richtung und machten ihn unempfindlich selbst gegen den härtesten Drill. Während er das Kriegshandwerk der Infanterie erlernte, den Angriff in geschlossener Linie mit Schusswaffen und Bajonett, bemerkten seine Vorgesetzten seine Ausdauer und kämpferischen Fähigkeiten und schlugen ihn für die Offizierslaufbahn vor. Trotz fehlender Schulbildung – Roscoe konnte kaum lesen oder schreiben – wurde er als jüngster Offiziersanwärter zum Lieutenant befördert.
    Ein Jahr lang tat er pflichtschuldig Kasernendienst. Nachdem man ihm außer kämpfen nichts beigebracht hatte, musste ihm der Leerlauf des Garnisonslebens auf Dauer wie eine Strafe vorkommen. Aus reiner Langeweile duellierte er sich mit anderen Offizieren, was in der Regel mit hohen Strafen bedroht war. Doch sein Captain ließ ihn trotz wiederholter Rügen gewähren.
    Nun gab es in der Garnison von Savannah zwei neue Rekruten, die ihn allein durch ihre Existenz reizten. Die beiden waren ihm öfter wegen ihrer laxen Dienstauffassung aufgefallen. Eines Morgens kam er zur Wachinspektion über den Exerzierplatz, just als die zwei jungen Soldaten nach durchzechter Nacht zum Kasernentor hereinstolperten. Roscoe, zwanghaft wie er war, trennte streng zwischen den Anforderungen des Dienstes und privatem Vergnügen. Er maß also das Verhalten der beiden Rekruten, die beim Morgenappell seinen Herrschaftsbereich betraten, an seiner überkorrekten Auffassung vom Dienstbeginn, und ehe sie wussten, wie ihnen geschah, lagen sie im Karzer in Eisen.
    Roscoe führte selber an Ort und Stelle die Disziplinarmaßnahmen durch. Hier ging es um Strafe, und wie konnte er sie besser bestrafen als durch Schmerzen? Nach den Erfahrungen in der Kampfarena wusste er, welcher Schlag schmerzte und welcher vernichtete, welche Tritte zermürbten und welche töteten, und was Knochen aushielten, bevor sie brachen. Er fing mit dem Jüngeren an – einer musste ja der Erste sein! – underklärte dem Mann kurz die Situation: Er solle sich wehren, sonst mache es keinen Spaß. Natürlich gab es im Kerker keine Zuschauer, und niemand würde ihn zwingen, den Ring zu verlassen, und richtig, die Rekruten trugen Ketten an den Füßen! Aber sonst war es wie immer, als er jetzt mit ihnen Fight Club spielte.
    Für seine eigenmächtige Strafaktion musste er sich vor einem Militärgericht

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