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Die Plantage: Roman (German Edition)

Die Plantage: Roman (German Edition)

Titel: Die Plantage: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Tarley
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Aufzeichnungen, die Quinn von Elverking mitgebracht hatte, bestätigten eine traurige Tendenz, dass immer mehr Menschen im Lowcountry an Malaria erkrankten. Inghams Studie über Neuerkrankungen auf den Plantagen am oberen Ashley River verdeutlichte diese Entwicklung. Die Patienten litten unter den typischen, periodisch wiederkehrenden Fieberschüben und wurden so geschwächt, dass viele in den heißen Sommermonaten nach einem akuten Fieberanfall starben. Die einzig erkennbare Disposition für die Erkrankung bestand im Lebensraum; die Infizierten lebten in einer Sumpfregion, wo die meiste Zeit Hitze und hohe Luftfeuchtigkeit herrschten.
    In den südlichen Provinzen Amerikas beruhte der Wohlstand gerade auf der landwirtschaftlichen Nutzung des sumpfigen Schwemmlandes, daher hatten sich die Bewohner der Gegend mit den zyklischen Fieberepidemien abgefunden. Ingham versuchte vor allem den Feldarbeitern in den Malariasümpfen zu helfen. Wenn er an die zahllosen Tümpel und Wasseradern dachte, die unter der brütenden Julihitze dampften, bedauerte er das Los der Sklaven und Pächter in dieser krank machenden Umgebung. Nur die Myriaden Stechfliegen waren hier offensichtlich in ihrem Element.
    »Sie haben die Aufzeichnungen sehr gewissenhaft fortgeführt, Mr. Quinn. Damit haben Sie nicht nur mir einen großen Dienst erwiesen.«
    Ingham hatte die letzten Eintragungen aus Quinns Journal in die Krankenstatistik seiner Studie übertragen, jetzt blickteer den robusten jungen Mann über den Rand seines Kneifers freundlich an. Er mochte Gabriel Quinn und schätzte seine genaue Arbeitsweise, die erstaunliche Einsicht in die Tragweite dieses wissenschaftlichen Experiments bewies.
    Quinn hatte Inghams Auftrag gerne und mit der ihm eigenen Ernsthaftigkeit erledigt. Dabei hatte er mit dem Arzt selten über Dinge geredet, die außerhalb des Forschungsprojekts lagen. Jetzt aber musste er etwas ansprechen, das ihm seit einigen Stunden auf der Seele lag.
    »Sie erinnern sich, Doktor, dass Greg Javis vor seinem Tod im Fieber phantasierte?«
    Ingham legte den Kneifer beiseite und nickte.
    Quinn fuhr fort: »Das Mädchen, das ihn versorgte, erzählte mir, er habe düstere Visionen gehabt. Sicher kennen Sie die Geschichte vom Elfenkönig oder Erlkönig, der Menschen in die Irre führt, damit sie in den Sümpfen zugrunde gehen. Nun, Javis redete im Fieber, der Erlkönig würde kommen und ihn holen.«
    »Ich weiß, er sagte das auch zu mir.« Ingham seufzte. »Im Fieberwahn wurden die Sümpfe von Elverking für Mr. Javis offenbar zum Reich des sagenumwobenen Erlkönigs. Kein abwegiger Vergleich, wenn Sie mir die Bemerkung erlauben.«
    Quinn wanderte durchs Zimmer, in Bewegung konnte er freier reden. »Greg Javis behauptete, er habe den Erlkönig wirklich eines Nachts gesehen.«
    »Nun ja, bei anhaltendem Fieber werden die Wahnvorstellungen für den Erkrankten zunehmend realer …«
    »Nein, Doktor, was ich sagen möchte ist: Javis hat jemanden gesehen, den er für den Erlkönig hielt.«
    »Wovon sprechen Sie, Mr. Quinn?«
    »Am Tag vor seinem Tod hatte Javis auf Stratton zu tun. Er bekam einen schweren Fieberanfall, erst spät in der Nacht konnten die Leute ihn im Wagen zurückbringen.« Quinn kreuzteweiter durchs Zimmer. »Der Weg von Stratton nach Elverking führt durch die Sümpfe des Lennox Creek. Unterwegs hat Javis jemanden gesehen, den sein fiebriger Verstand für den Erlkönig hielt. Er sagte, der Erlkönig ritt vorüber und hielt eine Frau vor sich im Sattel.« Er blieb beim Fenster stehen, sah auf die unverputzten Rückseiten der Nachbarhäuser. »Javis behauptete, die Frau sei Prudence Fraser gewesen. Das bedeutet, dass der Mann, den Javis den Erlkönig nannte, wahrscheinlich Prudence umgebracht hat.«
    »Offenbar haben Sie es noch nicht gehört, Mr. Quinn: Der Constable hat eine Reihe Sklaven eingesperrt, die den Mord gemeinsam begangen haben.«
    Quinn schüttelte den Kopf. »Sie waren es nicht.«
    »Aber die Schwarzen haben die Tat bereits gestanden!«
    »Sie waren es nicht«, wiederholte Quinn. »Jemand wurde gezwungen, die Voodoo-Leute zu beschuldigen.«
    Ingham beobachtete ihn, wie er unbewegt am Fenster stand. Quinn schien etwas zu wissen, konnte sich aber nicht dazu durchringen, es auszusprechen, darum wagte Ingham einen Vorstoß: »Sie meinen, Mr. Javis habe das Mädchen erkannt, na gut. Aber hat er auch etwas über den Mann gesagt? Wer ist dieser Erlkönig?«
    Quinn rührte sich nicht. Auf dem Weg zur Stadt war er fest

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